Die Farrelly-Brüder landeten 1994 mit "Dumm & Dümmer" einen Überraschungserfolg und legten zwei Jahre später mit "Kingpin" eine weitere Komödie rund ums Bowlen nach, die dem Keulen-Humor ihres Erstlings treu blieb.
70er Jahre: Roy Munson (Woody Harrelson) ist das aufgehende Sternchen am Bowlinghimmel. Jedoch soll der größte Tag seiner angehenden Karriere auch gleichzeitig der schlimmste sein. Sein geschlagener Rivale Ernie McCracken (Bill Murray) überredet ihn, Hinterhof-Bowler abzuzocken, um die Reise zu den Weltmeisterschaften zu bezahlen. Leider fällt die Verarsche auf und Roy bekommt die Hinterhof-Bowler-Sprache am eigenen Leib zu spüren: Diese trennen ihn mit Gewalt seine Bowling-Hand ab...
Zwanzig Jahre später fristet Munson sein Darsein als Verkäufer für Bowling-Center-Artikel und hat eigentlich nur noch drei große Ziele in seinem Leben: 1. Wie überlebe ich den Tag, 2. Unmengen an Alkohol zu trinken und 3. Hoffentlich langt das verdiente Geld wenigstens für die Miete.
Als er eines Tages mal wieder unterwegs ist, für in dem örtlichen Bowling-Center Leuchtkondome für die Toiletten zu verramschen, fällt ihm der talentierte Ismael (Randy Quaid) auf, von dem er überzeugt ist, dass er die Bowling-Weltmeisterschaft (natürlich mit ihm als Freund, Kumpel und Manager, der die Hälfte der Prämie einsackt) gewinnen könnte. Der einzige Haken an der Sache: Ismael lebt in der Armish-Gemeinde, spielt heimlich Bowling und darf von seinem Glauben aus nicht spielen.
Munson bleibt hartnäckig und folgt Ismael als verkleideter Armish in sein Dörfchen. Als sich herausstellt, dass der Gemeinde eine halbe Million Dollar fehlen, um weiter zu existieren, hat auch Ismael seine Beweggründe gefunden, für dann doch an der mit einer Million Dollar dotierten Weltmeisterschaft teilzunehmen. Unterwegs gabelt das ungleiche Duo noch die hübsche Miss Claudia (Vanessa Angel) auf, die sich ihnen anschließt. Zu dritt machen sie sich auf, um in Vegas den Cup zu holen. Aber auch Munson´s damaliger Rivaler "Big Ern" ist dort am Start...
Die Farelly-Brüder sind bekannt dafür, sich über Minderheiten (in diesem Fall die Armish-Gemeinde) lustig zu machen, bzw. Humor schön derb unterhalb der Gürtellinie auszuteilen. Wem dieser Humor der Brüder gefällt, kann auch bedenkenlos bei "Kingpin" zugreifen.
Es wird Bullensperma getrunken, Witze über Fäkalien und Inzucht gemacht, die Prothese Munson´s bzw. Gummi-Hand wird bis auf´s Letzte ausgeschlachtet und auch sonst wird jedes Klischee verulkt, was auf dem Weg nach Vegas vor die Latz kommt (In meinen Augen sind ein Haufen Oneliner vertreten, die Kult-Status geschrieben haben).
Die Komödie funktioniert auch deswegen so gut, weil der herrlich aufgelegte Cast die grotesken Rollen einfach wunderbar abziehen. Woody Harrelson als sympathischer Anti-Held, der morgens beim Aufwachen erstmal an der Jim Beam-Flasche nuckelt und sich die Haare über die Glatze von einem zum anderen Ohr kämmt. Als Kontrast dazu Randy Quaid (Ravenous), der die gutgläubige Jungfer Alles-in-der-Welt-ist-rosarot mit seiner unterschwelligen Dummheit bzw. Naivität rüberbringt. Trocken kommen die Witze rüber, bei denen Ismael von Munson versaut wird (Kaffee, Zigaretten, Alk, Kiffen etc.). Dazu noch die wunderschöne Vanessa Angel, die natürlich weiß, wie sie ihre Waffen einzusetzen hat und trotzdem über eine gute Portion an moralischen Grundwerten verfügt. Einfach herrlich sind die Konflikte zwischen ihr und Harrelson, die seitens Harrelson vor blanken Zynismus strotzen.
Als Wiedersacher haben die Farelly-Brüder Bill Murray engagiert. Dieser darf hier noch einmal in seiner gewohnten, wenn auch sehr hinterhältigen Rolle ein Fass aufmachen (wenn auch etwas overacted), bevor er sich dem Renter-Image mit seichtem Humor anvertraute (beispielsweise "Die Tiefseetaucher"), dass er, in meinen Augen, besser hätte sein lassen.
Vollendet wird der Genuss mit einem überdurchschnittlich guten Soundtrack, der allerhand Oldies aus den 60ern und 70ern zu bieten hat.
ANMERKUNG ZUR DEUTSCHEN DVD (10/2007) : Trotz diverser Extras (Interviews, Behind the Scenes, Trailer) scheint diese Fassung ein Bootleg zu sein. Geht die Bild-Qualität für eine DVD einigermaßen in Ordnung, schwankt leider die Ton-Qualität desöfteren. Außerdem nerven die vier, fünf hineingeschnittenen Szenen, die man sich dann auf englisch geben darf.
Fazit:
Wo Farelly drauf steht, ist auch Farelly drin. Kommt bloß drauf an, ob man den Humor dieser Brüder mag. Ich find ihn super
9/10