Englands Lehrer sind stinkreiche Leute. Nicht alle, aber zumindest zwei von ihnen. Da wäre zum einen Joanne K. Rowling, die sich, als arbeitslose und von Sozialhilfe lebende Englischlehrerin, an die Geschichte eines Zauberlehrlings machte, welche so erfolgreich wurde, dass Rowling in kürzester Zeit zur zweitreichsten Frau (nach der Queen) von England wurde. Zum anderen, der in Neuengland lebende Dan Brown, ebenfalls Englischlehrer von Beruf, welcher von einem wissenschaftlichen Vater und einer religiösen Mutter aufgezogen wurde und somit seine Leidenschaft für die Wissenschaft rund um das Christentum entdeckte und diese (vor allem) in zwei grandiosen Kirch-Thriller-Romanen niederschrieb. Als erstes war "Illuminati", die Geschichte einer Antimaterie-Bombe unterhalb des Vatikans, als zweites "Sakrileg", welches mit seinen Thesen für blankes Entsetzen unter den Gläubigen sorgte und bei der Kirche sehr weit oben auf der schwarzen Liste steht. Logisch, dass sich so ein Buch dennoch abermillionen Mal verkauft und auch die Filmindustrie anspornt. Mit Ron Howard als Regisseur, dürfte auch eigentlich nicht viel schief gehen und nach Sichtung kann ich nun sagen, dass auch wirklich nicht allzu viel schief gegangen ist. Das (von mir) erhoffte Meisterwerk ist es allerdings auch nicht geworden.
Was die Geschichte angeht, so kann sich "The Da Vinci Code" natürlich von der exzellenten Vorlage ernähren und bietet somit auch im Film interessante Unterhaltung. Der Symbolologe Robert Langdon wird zu einer Morduntersuchung in den Louvre gerufen, der scheinbar anders ist als alle anderen. Denn der Verblichene hat merkwürdige Nachrichten am Tatort zurückgelassen. Durch die hinzugezogene Krypthologin Sophie Neveu, wird Langdon daraufhin ungeahnt in eine Verschwörung hingezogen, die den Glauben der Menschheit und das Christentum für immer in seinen Grundfesten verändern, wenn nicht sogar zerstören könnte. Und ein mörderischer Mönch ist auch hinter ihnen her... Dan Browns Roman ist wirklich Gold wert. Nicht nur das er seine (angeblich wahren) Theorien in ein unglaublich faszinierendes Umfeld gesteckt hat, er hat es auch unheimlich gut drauf, den Leser zu packen und in eine Welt zu befördern, die schweißtreibender kaum sein kann, vielleicht mal abgesehen von dem etwas hageren Schluss. Diese Stärke kann das Drehbuch von Akiva Goldsman leider nicht ganz aufweisen, doch die Umsetzung vom Buch zum Film ist dennoch recht gut gelungen.
Vor allem die erste Hälfte des Films hält sich sehr nah an das Buch. Allerdings wirkt gerade diese Hälfte an vielen Stellen etwas löchrig, da man sich zwar an das Buch hält aber (teils nötige, teils unnötige) Straffungen nicht außen vor bleiben. So ist das Tempo zwar hier ungemein hoch, aber wer das Buch nicht gelesen hat, der wird sich hier und da dennoch etwas zweifelhaft an seinen Bücher lesenden Nebenmann klammern, der die Details genauer kennt. So ist z. Bsp. die Flucht aus dem Louvre weit weniger runder und spektakulärer ausgefallen. Es wurden zwar einige neue Lückenfüller eingebaut, wie z. Bsp. eine kurze aber knackige Auto-Verfolgungsszene mit der Polizei, aber dennoch dürfte es denn meisten Zuschauern so vor kommen, als ob hier und da nicht doch etwas fehlt. Und vor allem die vielen Rätsel und Mythen, mit denen man es schon in den ersten Minuten zu tun bekommt, dürfte so manchen, in dieser schnellen Abfolge, doch leicht überfordern. Spannend und Atmosphärisch bleibt es aber allemal.
Ruhiger, aber auch etwas interessanterer, wird es dann im Mittelteil, wenn Sir Lee Leigh Teabing seinen Besuchern die wohl größte Verschwörung der Menschheit erklärt. Wer das Buch schon kennt dürfte sich hier zwar sicherlich innerlich etwas ausruhen, denn etwas wirklich Neues gibt da natürlich nicht für ihn zu entdecken, doch alle anderen dürften ziemlich gespannt dabei zuhören, was es z. Bsp. mit dem heiligen Gral, den Geheimnissen hinter dem Da Vinci-Gemälde "Das letzte Abendmahl" und der überall vertuschten Liebe zwischen Jesus und Maria Magdalena auf sich hat. Und damit sich das Ganze nicht zu einem minutenlangen Monolog entwickelt (so wie im Buch), werden die einzelnen Thesen von Teabing, auch von einigen interessanten Bildmaterialien und Zwischensequenzen unterstützt. Jedenfalls hat man es hier geschafft keinerlei Langeweile aufkommen zu lassen, weder für den kennenden Leser, noch für alle anderen. Und diese Gefahr wäre gerade an dieser Stelle durchaus gegeben gewesen.
Nach dem Aufenthalt in Teabings Haus, geht es dann schon auf zum langen Showdown und hier kommt dann doch das größte Ärgernis auf den Zuschauer zu, zumindest wenn er das Buch kennt. Denn das ganze Finale wurde doch recht spürbar abgeändert. Zwar bleibt der Grundkern natürlich erhalten, sprich die Auflösung ist selbstverständlich in jeder Hinsicht die Selbe und auch die Gründzüge der Handlung bleiben gleich. Doch am Drumherum hat Schreiberling Goldsman einiges abgeändert, was dem Buchkenner nicht unbedingt gefallen wird. Da ich hier nicht spoilern möchte, gehe ich auf die einzelnen Abänderungen nicht näher ein, doch wer die Geschichte kennt, der sollte sich doch auf einiges gefasst machen, zumindest was z. Bsp. die Umgebung des Showdowns angeht, oder die Beziehung zwischen Sophie und ihrem "Großvater", den ich hier, wie Ihr seht, in Anführungsstriche geschrieben habe. Wer das Buch allerdings nicht kennt, der darf sich durchaus auf ein spannendes und schweißtreibendes Finale gefasst machen, das sich dann aber leider zum Schluss dennoch ein wenig zieht und welches man alles in allem auch durchaus etwas kürzer hätte halten können. Und weiterhin bleiben auch hier leider einige Lücken bestehen, die man nur als Kenner des Buches wirklich schliessen kann.
Kommen wir nun noch zu einigen Inszenierungsdetails. Denn was diese Sache angeht, wird wieder einmal Großartiges vollführt, so wie man es eigentlich von jeder Big-Budget-Hollywood-Produktion erwarten dürfte. Die Kulissen sind von vorne bis hinten absolut erste Sahne und sehen größtenteils genau so aus, wie man es sich beim Lesen des Buches vorgestellt hat. Mit unglaublich viel Liebe zum Detail wurde hier alles ausgestattet und somit kann sich eine gute Atmosphäre durchaus breit machen. Schön anzusehen sind auch die Spezial Effekte, vor allem immer dann, wenn durch einige visuelle Spielereien die einzelnen Thesen und Behauptungen verbildlicht werden, oder wenn Langdon sich an die Lösung des Kryptexes macht. Ebenfalls passend die Musik von Hans Zimmer, die zwar ganz und gar typisch nach seiner Handschrift klingt, aber das Geschehen wirklich ideal unterstreicht. Alles in allem kann man Howard und seinem Team zwar sicherlich vorwerfen, dass er einige unschöne und unpassende Änderungen an dem Roman vorgenommen hat, aber sicherlich nicht, dass er sich bei seiner Umsetzung keine Mühe gemacht hätte.
Die wohl größte Überraschung ergibt sich aber, wenn man sich die Liste der Darstellerleistungen ansieht, die man so gut, trotz großer Namen, gar nicht erwartet hätte. Die Besetzung der Figur des Robert Langdon durch Tom Hanks war ja für viele Romanleser ein Schock gewesen, da man sich diesen (ohne Frage hoch talentierten) Mimen nun wirklich gar nicht, in der Rolle des Symbolologen, vorstellen konnte. Doch er löst seine Aufgabe hier mehr als nur befriedigend und alles in allem auch sehr glaubwürdig, so das man dennoch erleichtert aufatmen kann. Die fabelhafte Audrey Tautou ist ebenfalls schön anzusehen, auch wenn sie es spürbar schwer hat, gegen ihren übergroßen Kollegen aus Amerika anzuspielen. Das schaffen dann schon besser Ian McKellen, der wirklich einen großartigen Gral-Fanatiker abgibt, und Jean Reno, der allerdings etwas unterfordert wirkt, genauso wie Alfred Molina, als Bischof Aringarosa. Einzig und allein Paul Bettany mag, als Mönch Silas, nun so gar nicht überzeugen. Während Bettany ja doch ein eher schmächtiger Typ ist, so wird Silas im Buch immer wieder als Hüne bezeichnet, der Bettany nun, trotz aller Anstrengungen, einfach nicht ist. Da hätte es doch lieber ein etwas muskelprotzigerer Darsteller sein dürfen, aber nun gut.
Fazit: Gelungene, aber bei weitem nicht perfekte, Romanverfilmung, eines der wohl packendsten Bücher der letzten Jahre, welches ich sogar wirklich mal (durch die 6-CD-Version des Hörbuchs;)) gelesen habe. Das Drehbuch ist alles in allem ganz gut, lässt aber immer wieder einige wichtige Details vermissen und ändert auch das Finale, in einigen Bezügen, spürbar ab. Wer das Buch also nicht kennt, der wird mit Sicherheit nicht auf alle Fragen, die der Film aufwirft, gleich eine Antwort finden und somit wohl schnellstens zum Buch greifen. Entschädigen können dafür aber die wunderbare Vorlage ansich, eine wirklich astreine Inszenierung, gute Darstellerleistungen und die Erkenntnis, dass man vieles von dem was uns (nicht nur) die Kirche sagen möchte, mit äußerster Vorsicht genießen sollte, auch wenn es am Ende trotzdem einzig und allein nur der eigene Glaube sein kann, aus dem wir unsere (persönliche) Wahrheit ziehen. Alles in allem somit hochwertiges Popcornkino, mit interessanten Thesen und (leider) einigen Ungereimtheiten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger!
Wertung: 7,5/10 Punkte