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Der Charakter des gesamten Films ist schon an den ersten Bildern zu erkennen. Eine muntere Jazz-Musik aus den späten 40ern ist zu hören, während wir Bilder von Leichen sehen ,die in ein gelblich-schmutziges Licht getaucht sind. Dann stoppt die Musik, eine Frau beugt sich über eine Badewanne und schießt sich eine Kugel in den Kopf. Die Atmosphäre ist seltsam schmutzig, die dunkel gehaltenen Bilder vermitteln eine merkwürdige Schwere , die von einer aufgesetzt wirkenden Fröhlichkeit überlagert wird...

Drei Jahre nach diesem Ereignis beginnt die eigentliche Story in einer Polizeistation. Detective Elmer C. Robinson (John Travolta) sitzt an seinem Schreibtisch und macht Papierkram, während sein Partner Charles Hildebrandt (James Gandolfini) mit dem Kollegen Reilly (James Caan) die üblichen "Bullen-Späßchen" macht. Es stellt sich schnell heraus, daß es Robinsons Frau war, die Selbstmord beging, und das dieser seitdem keinen Fall mehr im Außendienst bearbeitet hat.

Doch als ausgerechnet ein neuerlicher Selbstmord einer Frau gemeldet wird, macht sich Robinson auf den Weg zum Tatort, obwohl das gar nicht in seine Zuständigkeit fällt. Dort fallen ihm sofort Ungereimtheiten auf, denn beim Anblick der jungen und hübschen Frau aus gepflegten Verhältnissen scheint es keinen äußerlich zu erkennenden Grund zu geben, warum sie sich umbringen wollte. Doch in ihrem Abschiedsbrief ist zu erkennen, daß sie ihren Geliebten beim Sex mit dessen Schwester erwischt hatte. Diese ungewöhnliche Situation läßt Robinson darauf schließen, daß von diesen beiden Personen noch größere Gefahr ausgehen wird - ein nahezu hellseherischer Ansatz, der dazu führt seinen Chef zu bitten, diesen Fall zu übernehmen und die zwei verantwortlichen Personen zu suchen.

Nun handelt es sich bei den geschilderten Ereignissen um eine reale Straftat aus den späten 40ern in den USA, die tatsächlich von Elmer C.Robinson aufgeklärt wurde und Regisseur Todd Robinson ist ein direkter Nachkomme des Polizeidetektivs, der hier seinem Großvater ein Denkmal setzt. Ganz deutlich sieht er dessen Gefühl für die aufkommende Gefahr in Zusammenhang mit dem Suizid seiner Frau. Auch hier weiß er nicht, warum sie sich umbrachte, aber die Dämonen die sie dazu führten, zeigt Todd Robinson im Vorspann. Die Abbilder der Leichen zu Beginn verdeutlichen den Tod, der ein ständiger Begleiter Robinsons ist und dessen Schatten er niemals los wurde.

Selten habe ich einen Film gesehen, der eine so offensichtliche Schwere ausstrahlt. Der sonst so bewegliche Travolta wirkt hier erdenschwer und massig, kongenial unterstützt von Gandolfini, die zusammen fast immer das gesamte Bild ausfüllen. Unterstützt wird das noch von Farbfiltern, die den Bildern jede Fröhlichkeit nehmen und auch die Schnittfolge ist immer ruhig und das erzählerische Tempo langsam.

Wer hier einen klassischen Polizeifilm erwartet mit ordentlich Suspense, einer rasanten Verbrecherjagd und gezielten Cliffhangern, wird enttäuscht werden. Auch stilisiert Todd Robinson seinen Großvater nicht zum Helden oder Über-Polizisten hoch. Im Gegenteil, der detektivischen Arbeit widmet er nur wenig Zeit - sämtliche Abläufe gelingen fast zwangsläufig und die beiden Protagonisten geraten nie in Gefahr. Trotz einiger Sprücheklopfereien vermeidet Regisseur Robinson auch jegliche Buddy-Mentalität, obwohl sich Travolta und Gandolfini gut verstehen und miteinander harmonieren.

Die eigentliche Kriminalstory ist hier nur Beiwerk für ein Thema, daß in den letzten Jahren im Kino völlig aus der Mode geraten ist, zumindest im dramatischen Genre - den Beziehungen zwischen Männern und Frauen. Das ist oberflächlich nicht leicht zu erkennen und führt deshalb automatisch den Zuseher in die Irre, der sich darüber wundert, warum der Film so viele Szenen aus Robinsons Privatleben zeigt und weswegen dem Film schnell Langeweile oder zu geringe Action vorgeworfen wird.

Auch könnte Todd Robinsons Blick auf das Verhältnis zwischen Männern und Frauen nicht finsterer sein. Er wagt dabei Bilder von einer Intensität und einer abgrundtiefen Verachtung, wie ich sie schon lange nicht mehr im zeitgenössischen Kino gesehen habe. Vielleicht brauchte er die Polizeigeschichte, um solche erniedrigenden Szenen voller Einsamkeit und Haltlosigkeit zeigen zu können ohne ihnen zu viel offensichtliches Gewicht zu geben.

Es beginnt mit dem Auftritt von Raymond Fernandez, einem charmanten Heiratsschwindler, der in seiner filigranen Schönheit das optische Gegenteil zu den zwei Polizisten darstellt. Jared Leto spielt diesen Ganoven genau in der richtigen Mischung aus äußerlicher Höflichkeit und berechnendem Charme mit einer Spur hintergründiger Verschlagenheit, die verdeutlicht, daß seine Überzeugungskraft sich automatisch willige Opfer suchen muß. Mit Worten kann er gut umgehen und so entwickelt er erst per Brief eine Liebesbeziehung, aus der er dann bei persönlicher Begegnung möglichst schnell Kapital schlagen will.

Die ersten Szenen sind noch ganz munter geschildert bis er auf Martha Beck (Salma Hayek) trifft, die ihn sofort durchschaut. Robinson bezeichnet sie aus dem Off als "beschädigte Ware", eine Frau, die schon als Kind vergewaltigt wurde, nur fragt man sich in diesem Film, wer hier nicht beschädigt ist. Martha Beck rettet Fernandez aus einer schwierigen Situation und beschließt, ab sofort mit ihm gemeinsame Sache zu machen. Sie begleitet ihn als seine Schwester, während er die vermeintlichen Verlobten ausraubt.

Parallel erleben wir die neue Beziehung zwischen Robinson und Rene (Laura Dern), einer Sekretärin aus dem Polizeibüro. Während Rene richtig mit ihm zusammen sein will, verheimlicht er diese Beziehung vor seiner Umwelt und besonders vor seinem Sohn. Dabei versteigt er sich zu teilweise verletzenden Verhaltensweisen und Sätzen ("soll ich meinem Sohn sagen, daß ich mit der bumse"). Auch hier ist wieder die Parallele zu dem Geschehen um Fernandez und Martha Beck zu erkennen, indem ständig das Unausgegorene in den Beziehungen verdeutlicht wird.

Zwischen Martha und Fernandez kulminiert der Teufeskreis aus krankhafter Liebe und Egoismus immer mehr zur Katastrophe. Dabei ist die Wahl von Salma Hayek ein geschickter Schachzug der Regie, denn tatsächlich war Martha Beck eine sehr dicke Frau, also das typische Opfer von Kontaktanzeigen. Hayek dagegen spielt eine Art Femme Fatale, die sich einerseits ihrer Anziehungskraft auf Männer bewußt ist, andererseits auf Grund ihrer Kindheitserfahrungen keinerlei Sicherheit in ihren Beziehungen findet und so immer eifersüchtiger wird, bei der Beobachtung ihres angebeteten Geliebten im Umgang mit den weiblichen Zielpersonen. Wäre sie unattraktiver, hätte die Schuld für das Geschehen einzig bei ihr gelegen, da man das Zusammensein zwischen den beiden Tätern nur ihrem Druck zugeschrieben hätte. So aber ist die Beziehung im Gleichgewicht, denn auch Fernandez handelt aus einer nachvollziehbaren Sehnsucht zu ihr.

Todd Robinson verdeutlicht, daß das Morden gar nicht vorgesehen war und konsequenterweise ist gerade die Schilderung des ersten Totschlags der Höhepunkt des Films an Armseligkeit und Erniedrigung. Das Opfer ist eine noch attraktive Witwe Anfang 50, die durch die Zuwendung des jungen Mannes einen zweiten Frühling erlebt. Fröhlich genießt sie das Zusammensein mit ihm, obwohl sie sich von dessen "Schwester" abgelehnt fühlt. Erste Schatten fallen auf diese Beziehung als sie in sein Haus kommt, einer heruntergekommenen Bude in der Nähe eines Flughafens. Die Kamera hält dann detailliert drauf als sie mit Fernandez schläft und nimmt auch keine Rücksicht vor ihrem Alter. Das Bild ,als sie dann erschlagen neben dem Bett in ihrem Blut liegt, während die Täterin Martha Beck sich in ihrem weißen Kleid auf den konsternierten Fernandez legt, prägt sich dauerhaft in das Auge des Betrachters ein und ist an Radikalität kaum zu übertreffen.

Die Story als solche ist bis auf kleine Wendungen nicht überraschend. Durch die Vorwegnahme der Hinrichtung gleich zu Beginn des Films will Todd Robinson gar keine Zweifel darüber aufkommen lassen, daß es ihm hier nicht darum geht ,eine spannende Kriminalstory zu erzählen. Er schildert sehr genau die vielfältigen Beziehungen zwischen Männern und Frauen, die zu einem solch grausamen Geschehen führen können. Indem er die Verbrechensserie in eine Umwelt aus Verletzungen, Egoismen und zerstörten Beziehungen einbettet - nicht ohne Grund mit dem Selbstmord von Robinsons Frau beginnend - verdeutlicht er, daß es nur eines kleinen Schrittes bedarf, bis daraus eine Mordserie wird. So gelingt es ihm, einerseits die Achtung vor den ahnungslosen und fast naiv liebevollen weiblichen Opfern zu wahren und andererseits die beiden Täter nicht zu dämonisieren. Die abschließende Todesstrafe verkommt so zu einem unwürdigen Schauspiel.

Fazit : Vordergründig als Kriminalfilm mit realem Hintergrund angelegte Story über ein mordend durchs Land reisendes Pärchen, daß vom Großvater des Regisseurs Ende der 40er Jahre verfolgt wurde. Doch Todd Robinson interessiert sich nicht für dieses Geschehen, welches er quasi nebenbei ablaufen läßt, sondern für dessen Ursachen.

Auch das wäre nicht neu, wenn er sich nur auf die Beobachtung eines psychisch kranken Paares beschränken würde. Aber in dem er dazu eine Umwelt zeigt, die unfähig ist, Beziehungen zu führen, bettet er das Verbrechen in eine Gesellschaft ein, die selbst kranker nicht sein könnte bis hin zu der daraus wachsenden Reaktion - der Todesstrafe.

Die teilweise cool rotzigen Sprüche der Polizisten und manche merkwürdigen Szenen, die fast belustigend wirken, scheinen nicht zur Ernsthaftigkeit des sonstigen Geschehens zu passen, aber letztlich runden sie nur das Bild der Absurdität der menschlichen Emotionen ab. Leider fügte Todd Robinson dem sonst konsequenten Geschehen zum Schluß noch zwei kurze Szenen hinzu, die ein wenig Positivismus in diese Geschichte über seinen Großvater bringen sollen . Vielleicht war es wirklich so, aber es passt nicht zu der sonstigen Stimmung und wirkt künstlich.

Wer hier einen Thriller oder zumindest einen Polizeifilm sehen will, wird enttäuscht. Wer sich aber auf eine Story über menschliche Abgründe, Einsamkeit, krankhafte Liebe und die Unfähigkeit sein gegenüber zu verstehen einlassen will, kann eine gelungene Umsetzung erwarten - der Film heißt nicht ohne Grund im Original "Lonely hearts" , das "Killers" wurde völlig überflüssig und verfälschend hinzugefügt (8/10).

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