„Mit einer Fülle von sensationeller Information hat dieser Film so vielen Eltern die Augen geöffnet, dass wir uns gezwungen sahen, erneute Untersuchungen anzustellen, neues Material zusammenzutragen, sodass wir Ihnen heute Tatsachen aufzeigen können, über die selbst die Jugend nur ungern spricht.“
Schon kurz nach Produzent Wolf C. Hartwigs Exploitation der Reportfilme der Ära der sexuellen Revolution, dem berüchtigten „Schulmädchen-Report“, durfte der österreichische Regisseur Ernst Hofbauer erneut auf dem Regiestuhl platznehmen und den ersten Nachfolger der sich schließlich über eine ganze Dekade erstreckenden Reihe abdrehen: „Schulmädchen-Report, 2. Teil - Was Eltern den Schlaf raubt“ erschien im Jahre 1971, nur zehn Monate nach dem Erstling.
Erneut durfte sich das neugierige bis voyeuristische Publikum daran ergötzen, wie vermeintlich wahre Geschichten aus dem vermeintlichen Alltag jugendlicher Mädchen als Episodenfilm aufbereitet und von vermeintlichen Experten kommentiert werden, unterbrochen von Friedrich von Thun („Onkel Filser - Allerneueste Lausbubengeschichten“), der vermeintlichen Passantinnen dreiste intime Fragen auf offener Straße – diesmal in Berlin – stellt und diesmal auch als Moderator der „Expertenrunde“ durch den Film führt.
Nachdem der furchtbare naive Titelsong, geschrieben von Peter Thomas und gesungen von Schlagersternchen Daisy Door, verklungen ist, ertönt eine Report-Stimme aus dem Off und Friedrich von Thun berichtet von den ach so vielen Einsendungen, mit denen man nach dem ersten Teil überhäuft worden wäre, so dass man sich förmlich gezwungen sah, diese Fortsetzung zu drehen, für die man die besten Geschichten ausgewählt habe. Klar, so wird’s gewesen sein…
„Lieber einmal mit dem Lehrer schlafen als Sitzenbleiben!“
In der „Expertenrunde“ findet sich eine Klassenlehrerin, die die erste Episode einleitet: Schülerinnen geilen gezielt ihren Lehrer auf, Elfie (Karin Götz, „Graf Porno bläst zum Zapfenstreich“) versucht, ihn in der Wohnung ihrer Eltern zu verführen und ihre Freundinnen beobachten das Ganze und machen Fotos, mit dem sie ihn anschließend zu erpressen versuchen. Ausgang des delikaten Falls: Der Lehrer nimmt sich das Leben. Unterbrochen wird die heuchlerische, notgeile Altherrenfantasien bedienende Episode von der ersten Straßenumfrage und einem Interview mit Herrn Gebhardt (Günter Clemens, „Hexen bis aufs Blut gequält“), einem Rechtsanwalt. Für die zweite Episode begibt man sich nach Bayern, wo ein paar entsetzlich unaufgeklärte Jugendliche im Heustall ihre Sexualität entdecken, vögeln und dabei erwischt werden. So unglaubwürdig sie auch gestaltet ist und den Kids eine unschuldige Naivität attestiert, die wohl selbst im Bayern des Jahres 1971 fernab jeglicher Realität gewesen sein dürfte, so verbindet sie doch immerhin ihre ebenso romantische wie klischeebehaftete Fantasie von der Entjungferung auf dem Lande zwischen Heu und Stroh mit einem seinerzeit sicherlich noch fortschrittlichen Plädoyer für möglichst frühe Aufklärung. Eine Psychologin bescheinigt den Jugendlichen schließlich, sich nicht falsch verhalten zu haben. Auf eine alibihafte Pseudomoral setzt die Episode, die Architekt Müller (Josef Moosholzer, „Pepe, der Paukerschreck“) zum Besten geben darf: Die beiden Ausreißerinnen Monika (Rena Bergen, „Die goldene Banane von Bad Porno“) und Emi geraten schnell auf die schiefe Bahn. Erst wird ihr Koffer geklaut und das ganze Geld ist weg, dann kommen sie bei einer Uschi (Elfi Helfrich, „Der neue heiße Report: Was Männer nicht für möglich halten“) unter, wo sie sich von einem ihrer Bekannten bumsen lassen, der sie schließlich auf den Strich schicken will. Sie landen stattdessen bei zwei Hippies und bumsen mit ihnen in Schlafsäcken, begehen aus Verzweiflung Ladendiebstahl und werden von der Polizei aufgegriffen, der sie ihre Erfahrungen berichten. Die Moral ist erzkonservativ und offensichtlich: Wer das elterliche Heim verlässt, um ein eigenständiges Leben auszuprobieren und eigene Erfahrungen zu sammeln, wird bestohlen, sexuell ausgenutzt und kriminell. „Geschieht ihnen ganz recht!“, wird sich manch deutscher Proll gedacht haben, nachdem er sich geifernd an den nackten Tatsachen erfreut hat.
„Halb ausgezogen sieht aus wie Porno. Nur die völlige Nacktheit ist natürlich.“
Es folgt die für mich verstörendste Episode, eine komödiantische Sexklamotte, die davon handelt, wie für Heini (Michael Schreiner, „Engelchen macht weiter - Hoppe, hoppe Reiter“) der angepeilte Sex im Wald gründliche misslingt. Hier vermengt sich grottiger deutscher Humor (als Running Gag muss Heinis Tick, seinen Mund ständig zur Seite zu ziehen, herhalten) mit dem „Talent“, Nacktheit gänzlich unerotisch auf die Leinwand zu bannen und lässt an schlimmste, zum Fremdschämen verklemmte Sexkomödien-Auswüchse denken. Moralinsauer „mahnend“ geht es erneut in der kommenden Episode zu, in der zwei Junkies ein Mädchen in eine Wohnung locken, mit Heroin anfixen und vergewaltigen. Reißerisch warnt der Sprecher dazu vor Rauschgift. Erneut werden hier reaktionäre Ängste geschürt, statt aufzuklären, erneut ist die Essenz, dass man junge Frauen ja gar nicht allein auf die Straße lassen könne oder dürfe – und erneut darf der Spießer in diesem Zusammenhang an nackten Tatsachen seine Doppelmoral befriedigen. Eine Hausfrau leitet die nächste Episode ein: Konsumgeile Gören fallen auf einen Fotografen herein, der sie überredet, nackt vor seiner Kamera zu posieren, damit er die Fotos gewinnbringend an Erotikmagazine veräußern kann – wo sie prompt vom Hausmeister der Schule wiedererkannt werden. Von Thun nimmt dies zum Anlass, eine Befragung zum Thema Aktfotos und Aufhebung des Pornographieverbots durchzuführen. Wäre diese Episode nicht erneut darauf ausgerichtet, dass letztlich lüsterne ältere Herren sich an naiven und ausgenutzten jungen Mädchen erfreuen, könnte man ihr beinahe tatsächlich einen Aufruf zum unverkrampften Umgang mit Erotik unterstellen… Eine Schülerin berichtet in der nächsten Geschichte von ihrem ersten Sex: Sie hat angegeben und sieht sich nun genötigt, es mit einem „Feger von Bogenhausen“ genannten Typen, dessen Ruf ihm vorauseilt, zu treiben. Ihre Freundinnen bestellen sich einen Taxifahrer (!) als Aktmodell (!) und verführen ihn derweil. Wäre die „Feger-Affäre“ weniger albern aufgezogen worden, hätte sie Potential gehabt, über Schein und Sein sexueller Prahlereien und Erwartungshaltungen aufzuklären, während die Taxifahrer-Nummer einmal mehr Altherrenfantasien nur auf sie wartender, lüsterner junger Mädchen bedient, die mit Aufklärung, Fortschrittlichkeit und Emanzipation so viel zu tun haben wie Boy George mit Heterosexualität. Von Thun fällt dann auch nichts Besseres ein, als im Anschluss Passantinnen nach dem idealen Alter fürs erste Mal auszufragen.
„Als Lehrer darf ich Ihnen nicht in den Ausschnitt fassen, aber als Mann darf ich das!“
Susanne sitzt bei einer Psychologin und erzählt, was ihr widerfuhr: Sie verführte ihren Nachhilfelehrer, wurde von ihren Eltern erwischt, der Fall landete vor Gericht – laut „Schulmädchen-Report 2“ ein „vermeintliches Unrecht“. Susanne begeht schließlich einen Selbstmordversuch. Über diese Episode freuen und bestätigt fühlen dürfen sich all diejenigen, die davon träumen, attraktiven Schülerinnen Nachhilfe auch auf ganz anderen Gebieten zu erteilen. Der weitaus häufigere Fall des Missbrauchs von Schutzbefohlenen wird von der sexistischen Männerriege, die für diesen Film verantwortlich zeichnet, selbstverständlich mit keiner Silbe erwähnt. Wer diese Episode für bare Münze nahm und kurz darauf von einem sich vor dem Gesetz verantworten müssenden Pädagogen hörte, wird sein persönliches Urteil schnell gefällt haben. Im letzten Beitrag schließlich ist Babsi schwanger, ihre Eltern sind entsetzt. Als sie ihre Eltern jedoch daran erinnert, dass sie selbst vorehelich gezeugt wurde, wendet sich alles zum Guten und gemeinsam freut man sich auf den Nachwuchs. Etwas versöhnlicher Familienkitsch, der immerhin eine Lanze für Schwangerschaften im jugendlichen Alter bricht, statt sie als Sünde darzustellen, beschließt den zweiten Teil der langlebigen Reihe, der es schafft, insgesamt sogar noch ein bisschen billiger als der Vorgänger zu wirken. Mit dem einen oder anderen ambitionierten Report- und Aufklärungsfilm vorausgegangener Jahre hat das alles nur entfernt etwas zu tun, in erster Linie geht es um die plumpe Zurschaustellung attraktiver Mädchen und die Verfilmung von Altherrenfantasien sowie konservativen Ängsten, um auf den Erfolg an der Kinokasse zu spekulieren. Natürlich ist „Schulmädchen-Report, 2. Teil - Was Eltern den Schlaf raubt“, der mit aufgesetztem Ernst offenbar noch immer versucht, einen seriösen Anstrich zu wahren und aufklärerisch zu wirken, obwohl er das exakte Gegenteil erreicht, zutiefst unglaubwürdig und vornehmlich an niederen Instinkten interessiert, für abgebrühte Trash-Freunde aber bestimmt unfreiwillig unterhaltsam und allgemein ein entlarvendes Zeitdokument der deutschen Kinogeschichte, das belegt, mit welch substanzlosem Mist man damals eine peinlich verklemmte christliche Gesellschaft scharenweise ins Kino locken konnte.