Es ist schön zu sehen, dass endlich Leute auf die Idee kommen, Filme über die ehemalige DDR (3 Stern Rot ist auch so ein positives Beispiel) zu drehen, die die Thematik in der Zeit etwas realistischer darstellen, als viele Filme, die nur auf den Kassenschlager Ostalgie setzten (der Gipfel der Grausamkeit war da wohl NVA)!
Florian Henckel von Donnersmarck ist einer von den Regisseuren, die etwas tiefer unter die Oberfläche der ehemaligen DDR geblickt haben und die moralischen Widersprüche des Sozialstates nähe beleuchtet hat. Der ganze Spitzelapparat, den es in der DDR gab, wurde wohl bis jetzt nur in geschichtlichen Werken so dermaßen klar und unverblümt dargestellt. Trotz Überlänge zieht einen der Film von Anfang an in den Bann. Er versucht auf ganz spezielle Weise die Denkweisen, die in der DDR "normal" waren, behutsam zu erleutern. Donnersmarck lässt aber nicht die Brisanz des Themas außen vor. Er lässt seine Darsteller in tiefgründiger Art die Thematik dem Zuschauer nahe bringen, so dass dieser oft sehr gefesslt darüber nachgrübeln muss, wie man nur solche Ansichten vertreten konnte bzw. ob es wirklich erst so kurze Zeit her ist, dass dieser Staat unbehelligt existieren konnte. Man kommt zu dem Schluß, dass die DDR ein skrupelloser Polizeistaat war, wie so manche "Diktaturen" es vorher waren, bzw. heute noch sind...
Allerdings wird mir nicht ganz klar, ob der Film nicht etwas zu pauschalisiert bzw. übertreibt. Es gibt zwar wohl genügend Leute, die gnadenlos überwacht wurden, und bei der Verifizierung der Selbstmordrate bin ich überfragt, aber ob alles so schlimm war, wie es im Film dargestellt wurde, wage ich dann doch etwas zu bezweifeln. Zweifelsohne war es nicht sonderlich ratsam in diesem Staat ein "Querulant" bzw. Revolutionär zu sein, überhaupt in künstlerischer Angelegenheit. Es kann sich eigenltlich nur um einen representativen Querschnitt von ziemlich schlimmen Erlebnissen aus dieser Zeit handeln...sollte die Problematik allerdings wirklich so drastisch und knallhart der Fall gewesen sein, dann verstehe ich nicht, wie man einen solchen Staat so lange existieren hat lassen können.
Wunderbar finde ich die Rolle von Ulrich Mühe. Die Verwandlung, die er durchmacht, vom linientreuen Parteifunktionär zum Helfer von Staatsschädlingen, ist einfach phänomenal gezeichnet. Überhaupt der gesamte Handlungsstrang der Geschichte braucht sich nicht zu verstecken. Er ist von der ersten bis zur letzten Minute absolut klar und plausibel aufgebaut. Aber auch die Leistung der anderen Darsteller hat mich wirklich überzeugt. Sie haben sich grandios mit ihrer Rolle auseinandergesetzt und versucht, sie so plausibel wie möglich auf die Leinwand zu bekommen. Phantastisch!
Musikalische Eindrücke lässt der Film wenige zu, was aber nicht bedeuten soll, dass er dadurch nicht eine gewisse Stimmung bekommt. Wie heißt es so schön, weniger ist manchmal mehr. Auch für diese Entscheidung kann man Donnersmarck nur herzlich gratulieren.
Ferner ist es auch total angenehm, dass der ganze Film sehr dezent gehalten ist. Es gibt keine aufgeregten Kamerafahrten, Einstellungen oder sonst irgendwelche Nervosität. Der Film ist, ganz wie es seiner Thematik gebührt, in einem schlichten und bedachten Rahmen gehalten, so wie es sich eben gehörte im minimalistischem Sozialismus. Alles andere wäre auch unpassend gewesen.
Kurz gesagt ist es einfach nur verwunderlich oder auch bewundernswert, was Florian Henckel von Donnersmarck für einen Debutfilm auf die Leinwand gezimmert hat. Man kann nur hoffen, dass dies keine Eintagsfliege war und er sein künstlerisches Schaffen, anderst als viele DDR-Künstler, nicht aus irgendwelchen Gründen einstellt bzw. ein Burn-Out-Syndrom erleidet.
Unbedingt ansehen, für mich einer der besten geschichtsträchtigen Filme überhaupt, unter den Top10 der besten deutschen Filme sowieso...
9.5/10 Punkte