Wenn einer in den Staaten eine gute Idee hat, hat die mirakulöserweise kurz darauf immer ein zweiter.
Und wenn man damit einen guten Film drehen kann, machen die beiden ein Rennen.
Meistens hat davon aber nur einer Erfolg und das ist dann der, der zuerst fertig ist (Parallelen zum Sex sind rein zufällig).
Nur ganz selten haben beide was davon, vor allem wenn beide Filme mit einer gewissen Sorgfalt gemacht sind und nicht der eine nur den anderen kopiert.
So ist es dann auch geschehen mit der Paarung „The Prestige“ und „The Illusionist“, von der ersterer die bessere Besetzung, die größeren Effekte und das meiste Geld absahnte (neben dem wesentlich durchgeknallteren Plot) und letzterer ohne große Hoffnung an den Start ging und sich doch zu einem kleinen Sleeperhit mauserte.
In beiden Filmen geht es um Bühnenmagier, alles findet so stücker um die letzte Jahrhundertwende statt und am Ende gibt’s einen großen Plottwist, damit die kleinen Überraschungen zwischendurch auch noch gepflegt gesteigert werden.
Wo aber „The Prestige“ sich zu einer mehrsträngigen dramatischen Story mit SF-Appeal mauserte, bleibt „The Illusionist“ seinen realistischen Fundamenten zumindest insofern treu, als daß die Story eine klassisch einfache ist. Der arme Junge aus dem Volk und die Adelige freunden sich als Kinder an und können zusammen nicht kommen, holen das aber heimlich nach, als er ein großer Illusionist geworden ist und sie sich anschickt, den österreichischen Thronfolger zu ehelichen, was ihr angesichts dessen mörderischer Jähzornattacken nicht anempfohlen wird. Natürlich hat der Prinz den Zauberer alsbald auf dem Kieker und kaum ist die Rolle halb rum, muß die Holde aus dieser Welt scheiden. Da richtet sich natürlich alles auf eine große Rache aus und es schaut auch alles danach aus, denn der Zauberer schult auf Geistererscheinungen um, die ebenfalls Aufsehen erregen...
Natürlich bleibt nicht alles so simpel, aber im Grunde hat „The Illusionist“ eine relativ biedere Geschichte, die für einen US-Film nur ungewöhnlich stilvoll-naturalistisch präsentiert wird. Nicht das große Getöse und die bombastische Ausstattungsorgie, sondern Drehs an Originalschauplätzen (wobei Prag samt umgebender Schlösser für Österreich einspringt) und europäischer Chic machen den gewissen Reiz aus, wirken dann aber auch wahrhaftiger und weniger berauschend als Filmphantasie.
Es wird in den europäischen Landschaften geschwelgt und die Theater bieten eine klare, natürliche Kargheit, die niemals überladen ist.
Dennoch ist Neil Burger damit nicht unbedingt ein leicht zu goutierender Film gelungen, denn der Wille zu eigenen unüblichen Stil und einer gewissen Alterspatina richtet sich gegen die „zauberhaften“ Sehgewohnheiten der meisten Zuschauer. Das Tempo bleibt stets gemäßigt, die Gefühle sind groß und gehen in die Breite, das Schweigen ist beredter als so manche Action, was schade ist, da Edward Norton sich große Mühe gab, die meistens Tricks eigenhändig (nach Anleitung) durchzuführen und einiges davon klassisches Material ist.
Und dennoch zieht und schleppt es sich, da helfen auch gewisse Gelb- und Braunfilter so wenig wie das Kabinettstückchen mit der Liebesszene, die an den vier Ecken des Sichtfeldes abgedunkelt wurde, so daß man alles wie durch eine alte Stummfilmkamera oder ein Schlüsselloch beobachtet.
Daß das Film sich selbst im Stilwillen so bremst, ist schade, denn die Besetzung ist durchaus namhaft, jedoch funktionieren alle nur in bestimmten Parametern. Norton steigert sich dermaßen in seine Rolle als mysteriöser Zauberer und Rächer, daß man ihm ein höheres Tempo an den Po wünscht und kürzere Phasen, in denen er vor sich hin starrt. Jessica Biel schraubt zwar ihre Lippenakrobatik in alten Kleidern etwas zurück, ist aber dennoch nicht das Emotionsbündel, das man von einer verzweifelt Verliebten erwarten könnte. Rufus Sewell als böser Prinz leidet unter einem ziemlich offensichtlich falschen Schnurrbart und Paul Giamatti, der als Polizist zwischen Pflicht und Verzückung wirkt, dringt leider so beherrscht zu selten zu uns durch, obwohl er das Bindeglied zum Zuschauer ist.
So wirkt „The Illusionist“ unamerikanisch und irgendwie erlesen, aber auch bisweilen unerträglich breit und getragen, dabei soll das Thema doch gerade mitreißen. Und daß am Ende ein fetter Plottwist alles auf den Kopf stellt, kann man sich auch irgendwie denken, doch die biedere Steifheit des Geschehens läßt das schon fast unnötig erscheinen. Dennoch machte der Film noch das zweieinhalbfache Einspiel seines Budgets in den Staaten und das Fünffache weltweit und war so rechnerisch doppelt so erfolgreich wie der ungleich teurere „The Prestige“. Aber wirklich das Herz verschenken werden die meisten doch lieber an den grelleren Film aus der Paarung. Letztendlich kann aber jeder mit seinem Zauberfilm mehr als zufrieden sein. (7/10)