Review

EIN FREUND VON MIR bietet das, was man im Trailer sieht. Das habe ich allerdings nicht erwartet und wurde somit gänzlich positiv überrascht. Daniel Brühl und Jürgen Vogel, dazu Tom Tykwer als Produzent, da rechnete ich nicht mit einem derart schönen Film:

>Spoilerwarnung (teilweise)<

Man steigt in den Film ein und bleibt bis zum Ende auf einer Ebene, wo man dann wieder aussteigt (oder aussteigen muss). Gezeigt wird ein Lebensabschnitt von nur wenigen Tagen, bei dem aus dramaturgischer Sicht kaum Höhen und Tiefen aufkommen, sondern die Stimmung bleibt auf einem Niveau. Ein herausragendes Element ist die Atmosphäre; sie ist wunderbar trist und melancholisch, welche von der grau-blau-weißen Colorierung und der schönen depressiven Musik erzeugt wird. Diese Musik ertönt allerdings nur in den Übergängen, wenn die Hauptcharaktere Karl und Hans nicht zusammen sind, sondern wieder allein in ihren eigenen Welten. Während der übrigen Szenen gibt es keinen Score und keine Hintergrundmusik, wodurch man näher bei den Figuren ist und Echtheit erzeugt wird. In sehr vielen Szenen wird nicht gesprochen oder nur ganz wenig, so dass zusammen mit festen Kameraeinstellungen sehr ruhige Bilder entstehen. Diese Inszenierung unterstützt und verdeutlicht sehr gut die Abläufe hinter der offensichtlichen Beziehung zwischen Karl und Hans.

Durch Zufall zu Kollegen geworden, werden sie eigentlich sofort zu Freunden, aber ohne dass sie es wahrnehmen. Zwei verschiedene Lebensauffassungen prallen nämlich dabei aufeinander und ergänzen sich: Karl, gebildet, erolgreich im Beruf, aber unglücklich und unerfüllt im Privaten und Hans, einfälltig, nicht bodenständig, weiß aber, was und wo Spaß ist. Allmählich und zur gleichen Zeit stellen beide genau fest, dass ein Teil der Lebensführung des Anderen in ihrem eigenen Leben fehlt. Sie gehen in sich, um herauszufinden, was sie eigentlich vom Leben wollen und wie sie ihr Leben führen könnten.

Die Geschichte wird, wie alles, kaum in Worte gefasst. Es wird nur wenig über ihren Konflikt gesprochen, stattdessen lassen sie ihre aufgekommenen Gefühle in Emotionsausbrüchen, wie Schreien und Weinen, frei. Gerade diese Szenen waren die Highlights dieses Dramas, bei dem man ohne viel Rederei das Gefühl hat, in die Seelen und Gedanken blicken zu können.

Zusätzlich zu diesen dramatischen Elementen sind noch einige Witze und lustige Szenen enthalten. Eben diese machen den Anschein, als wäre desöfteren improvisiert worden, so natürlich und echt wirkt alles. Die Darsteller interagieren einfach sehr gut miteinander und sind glaubhaft. Aus dem kleinen Cast ragen natürlich Daniel Brühl und Jürgen Vogel heraus und dazu noch Sabine Timoteo als Stelle, die Freundin von Hans.

Einzig negativ ist, dass der Film mit nicht einmal 90 min. zu kurz ist. Einige Minuten mehr, v. a. mehr von Stelle, wären schön gewesen.
Zuschauer mit Empathie dürften sich gut mit einer der Charakteren identifizieren können und werden ein subtil emotionales und ruhiges Drama erleben.

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