Review

Freddie Francis hat sich häufiger mit Episodenfilmen auseinandergesetzt.
Mit Dr. Schrecks Todeskarten übte er schon mal für seine späteren „Geschichten aus der Gruft“ und schuf damit einen atmosphärisch dichten Old-School-Horror, - typisch britisch und typisch für die 60er.

Die liebevoll visuelle Machart und einige der Darsteller ließen zwar auf die berühmten Hammer-Filmstudios schließen, doch tatsächlich handelt es sich hier um ein Werk der Amicus-Productions, die häufiger mit dem legendären Konkurrenten verwechselt wurden und mit (noch) weniger Budget hantierten.
Dabei muss Low Budget nicht unweigerlich geringe Qualität bedeuten, im Gegenteil.

Fünf einander fremde Herren (tragen alle Anzüge) befinden sich in einem Zugabteil, als der ominöse Metaphysiker Dr. Schreck hinzukommt und jedem Fahrgast per Tarotkarten die Zukunft deutet:

1. „Werewolf“
Ein Architekt soll an einem alten Landsitz ein paar Umbauarbeiten vornehmen und stößt dabei auf den Werwolf mit dem lustigen Namen Cosmo Waldemar. Dieser wurde hier vor 200 Jahren beerdigt und meldet nun Besitzansprüche am Haus an.

Ein stimmungsvoller Einstieg, der atmosphärisch an einige E. A. Poe – Verfilmungen aus etwa gleicher Zeit erinnert. Großräumiges Gothik-Gebäude mit Sarg im Keller.
Die Story baut passabel Spannung auf und überrascht mit einem, zwar leicht konstruiert wirkendem, aber nicht ganz vorhersehbarem Ausgang.
Der „Werwolf“ hingegen hätte weitaus wirkungsvoller in Szene gesetzt werden können.

2. „Creeping Wine“
Mann, Frau, Tochter und Hund kehren aus dem Urlaub zurück und wundern sich über eine Weinranke am Haus, welches ein bösartiges Eigenleben führt und mordet.

„Eine Kletterpflanze erwürgt einen Hund“ sagt einer der zu Hilfe gerufenen Botaniker und damit wird Trashfreunden die Tür geöffnet.
Man sieht in einigen Szenen deutlich, wie die Pflanze von Hand oder per Stop-Motion bewegt wurde. Witzig auch, dass die Pflanze kurz „Aua“ ruft, weil man ihr mit der Heckenschere ans Geäst will.
Neben dem Spaßfaktor überzeugt aber auch eine leicht klaustrophobische Atmosphäre, wenn die Betroffenen im Haus eingeschlossen sind und auf Hilfe von außen hoffen.
Mit von der Partie ist James-Bonds „M“, der sich nicht so stark entfalten kann wie die Pflanze…
Inhaltlich totaler Blödsinn, aber verdammt kurzweilig.

3. „Voodoo“
Ein Musiker zeichnet auf Haiti während eines Voodoo-Rituals Noten auf, um sie daheim zum großen Hit umzukomponieren. Das sieht der Voodoo-Gott Dambala aber nicht so gerne und schüchtert den Musiker und seine Band während ihres Auftritts mit unerwartetem Sturm ein.

Roy Castle spielt hier den unbekümmerten und ignoranten Musiker mit einer Lockerheit, die die etwas dünne Story gut kaschiert. Die Musik ist beswingend, wie dessen Laune und die wenigen Geistereffekte, die auf die Erscheinung des Voodoogottes vorbereiten, zwar nicht ausgefallen, aber stimmungsvoll.

4. „Disembodied Hand“
Ein Kunstkritiker überfährt mit seinem Auto einen Maler, der ihn bloßstellte. Der Maler verliert bei dem Unfall seine rechte Hand und erschießt sich kurz darauf. Jedoch lebt seine abgetrennte Hand weiter und trachtet dem Kunstkritiker nach dem Leben.

Hier gibt es drei Hauptdarsteller, die diese Episode zur besten des kompletten Streifens machen: Christopher Lee, als selbstgerechter und überaus arroganter Kunstkenner, Michael Gough als Maler, der Lee mit seinem provokanten Lächeln in nichts nachsteht und natürlich die Hand.
Letztere ist erstaunlich gut in Szene gesetzt worden, sauber modelliert und halbwegs authentisch in den Bewegungen. Sie stellt so manche CGI-Hand neuerer Produktionen in den Schatten.
Die Story kennt man vielleicht schon aus „Die Bestie mit den fünf Fingern“, wo ebenfalls eine abbe Hand eine Bedrohung darstellt.
Der Verlauf baut eine stets wachsende Spannungskurve auf, die in einem nachdenklich stimmenden, bitterbösen Ende mündet.

5. „Vampire“
Ein junger amerikanischer Arzt kehrt mit seiner frischen Ehefrau in die Heimat zurück. Derweil stellt sein älterer Arbeitskollege bei einem jungen Patienten Symptome für Vampirismus fest und verdächtigt die frische Ehegattin.

Kein schlechter Abschluss der Episoden, auch wenn die Fledermäuse eher wie Papierfalter an Fäden wirken, so bietet die Auflösung der Geschichte doch eine kleine, böse Überraschung.
Donald Sutherland ist hier noch nicht der routinierte Darsteller und wirkt etwas unbeholfen. Er wird klar von Max Adrian an die Wand gespielt, der als undurchsichtiger Arzt eine gute Darbietung abliefert.
Nette Vampirgeschichte mit verblüffenden Momenten.

Am Ende der jeweiligen Deutung ziehen die fünf Fahrgäste jene Tarotkarte, die den Ausgang ihres Schicksals bestimmen wird und bei jedem ist es der Tod.
So stellt das Finale für Genrekenner keine sonderlich große Überraschung mehr dar, es wurde aber stimmungsvoll mit Nebel und kleinem Schockeffekt in Szene gesetzt.
Hier sei einmal die schauspielerische Leistung von Peter Cushing hervorgehoben, der als charismatischer Wahrsager lediglich einen strengen Blick aufsetzen muss, um zu überzeugen.
Aber auch von den übrigen Darstellern fällt niemand negativ auf, die etwas weniger bekannten Gesichter in den ersten beiden Episoden sind nur nicht so markant, bzw. bekannt.

Insgesamt stellt dieser altmodische Horrorstreifen immer wieder ein unterhaltsames und humorvolles Vergnügen dar.
Aufgrund der unterschiedlich ausgerichteten Episoden ergibt sich ein abwechslungsreiches Bild, das zwischen Monsterpflanze und Voodoogott auch klassische Elemente des Gruselns bedient.
Wer auf Hammer-ähnliche Schinken steht und Lee und Cushing gerne bei der Arbeit sieht, wird sich im Zugabteil von Dr. Schreck sicher angenehm unwohl fühlen.
Knapp
9 von 10 Punkten

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