„The Da Vinci Code“, „Diabolus“, „Illuminati“ und „Meteor“ – Bestsellerautor Dan Brown hat den Erfolg gepachtet und sein Mix aus intelligenten, logischen Rätseln und unterschiedlicher Verschwörungstheorien längst eine riesige Fangemeinde, zu der ich mich auch zähle, um sich gescharrt. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis sich Hollywood seinen guten Ruf, trotz umstrittener Theorien und Thesen, zueigen machen würde, um die Kuh so richtig zu melken.
„The Da Vinci Code“ war allein schon deshalb die logischste Wahl, weil „Meteor“ mit Sicherheit zu teuer wäre und „Illuminati“ den Vatikan wohl gänzlich auf die Palme gebracht hätte (Wäre aber wirklich spaßig, den Stoff mal als Film zu sehen *gg*) . Die Produktion von „The Da Vinci Code“ hingegen torpedierte die Kirche „nur“ nach Kräften, wodurch der Film praktisch gleich kostenlose Publicity im Boulevardjournalismus genoss und selbst einen Hype forcieren konnte. Dabei ist der Roman selbst schon gar nicht so schrecklich blasphemisch, wie einige möchten. Nun kann er der heißen Diskussion gerecht werden?
Nö! Denn „The Da Vinci Code wurde in kürzester Zeit nicht für die Ewigkeit sondern für die Kasse gedreht und zwar von einem langjährigen Spezialisten auf diesem Gebiet:
Regisseur Ron Howard („A Beautiful Mind”, Cinderella Man”), den ich persönlich für einen untalentierten Filmemacher halte, weil es ihm nahezu stets an Gefühl und einer Vision für den Stoff fehlt, lässt also mal wieder Routine walten. Mehr als ein versierter Techniker ist er leider nicht und wird er auch nicht mehr.
Unter seinen erzählerischen Mängeln leidet der Film ganz gehörig. Mit Taschenspielertricks und mitunter überflüssiger visueller Verspieltheit versucht er das Publikum zu vereinnahmen. Seine historischen Flashbacks, die zugegeben gut getrickst sind, nehmen ihm seine Phantasie und wenn ein Smart auf der Flucht mit abbrechenden Seitenspiegeln haarscharf durch zwei LKWs schrammt, dass die Seitenspiegel abfliegen, Mörderkutte Silas sich in aller Ausführlichkeit selbst geißeln darf oder vorhersehbar und dann doch mit einem wuchtigen Soundeffekt seine Opfer überrascht, fragt man sich doch, ob Howard überhaupt verstanden hat, wo eigentlich die Stärken des Stoffes zu suchen sind. Naja, vielleicht hat er ja gesucht, sie nur nicht gefunden. Denn auch die historischen Schauplätze geben kaum etwas von ihrer imposanten Faszination weiter. Ob nun der Einstand im Louvre oder in einer beliebigen Galerie stattfindet, spielt im Grunde keine Rolle.
Routine beziehungsweise Dienst nach Vorschrift ist auch das, was Hans Zimmer und Tom Hanks verrichten. Zimmer komponiert zum x-ten Mal, wie fast immer in den letzten Jahren, aus der Retorte und scheint nur noch seine alten Stücke umzuschreiben, während Hanks inzwischen so etwas wie Hollywoods Allroundwaffe für jede größere Rolle zu sein scheint, aber zunehmend an Sympathie einbüßt, zumal er hier auch nicht so besonders schauspielert. Um den Rest tut es mir ehrlich gesagt Leid, denn der Cast ist überaus exquisit, kann aber schlecht gegen die schematische Regie und das schwache Drehbuch im Alleingang ankämpfen.
Autor Akiva Goldsman („Lost in Space”, „A Beautiful Mind”), den ich abermals für einen der schwächsten Drehbuchschreiber Hollywoods halte, legt zwar flott im Louvre los, begnügt sich dann jedoch relaxt mit zähen Gedankenspielen.
Jacques Sauniere (Jean-Pierre Marielle, „Vier Fliegen auf grauem Samt“, „Hold-Up“) flieht vor Albino-Mönch Silas (Paul Bettany, „A Beautiful Mind“, „Master and Commander: The Far Side of the World”), der ihn schließlich stellt und erschießt. Saunieres letztes Vermächtnis ist ein Rätsel und der Hinweis auf Professor Robert Langdon (Hanks, „Saving Private Ryan“, „The Green Mile“), der an diesem Abend in Paris einen Vortrag hält. Der ermittelnde Inspektor Fache (verschenkt: Jean Reno, „Léon“, „Ronin“) lässt Langdon antraben, spielt Unwissenheit vor, will ihn aber eigentlich zu einem Geständnis bringen, bis die mit Sauniere verwandte Code-Expertin Sophie Neveu (Audrey Tautou, „Die Fabelhafte Welt der Amelie“, „Mathilde - Eine große Liebe“) plötzlich am Tatort auftaucht, den verwirrten Langdon über den wahren Hintergrund seiner Anwesenheit heimlich aufklärt und mit ihm die Flucht vor der Polizei antritt, um die Schnitzeljagd nach dem heiligen Gral anzutreten.
Sicher ist es unmöglich die Komplexität der Romanvorlage nun auf 150 Minuten Film zu komprimieren, weswegen einige Kürzungen und Umstrukturierungen nicht großartig übel genommen werden sollten, aber dass man gerade die wichtigsten Elemente nun so auf ein Minimum zurückfährt, ist schon enttäuschend.
Die knackigen Rätsel, das gewinnende Merkmal der Romane Browns, werden auf einen unwesentliches Nebenbestandteil heruntergefahren, sind dann leider auch nicht sonderlich interessant oder erwähnenswert. Schon der Start im Louvre lässt Böses erahnen, als das Duo von Blutlache zu Blutlache flitzt, Langdon kurz auf seinem Block herumkritzelt und der nächste Anagramm im Nu gelöst wird. Die wirklich sehr interessanten Erklärungen jedes verschlüsselten Hinweises beziehungsweise die Methoden fallen dabei ganz heraus.
Auch die Ausarbeitung und Entwicklung der Figuren ist sehr begrenzt, was vor allem der ausdruckslosen Hauptfigur Langdon und Silas, dessen Flashback-Sequenzen für Nichtkenner der Romanvorlage kaum Sinn machen, sehr zum eindimensionalen Nachteil gereicht, hat der Professor selten mehr zu tun als schnurstracks, scheinbar ohne Mühen, ein Rätsel aufzulösen, seine Geschichtskenntnisse beizusteuern und zum nächsten Ort weiterzuschlendern. Jean Reno hingegen wird komplett in seiner Rolle verheizt, die nur wenig zu tun hat und Audrey Tautou zieht sich unter der bekannten Prominenz tatsächlich noch am besten aus der Affäre.
Umso konzentrierter geht „The Da Vinci Code“ dafür die kirchliche Geschichte an. Es wird, meist von Robert Langdon oder später dem Gralssucher Sir Leigh Teabing (urig: Ian McKellen, „X-Men“, „The Lord of the Rings“), viel erzählt, zu viel: religiöse Geheimbünde, Prieure de Sión, Opus Dei, Templer, Verschwörungen, Geschichtsglättung, Lügen und so weiter und so heiter. Howard knallt uns alles nur so um die Ohren. Jedes Motiv für sich wäre da schon einen eigenen Film wert, aber hier keimt nicht mal echtes Interesse für ein einziges auf.
Ron Howard rattert die Erkenntnisse und Vermutungen in nicht enden wollenden Dialogen herunter, ohne auf die Uhr zu schauen oder einmal auf den Punkt zu kommen. Ellenlang wird rekapituliert, diskutiert und interpretiert. Nur leider in einer Art und Weise, dass es den Zuschauer nicht so wirklich interessiert. Die ausführlichen Dialoge sind pointless und die dabei auftretenden Analysen (u.a. Das letzte Abendmahl) selbst für einen Hollywood-Film ein alter Hut. Außerdem präsentiert Galileo auf Pro 7 ohnehin allwöchentlich die tollsten Aufklärungen... *hüstel*
Ungeschmeidige Locationwechsel (u.a. in den Vatikan) erschweren dem Zuschauer während dessen am Ball zu bleiben. Der Subplot um Fache hat beispielsweise enorm Mühe überhaupt Anschluss am Film zu halten und die Figuren im Vatikan hinterlassen auch Fragezeichen, weil sie stets nur kurz zu Wort kommen.
Und das obwohl der gemächliche Fortschritt der Handlung ständig Zeit zum entspannten Durchatmen gibt. Die Flucht als solche scheint nie knapp oder eng genug zu sein, um den Zuschauer mitzureißen. Wenigstens dort hätte man ja Spannung vermuten dürfen, doch selbst da versagt Howard. Neue Aufklärungen und Hinweise bringen selbst zum Schluss nicht den erwünschten Effekt und die Krönung des Ganzen ist ja wohl das Finale, in dem Langdon und Sophie schnurstracks an ihrem Ziel stehen – unbewacht und nicht versteckt.
Sonderlich viel hat mir an „The Da Vinci Code“ also nicht gefallen, denn man spürt nur zu deutlich, was hier eigentlich die Hauptrolle spielt und das ist ganz sicher nicht das Bemühen gewesen einen spannenden Thriller mit knackigen Rätseleinlagen abzuliefern.
Richtig gefreut hat es mich nur Jürgen Prochnow („Das Boot“, „The Keep“) endlich mal wieder in einem Hollywood-Film zu sehen, hatte er sich doch in den letzten Jahren dort rar gemacht und war er in den letzten Jahren doch leider öfter in B-Movies aufgefallen. Sein Auftritt ist zwar nur kurz, aber er bleibt seinem Image treu.
Fazit:
Das Beste an „The Da Vinci Code“ war noch der „Miami Vice“ – Teaser vorweg. Weil Ron Howard den Überblick verliert, geriet diese leicht wirre, 125 Millionen teure Schnitzeljagd nach dem Heiligen Gral, die man unaufgeregter kaum gestalten könnte, schnell ins Seitenaus.
Spannungsfrei, eindeutig zu lang und relativ zäh gestaltet sich die Suche nach dem Heiligen Gral leider als eine herbe Enttäuschung, denn mehr als ein emotionsloses, eintönig fotografiertes Kommerzprodukt ist daraus nicht geworden. Die sich hinter dem Stoff verbergende Brisanz wird leider nicht hervorgeholt, die diversen Rätsel sind ein nebensächliches Gimmick ohne echten Wert und die Darsteller soweit solide, aber eigentlich verschenkt.
Die einschlägig bekannten Verdächtigen (Ron Howard, Akiva Goldsman, Hans Zimmer) haben erneut bewiesen, dass wirkliche Kreativität und mitreißende Unterhaltung ihnen nicht (mehr) liegen. Beliebig, unbrisant, zäh, dramaturgisch unzulänglich und ohne Mut zu Browns diskutablen Ideen. Schade, um das Geld...