Review

Suen Chungs Film hat sicherlich Hinweise und Einfälle von Akira Kurosawas Yojimbo - Der Leibwächter [ 1961 ] in seinem Grundaufbau versteckt, weist aber gegenüber diesem und seinen Varianten Für eine Handvoll Dollar [ 1964 ] und Last Man Standing [ 1996 ] ebenso entscheidende Unterschiede aus. Wang Yan [ Ti Lung ] besitzt noch Grundsätze und hat nicht nur Illusionen, sondern sorgt auch dafür, diese umzusetzen. Zum Wohle aller und nicht bloss zu seinem eigenen Vorteil. Er kämpft nicht gegen Etwas, sondern für Etwas; nicht die Ausführung einer Rache oder individuelles Begehr sind sein Antrieb, sondern die Vereinigung gespaltener Parteien und die Wiederherstellung geordneter Verhältnisse.

Hier wie dort ist eine Stadt von Clans geteilt. Auf der einen Seite die Mengs unter Führung von Meng Er Da [ Ku Feng ] und auf der anderen die Hekatombe der Zhous. Das Übertreten hat mindestens das Abtrennen der Glieder zur Folge, selbst wenn es fahrlässig oder nur durch ein Missgeschick passiert ist.
Meng besteht auf dieser uralten Tradition und der Einhaltung von Verbot und Strafe und zieht sein Programm auch unablässig durch. Die Zhous und seine Mitbürger plädieren für eine friedliche Lösung und die Vereinigung der Teilstücke.

Die Problematik und brodelnde Anspannung der Situation ist schnell offensichtlich und erregt durch seinen vollzogenen Schildbürgerstreich auch sofort das Interesse des Zuschauers.
Die Trennung der Hälften wird diesmal optisch und damit auch symbolisch manifestiert. Aber die Gemarkung ist nicht etwa eine Mauer oder ein Graben, nicht einmal eine Schranke. Nur eine im Sande langgezogene Mulde, vielleicht eine Handbreit plus zweier Grenzsteine.
Dennoch wird sie absolut respektiert; bei jedem noch so kleinen Übertritt sind die Mengs auch prompt wie die Schmeissfliegen vor Ort und bestehen auf ihr Recht. Dass noch kein offener Krieg ausgebrochen ist, nimmt Wunder. Meng denkt natürlich daran, möchte aber seine Mannen vorher vom Kung Fu Instructor Wang Yan trainieren lassen. Dieser weigert sich nicht etwa, will sich aber nicht auf diesen einen Clan einschränken lassen. Er gesteht Jedem Training zu und auch ein absolutes Anlernen; er behält keine Geheimnisse für sich und bringt den Studenten sämtliche Theorie und Praxis bei.
Er steht zwar aussen vor, ist aber kein abgebrühter Einzelgänger, kann sich mit Anderen arrangieren und kommunizieren und besitzt auch noch einen Kodex der Ehre sowie andere ethische Werte. Kein Söldner, der mit den Mitteln des Kapitalismus seinen Preis und den Arbeitgeber bestimmt; stattdessen Jemand, der finanzielle Verlockungen gegenüber unempfindlich ist und auf sein Herz hört.

Mag sich das alles sehr edel und übergut anhören, so scheut sich der Film nicht, dies auch zu zeigen. Allerdings nicht in einer moralisch anklagenden oder gar penetranten Weise, sondern absolut stimmig in die Handlung eingesetzt und gleichfalls überzeugend appliziert. Heldentum ist hier nicht nur Bombast oder ein Fetisch, drängt sich auch nicht vor und erkennt auch darüber hinaus klar die Realitäten des Lebens.
Es macht den bewährten Stoff auch nicht kaputt, stellt sich nicht als Gegenpol hin, sondern gibt ihm eine weitere, anreichernde Dimension bei.
So Jemand kann natürlich nur von Ikone Ti Lung dargestellt werden, der hier auch noch einmal in jeder Weise auftrumpft und entscheidenden Anteil zum Gelingen der Geschichte beiträgt.

Daneben und dem ein minutöses Spannungsfeld auslösenden Drehbuch von Ni Kuang trumpft vor allem die Regie auf. Suen befindet sich in Hochform. Muss weder in einer Kopie seinen berühmten Kollegen folgen noch sich hinter einer Remythifizierung verstecken; er beherrscht die Überschneidung von einem period piece über eine Schüler - Lehrer - Beziehung zu einem exercise - plot, einer Martial Arts comedy und zurück zum Ausgangspunkt, ohne auch nur einmal in Schwierigkeiten zu geraten. Er liefert fast ein "nicht mehr darüber hinaus" des Genres Eastern selber ab, manövriert den Abbildungsmaßstab von weitem Panorama hin zu direkten close ups in einer gekonnten Montage und vermeidet dabei eine angeberische Aufdringlichkeit. Muss sich nicht die Beine ablaufen, um Wirkung zu erzielen, sondern treibt die Anspannung in einer festen Schraubenbewegung, aber gleichfalls richterlichen Ruhe hoch. Man taktiert sich lange, lässt teilweise Wochen und Monate verstreichen, geht nicht den geraden Weg und nimmt auch die Resultate nicht gleich vorneweg. Der Rhythmus ist weniger einschneidend oder im anderen Fall akrobatisch, und lässt sicherlich auch die Elegie missen, fängt dies aber durch eine passgenaue Eingliederung voll lebhaftem Verlangen auf. Sowohl die Übungs- als auch die späteren Kampfszenen und die narrative Ausbreitung der Personenverhältnisse sind mitreissend. Schwelgerischer, unbändiger Eifer zeichnet alle Vorgänge aus. Auch desöfteren eine gelungene Beiläufigkeit, die sich eben nicht in expressive, schicksalshafte Merkmale oder demonstrative Szenarien ergötzt und dafür lieber lebensbestätigend und in der apercuhaft zugespitzten Kraft der Wiedererfindung wirken möchte.
Dazu gehört auch das Einbringen einiger humoristischer Situationen, die erfreulich erfolgreich ihr Ziel finden und desöfteren ein seliges Grinsen auslösen, ohne sich über das Drama der Verhängnisse lustig machen zu müssen. Die Handlung gilt mehr als das übliche Deckmäntelchen und gibt acht auf eine ausgefeilte Anbindung, ohne sich gleich auf etwaige Gefühle - positive oder negative - zu stürzen.

Ein Hingucker per se sind natürlich auch die einfallsreichen Instruktionen des Kung Fu Lehrers, welche selbst beim Zuschauen anstrengend, aber immens effektiv wirken. Bei aktiver Vorführung und Darbietung wird Weiträumigkeit vermieden und Konzentration gefördert, indem sich die Kamera lange zögernd in den Einbauten und Buchten der Einrichtung versteckt und so die Bilder meist an allen vier Seiten quadriert. In dem Umgang mit filmtechnischen Mitteln und der Aufhebung dieser Einkerkung ist die Steigerung der weitgespannten imaginativen Ausdrucksmittel zu einem Klimax eindeutig spürbar; nach und nach rückt die Kamera sogar per steadicam näher an die Bewegungen heran und trennt sie in famose Zeitlupen und Standbilder auf. Verblüffend exakt wird zu jeder Sekunde die richtige Einstellung gefunden und teilweise auch damit experimentiert, ohne irritierend oder gar als visuelle Zumutung zu erwirken.

Ein Kandidat für die Höchstwertung ist es aber nicht. Abgesehen davon, dass die Zeitkontinuität und damit Plausibilität und Notwendigkeit ganz schön schlampert - z.b. haut man am Ende einfach für sechs Monate ab und legt noch einmal zwei Wochen hintendran, als schon die Oberhäupter der Zhous gestorben sind:
Der Film ist bloss sehr gut gemacht. Macht sogar eigentlich fast alles richtig und dies in tollen production values. Aber er bewegt nichts, ist kein Novum oder gar ein Durchbruch, weder vom Inhalt noch der Form.
Die Ära der Shaws dauerte danach nicht mehr lange an, eher kürzer; und hinterher sah man schnell klarer.
1985 schuf das gleiche Team mit The Master strikes back eine Art Fortsetzung, die zwar für die späte Zeit noch gelungen, aber diesmal schon vorbeiproduziert und mit Elementen ausgestattet war, die man nicht unbedingt haben wollte.

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