Hiergeblieben und mitgebumst
„Hoffentlich müssen wir nicht so viel wegschneiden!“
Erstmals seit Teil 8 führte der Österreichische Sexploitation-Regisseur Ernst Hofbauer wieder bei einem „Schulmädchen-Report“ die Regie: Der sage und schreibe elfte Teil der Reihe, „Probieren geht über Studieren“, kam 1977 in die Kinos.
„Wegen ‘nem kleinen Kuss auf den Arsch braucht man ja nicht gleich zu heiraten!“
Den Rahmen des episodischen Pseudoreports bildet diesmal eine fingierte Gesprächsrunde fürs Radio, innerhalb derer Jugendschutzgesetze diskutiert werden sollen. Die Redebeiträge der Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden wie gewohnt in Episodenform visualisiert. Kriminalkommissar Jenkel (Ulrich Beiger, „Mädchen beim Frauenarzt“) weiß von der 17-jährigen Gymnasiastin Martina zu berichten: Diese lässt sich im Unterricht vom geilen Rolf befummeln, der ihr auch Nachhilfe gibt, denn Martina ist eine schlechte Schülerin. Für seine Dienstleistung verlangt er jedoch Bezahlung in Geschlechtsverkehr, worauf sich Martina einlässt, denn sie mag Rolf. Also lässt sie sich von ihm entjungfern und treibt es von nun an regelmäßig mit ihm – doch als er eine neue Freundin (Jane Iwanoff, „Wenn die prallen Möpse hüpfen“) hat, wird sie tablettenabhängig, verzweifelt am Schuldruck und stirbt an einer Überdosis. Mit etwas Wohlwollen ginge diese Episode noch als Guilty-Pleasure-Erotikdrama durch, zumal der schöne Kameraeffekt, in dem sich der nackte Rolf in Martinas Pupille spiegelt, ungewöhnlich originell für diese Reihe anmutet und aufmerken lässt. Die Figuren bleiben dennoch schablonenhaft und die Inszenierung – natürlich – spekulativ.
„Ich will doch nicht mein ganzes Leben masturbieren!“
In der nächsten Episode erzählt die 18-jährige Regine (Karine Gambier, „Mädchenpensionat“) einem Staatsanwalt (Gert Wiedenhofen, „Hauptsache Ferien“), dass sie von ihrem Nachhilfelehrer Werner Hinterkofler (Claus Tinney, „Die liebestollen Apothekerstöchter“) vergewaltigt worden sei. Diese Vergewaltigung wird zum Zuschauervergnügen gezeigt, doch daraufhin erzählt Werner seine Version der Ereignisse: Er sei verführt worden. Da sich herausstellt, dass Regine tatsächlich gelogen hatte, wird das Verfahren eingestellt. Eine typische „Schulmädchen-Report“-Episode also, in der einmal mehr Altherrenfantasien bedient werden und man weiter am Märchen strickt, als Mann könne man sich vor jüngeren Schülerinnen, die einen ins Bett zu kriegen versuchen, kaum retten. Ekelhaft.
„Du bleibst hier und bumst mit, ist das klar?!“
Auch Aufnahmeassistentin Gila erzählt ihre Geschichte: Sie will sich mit ihrer lispelnden Freundin Gabi (Alexandra Bogojevic, „Eros-Center Hamburg“) von zwei Jungs, Hansi und Traugott (Claus Obalski, „Schulmädchen-Report, 9.+10. Teil“), von denen einer stottert, entjungfern lassen. Doch weder Hansi noch Traugott konnten bisher sexuelle Erfahrungen sammeln. Sie treffen sich in einem Schuppen, Hansi rammelt wie ein Karnickel und am Ende landen Farbeimer auf den Jugendlichen. Hierbei handelt es sich um eine peinliche Schmierenkomödie, wie man sie schon unzählige Male innerhalb dieser Reihe gesehen hat. Für Amüsement sollen einmal mehr Sprachfehler und billiger Slapstick sorgen. Zum Fremdschämen!
Der nächste „Fall“ wird von Dr. Wolters (Peter Böhlke, „Herzblatt oder Wie sag ich's meiner Tochter?“) geschildert: Michaelas Schulleistungen brechen plötzlich ein. Sie plant ihren Suizid, doch Dr. Wolters findet rechtzeitig den an ihn adressierten Abschiedsbrief und schreitet in letzter Sekunde ein. Nun wird visualisiert, was sie ihm daraufhin als Gründe nennt: Sie fand einen 100-Mark-Schein, der einer Gruppe Rowdys gehörte. Sie leugnete den Fund ihnen gegenüber, doch sie fanden die Banknote bei ihr. Sie erpressten sie, ihr Anführer zwang sie gar zum Sex. Die Lüstlinge fotografierten Michaela heimlich und erpressten sie nun auch mit diesen Aufnahmen, die sie an einen Baron (Hasso Preiß, „Geilermanns Töchter - Wenn Mädchen mündig werden“) verscherbelten. Sie missbrauchten Michaela schließlich nicht nur weiter, sondern zwangsprostituierten sie sogar, bis ein gutherziger Ibrahim sie endlich aus ihrer Hölle befreite. Von alberner Klamotte nun also zum Drama um gruppenmäßige Vergewaltigung und Zwangsprostitution – und natürlich wurde auch diese Episode rein auf Voyeurismusbefriedigung hin inszeniert und hinterlässt damit aller ansonsten demonstrativen Ernsthaftigkeit zum Trotz einen schalen Nachgeschmack.
„Wenn bei den Männern die Schwellung zurückgeht, fängt sie bei den Frauen meist an!“
Heidi ist die 18-jährige Tochter einer der Gesprächsrundenteilnehmerinnen und bekommt zum Geburtstag die Anti-Baby-Pille. Heidis Freundin berichtet von ihrem ersten Mal mit ihrem Freund Gustav im Grünen. Eine andere Freundin erzählt von ihrer Entjungferung durch Werner. Susi (Sandra Atia, „Bei Anruf Liebe“) und Wolfi (Rolf Kochenhofer, „Heiße Träume auf der Schulbank“) liefern den dritten Initiationsbericht: Sie verführte ihn im Stroh. Daneben stand übrigens ein Pony, dessen Pimmel die Kamera in Großaufnahme einfängt… Jedenfalls wollen Heidis Freundinnen sie nun mit Ullas Cousin Achim (Heiner Lauterbach, „Schulmädchen-Report, 9.+10. Teil“) zusammenbringen. Sie schließen beide in einem Zimmer ein, auf dass sie sich paaren mögen. Doch anstatt die Situation schändlich auszunutzen und Heidi zum Beischlaf zu drängen, zeigt sich Achim sensibel und verständnisvoll. Gemeinsam tun sie nur so, als hätten sie Sex, indem sie entsprechende Laute simulieren – wohlwissend, dass die Freundinnen lauschen. Da man sich gegenseitig sympathisch ist, lernt man sich in der Folge näher kennen und kommt schließlich tatsächlich zusammen. Wie bereits manches Mal zu vor schließt auch dieser „Schulmädchen-Report“ mit einer versöhnlichen Episode, die verglichen mit ihren krawalligen und sexploitativen Epigonen eher unspektakulär ausgefallen ist, deren Inszenierung und Aussage aber weitestgehend in Ordnung gehen (wenngleich man dem schmierigen Lauterbach seine Rolle kaum abnimmt): Niemand braucht sich zum Sex drängen zu lassen, auch nicht unter Gruppenzwang. Es handelt sich um keinen Wettbewerb und jede(r) muss für sich selbst entscheiden, wann er oder sie mit wem und unter welchen Umständen dafür bereit sind.
Mit der letzten sowie mit Abstrichen der ersten Episode punktet dieser „Schulmädchen-Report“, der jedoch kaum etwas Neues bietet und mit seinen übrigen Episoden aus genannten Gründen viel kaputtmacht. Dass man die Reihe ohnehin derart lange fortgeführt hat, um mittels Jung- und Laiendarstellerinnen und -darstellern immer noch ein paar Märker Gewinn zu erzielen, ist ohnehin ein kreativer Offenbarungseid. Eben jene Jungmimen sind es jedoch nach wie vor, die den Film halbwegs ansehbar machen, denn die jugendliche Unbedarftheit, mit der man jegliche Prüderie ablegte und sich für Produktionen wie diese zur Verfügung stellte, ist in gewisser Weise faszinierend – und natürlich wäre es glatt gelogen, den Darstellerinnen jegliche Attraktivität abzusprechen. Was man ihnen versprochen hat, steht jedoch möglicherweise auf einem ganz anderen Blatt – ebenso, für welches Publikum man eigentlich produzierte…