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Ein Serienkiller wird von einem Filmteam bei der Arbeit begleitet. Das Filmteam, das zunächst meist nur im Off mitwirkt und die eitlen und selbstdarstellerischen Monologe und nicht zuletzt die perversen Morde artig, fast hörig auf Film bannt, wird dann jedoch rasch selbst erst zu Komplizen, dann zu Mittätern. Die Morde sind roh und geschehen ausschließlich aus Geldgier. Der Serienkiller ist nicht traumatisiert, etwa durch eine schwere Kindheit etc., sein Antrieb ist auch nicht sexueller Natur. Er scheint diese Morde wirklich nur zu begehen, um sich ein finanziell abgesichertes Leben zu ermöglichen. Nein - aus Not tötet er nicht. Es geht ihm gut. Seine Opfer, die aus der einfachen Bevölkerung kommen und meist Arbeiter, Rentner, gar Arbeitslose sind, ermöglichen ihm ein Leben im bescheidenen Wohlstand. Seine Morde tätigt er rasch und er versucht sich so wenig wie möglich die Finger dabei schmutzig zu machen und wenn eine herzkranke Rentnerin alleine schon durch Schreien und das Vorzeigen der Waffe in einen lebensbedrohenden Zustand verfällt, so reicht es ihm aus einfach ihren Tod abzuwarten und während ihres Todeskampfes die Wohnung nach „rentnertypischen" Geldverstecken zu durchsuchen. Der Serienkiller bedient sich bei seinen niederträchtigen Morden in exhibitionistischer Form dem Filmteam, macht es nicht nur zu Mittätern, sondern unterstützt es auch finanziell und finanziert schlussendlich die Dreharbeiten zum großen Teil mit. Er gefällt sich dabei als Gedichte rezitierender Feingeist, prahlt von seiner musikalischen Hochschulbildung und verliert sich in detailgenaue Beschreibungen, wie man die verschiedenen Leichen, seien es Männer, Frauen, Kinder, alt oder jung am besten im feuchten Nass eines Flusses versenken kann. So gerät sein Raubzug immer mehr zu einer grotesken Selbstinszenierung, indem das Filmteam das zunächst passive Element darstellt, welches sich während des Films immer mehr in finanzieller und auch geistiger Abhängigkeit des Mordenden begibt um sich zum Schluss gar voll und ganz auf seine Ebene einzupendeln und ein moralischer Unterschied nicht mehr sichtbar ist. Seine filmische Selbstinszenierung führt auch ins Private, wo man Familie und Freunde des Killers trifft, die allesamt höchst normale Menschen zu sein scheinen, teils interessante gar sympathische Zeitgenossen sind und dennoch, zumindest was den Freundeskreis betrifft, Schulter zuckende Mitwisser sind. Der Killer macht aus seinem „Beruf" auch kein Geheimnis. Offen erzählt er, besser gesagt prahlt er damit. Zu interessieren scheint es nicht wirklich  jemanden. Im Gegenteil - Er scheint sich bester Beliebtheit zu erfreuen. Natürlich wird hier auch klar, dass wir es nicht mit einem realistischen Film zu tun haben. Hier geht es um eine Gesellschaftspolitische Aussage:

„Mann beißt Hund" scheint offensichtlich eine Schelte an den Medien zu sein, die den nackten Informationshunger der Gesellschaft bedienen und dies als ihre höchste Prämisse ansehen - Information der Gesellschaft als oberstes moralisches Gut. Dieser Aspekt ist jedoch nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist mit einer fast verzweifelten Anklage versehen, die sich direkt an die Gesellschaft und somit auch an den Zuschauer richtet: Es geht um die Bequemlichkeit lieber weg zu sehen und keine Fragen zu stellen - die Dinge laufen zu lassen ohne sich einzumischen. Der Film zeigt auf, dass solch eine passive opportunistische Lebensweise ebenso jeder moralischen Grundlage entbehrt, sich schlussendlich nicht moralisch von einer Täterschaft abgrenzen lässt.   
Zum Schluss noch was zum Stil des Films: Das der Film in Schwarz-Weiß  gedreht wurde, fand ich wenig originell. Für mich persönlich gibt es nie einen Grund heutzutage, auch wenn der Film von 1992 ist, einen Film noch ohne Farbe zu drehen. Die Macher des Films, die mir allesamt gänzlich unbekannt sind, was auch für alle Schauspieler gilt, werden sich ihre Gedanken gemacht haben. Vielleicht hat es mit Gründen der Zensur zu tun. In einigen Szenen werden die Morde recht Plakativ dargestellt. Schlussendlich erleben wir eine Bloßstellung und Verhöhnung der Opfer, die sich dann dem angewiderten Zuschauer fast als groteskes Gemälde darbietet.

Einen Film als gut oder schlecht einzustufen ist manchmal gar nicht einfach, oft nicht möglich und in einigen Fällen nicht sinnvoll. „Mann beißt Hund" will gar nicht erst gefallen. Wer den Film gesehen hat, wird jedoch eine gewisse Tiefenwirkung feststellen. Mich zumindest hat der Film nachdenklich gestimmt und das auch noch Tage nach dem ersten sehen.

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