Berlin scheint besonders als Schmelztiegel der deutschen Alltagsproblematik geeignet zu sein, denn in Deutschlands bevölkerungsreichster Großstadt kann man selbst in den kleinsten Zellen noch das Panoptikum der Schwierigkeiten erkennen, daß heutzutage jeden Stadtmenschen früher oder später ereilt.
Nach dem Balkon im 4.Stock eines Berliner Altbaues im „Sommer vorm Balkon“ versammeln sich die Protagonisten hier „Im Schwitzkasten“ einer Sauna, die in einer typischen „Wellness-Oase“ gelegen ist - einem größtenteils aus gebrauchten Möbeln, kombiniert mit Heimwerkerleistungen zusammengeschusterten Pflegebereich, indem sich die Geschwister Nadine (Christiane Paul) und Jost (Charlie Hübner) aufopferungsvoll um ihre Gäste kümmern.
Schon in dieser Konstellation zeigen sich sämtliche Probleme des heutigen Jungunternehmers – während die ausgebildete Masseuse Nadine seriös ihrer Arbeit nachgeht, jongliert ihr Bruder ständig zwischen Mahnungen, Gerichtsvollziehern, Zukunftsideen und Dauerversuchen irgendwo Geld aufzutreiben. Die Szene, in der haufenweise ungeöffnete Post aus einem Regal fällt ,ist genau beobachtet – warum soll man die Post noch aufmachen, wenn man sowieso weiß was drin steht und man nichts dagegen machen kann ? - So bewahrt man sich wenigstens noch seine gute Laune.
Und genau hier liegt die Stärke des gesamten Films, der im Grunde kein typisches Problem ausläßt. So sind Arbeitslosigkeit, Geldknappheit oder zerrüttete Beziehungen ständige Begleiter der sich regelmäßig zum Schwitzen treffenden Saunafreunde. Andreas Schmidt ,der schon im „Sommer vorm Balkon“ überzeugt hat ,gibt hier den Langzeitarbeitslosen Toni – die Szene, in der er versucht ein Fahrrad für seinen kleinen Sohn zu klauen, ist peinlich und traurig, aber selbst hier gelingt es den lakonischen Alltagston einzuhalten, der das Ganze immer in Fluß hält – es gibt schöne und weniger schöne Momente, aber vor allem geht es immer weiter...
Und so erfahren wir immer mehr von Dani, der gerade entlassenen Stewardess, die versucht wieder einen Job zu bekommen, von Monika, die zwischen privater Beziehung und einer Hilfsaktion in Afrika schwankt, von der Versicherungsvertreterin Karin, die alles und jeden ständig zuquatscht, und von Norbert, dem ältesten Saunabesucher, der seine FDP-Abgeordneten-Frau mit geschriebenen Reden unterstützt und langsam mitbekommt, daß sein neo-liberales Gedankengut nicht wirklich die Ideallösung darstellt.
Regisseur Eoin Moore ergreift ganz deutlich Sympathie für die nicht immer zu regulären Mitteln greifenden Überlebenskünstler. Sowohl die hier gezeigten Charaktere als auch die geschilderten Probleme sind völlig durchschnittlich - von wenigen filmischen Szenen einmal abgesehen – und Moore verliert sich auch keine Sekunde in idealistischen oder utopischen Auswegen, sondern bleibt seinem Stil jederzeit treu.
Trotzdem oder gerade deswegen ist der Film durchgehend gekennzeichnet von Alltagswitz und guter Laune – quasi die Versinnbildlichung sich nicht unterkriegen zu lassen.
Fazit : Wer „Sommer vorm Balkon“ mochte, wird auch hier glücklich – ein ähnlich gearteter Alltagsfilm, gut gelaunt und gut beobachtet in Szene gesetzt, ohne falsches Pathos und ohne irgendetwas Schönzureden.
Wer allerdings Ablenkung vom Alltag sucht, sollte die Finger von „Im Schwitzkasten“ lassen, denn der Film ist verdammt nah an der deutschen Realität dran (8/10).