Review

Gesamtbesprechung

Seit jeher bewegt sich die Menschheit unermüdlich nach vorn um eines Tages nach den Sternen zu greifen. Doch umso weiter wir uns fortbewegen, desto mehr vergessen wir wer wir sind und wo wir herkommen.

Ai Tanabe ist jung, motiviert und seit kurzen eine Mitarbeiterin bei der renommierten Firma Technora. Eigentlich könnte es für sie gar nicht besser laufen, doch als man sie ausgerechnet in die „Space-Debris Abteilung“ versetzt, die zuständig ist für die Beseitigung von Weltraummüll, bricht für sie eine kleine Welt zusammen. Doch nicht nur ihr neuer Job, sondern auch ihre neuen und wirklich sonderbaren Kollegen machen ihr ganz schön zu schaffen. Besonders ihr Ausbilder Hachimaki, den sie wegen seines merkwürdigen Raumanzuges „Windelmann“ tauft, geht ihr dabei gehörig auf den Zeiger. Doch mit der Zeit fügt sie sich schließlich im Team ein und versteht allmählich den Sinn ihrer neuen Tätigkeit.

Planetes ist eine überraschend ungewöhnliche Serie, bei der man erst nach ein paar Anfangsfolgen ihr wahres Potential erahnen kann. Denn was zunächst wie eine reinrassige Space-Komödie anfängt, entfaltet sich bereits nach wenigen Episoden zu einem vielschichtigen Drama, in dem sehr unterschiedliche Menschen im Mittelpunkt stehen. Auch vor elementaren Fragen wie „Wer sind wir?“, „Wo kommen wir her?“, „Wo gehen wir hin?“ wird nicht zurückgeschreckt, diese werden gar auf philosophische Art und Weise beantwortet. Vor allem ist es aber hochinteressant zu erleben, wie sich die einzelnen Figuren im Laufe der Handlung verändern werden. Von diesem Wandel sind überaschenderweise fast alle Charaktere gleichermaßen betroffen. Zum Schluss sind sie dann charakterlich derart gereift, dass man einzelne Figuren im direkten Vergleich zu den ersten Folgen gar nicht mehr wiedererkennt. Die einzelnen Beweggründe hierfür sind unter anderem Eifersucht, Obsessionen, Freundschaft und Liebe, sowie moralische und Integritätsfragen. Wir haben die Sorte Mensch, die stets nach Idealen handeln und eine bessere Gesellschaft anstreben und dann wieder solche, die nur nach grenzenlosem Reichtum und Macht suchen. Dabei ist es zu keiner Zeit vorhersehbar wer welchen Weg einschlagen wird und was das Schicksal für diese Person bereithält. Trotz dem allgegenwärtigen Sience-Fiction Grundton bleibt die Geschichte aber sehr bodenständig, nicht zuletzt da immer wieder gesellschaftskritische Themen aufkommen die erschreckend viele Parallelen zur Gegenwart bieten.

Zu diesen ohnehin schon komplexen Themengebieten gesellen sich zunehmend auch philosophische Fragestellungen, die wirklich zum Grübeln anregen. Ungefähr ab der Hälfte der Handlung kristallisiert sich ein waschechtes und bewegendes Drama heraus, das dank seiner fein ausgearbeiteten Charaktere in dieser Disziplin uneingeschränkt überzeugen kann. Es ist sehr bewegend mitanzusehen, wie sich mache Träume der Protagonisten entgegen allen Erwartungen doch noch erfüllen, dafür andere aber einfach zerbrechen. Genau diese unglaublich melancholischen Szenen, verleihen der Serie einen besonders emotionalen Anstrich.

Doch neben all diesen Themenbereichen stellt die Handlung auch noch ein wenig Platz für eine sehr gelungene Romanze zur Verfügung. Meiner Meinung nach passt diese perfekt ins Gesamtkonzept und macht die Figuren letztendlich noch sympathischer aber auch verletzbarer. Mir jedenfalls hat dieser Aspekt so gut gefallen, dass ich ihn noch einmal gesondert erwähnen musste.

Von der visuellen Qualität präsentiert sich Planets in allen Belangen makellos. Der Zeichenstil ist eher realistisch gehalten, deshalb wurde auf die sonst im Genre üblichen großen Augen verzichtet. Vor allem aber haben die Macher besonderen Wert auf eine auffallend lebendige Mimik gelegt. Dadurch gelingt es jederzeit selbst kleinste Gefühls-Nuancen der Figuren glaubhaft zu transportieren. Auch die Zeichnungen von Planeten, Raumstationen und technischen Gräten wurden sehr detailverliebt umgesetzt. Somit macht Planetes selbst an heutigen Standards gemessen, eine wirklich sehenswerte Figur.

Beim Soundtrack hat man selbstverständlich auch die Hausaufgaben gemacht, weshalb vor allem die Hintergrundmusik in den einzelnen Szenen stimmungsvoll zur Geltung kommt. Das Opening ist hingegen eher unauffällig anzuhören. Insgesamt gesehen bewegt sich Planetes aber auf einem gehobenen Niveau was die musikalische Begleitung angeht.

Wenn man nun alle relevanten Punkte miteinbezieht komme ich insgesamt auf nicht weniger als ein Meisterwerk. Das fast schon als gewagt zu bezeichnende, frische Thema liefert überraschend viel Spielraum für Emotionen und Tiefgang. Der innere Konflikt zwischen dem Fortkommen in der Karriere und dem Festhalten an seiner Integrität, wird hier überaus spannend und abwechslungsreich geschildert. Die Figuren wirken allesamt sehr lebendig, nicht zuletzt dank ihren weitestgehend nachvollziehbaren Entscheidungen und Handlungen.

Seit jeher bewegt sich die Menschheit unermüdlich nach vorn um eines Tages nach den Sternen zu greifen. Doch umso weiter wir uns fortbewegen, desto mehr vergessen wir wer wir sind und wo wir herkommen.


Mein Schlusswort:
Zugegeben, als ich das erste Mal von Planetes gelesen habe, schien mir die Geschichte auf dem Papier nicht sonderlich spannend zu sein. Doch wer sich erst einmal mit dieser Serie auseinandersetzt wird schnell feststellen, dass man mit dem Ersteindruck völlig daneben liegt. Selten habe ich eine Geschichte erlebt, die sich so unerwartet in eine ganz andere Richtung entwickelt als anfangs angenommen. Eine besondere Stärke von Planetes sind natürlich auch die großartigen Charaktere, die erstaunlich realistisch handeln und fühlen. Dadurch sind sie besonders gut als Identifikationsfiguren geeignet, mit deren Schicksal man gerne mitfiebert. Spätestens ab der Hälfte der Handlung starrt man völlig gebannt auf den Bildschirm und will am liebsten bis zum Ende durchgucken. Wer sich also auf die zunächst ungewöhnlich klingende Handlung einlässt, wird mit einer überraschend starken Charakterstudie belohnt.

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