Zu einer Unsitte Hollywoods gehört es nun schon seit Ewigkeiten originelle, ausländische Filme in der Traumfabrik zu lokalisieren und erneut auf den Markt zu werfen, egal wie künstlerisch wertvoll diese Masche auch ist. Ein misslungenes Paradebeispiel hierfür ist „Point of No Return“, der ziemlich fix, nämlich drei Jahre nach Luc Bessons europäischem Hit, der auch nicht perfekt war, jedoch seine Stärken und vor allem einen damals noch talentierten Filmemacher und Autor besaß, die amerikanischen Kinos erblickte. Im Vergleich zum Vorbild alles etwas teurer, pompöser und prominenter besetzter, aber deswegen noch längst nicht besser.
Denn zunächst halten sich die beiden Schreiberlinge Robert Getchell („This Boy's Life“, „The Client“) und Alexandra Seros („The Spezialist“) rein handlungstechnisch strickt an Bessons Vorlage, nehmen dem Stoff aber gleichzeitig auch seine europäischen Merkmale: Hart, düster, optisch urban, kalt und emotionell kam „Nikita“ daher. „Point of No Return” kann da nur verlieren, weil er wesentlich konsumorientierter gedreht wurde. Ich vergleiche ungern Original und Remake, aber hier kommt man kaum daran vorbei, weil die Zeitspanne so gering ausfällt und man offensichtlich nie ernsthaft versuchte der Geschichte neue Seiten abzuringen, sie zu ergänzen oder in eine andere Richtung zu lenken.
Deswegen erwächst „Point of No Return” auch nur zu einen Film für zwischendurch, einem Durchschnittsfilm eben. John Badham („Blue Thunder”, “Bird on a Wire”), ohnehin nie mehr als ein passabler Actionregisseur mit wenigen Geniemomenten gewesen, bereitet kreuzbrav die Vorlage nach bewährtem Muster auf, ohne irgendwelche inszenatorischen Risiken einzugehen oder eigene Ideen unterzubringen. Der Film bleibt definitiv ein überflüssiges Plagiat.
Als solches schlägt es sich immerhin passabel. Optisch, wenn auch stillos, auf der Höhe der Zeit, verfolgen wir den Werdegang von Maggie Hayward, einer Drogenabhängigen, die während eines Überfalls auf einen Supermarkt einen Polizisten erschoss und von der Regierung vor die Wahl gestellt wird: Entweder wartet der Tod oder ein Leben als Killerin im Auftrag der Regierung. Sie wählt das Leben und damit den Tod – der anderen.
Bridget Fonda spielt ihren Part solide, wenn auch glanzlos herunter. Die klasse Leistung von „Nikita“ - Darstellerin Anne Parillaud, die ihre, durch das Leben auf der Straße quasi selbst anerzogene, Abneigung gegenüber Regeln, Gesetz und Autorität, sowie offensichtlichem Misstrauen gegenüber allem Fremden, so eindringlich spielte, dass der Zugang zu ihrer tragischen Figur leicht viel, erreicht sie zwar nie, weil es ihr an Vermögen, sich mit ihrer Rolle zu identifizieren ganz offensichtlich immer wieder mangelt zwar nicht, aber sie wandelt zumindest auf ihren Spuren und liefert eine befriedigende Leistung ab, auch wenn ihr die Glaubwürdigkeit szenenweise abhanden kommt.
Das französische Original hatte darüber hinaus den Vorteil unverbrauchter Gesichter, während „Point of No Return” in jeder wichtigen Rolle bekannte Namen unterzubringen versucht. Als fast schon katastrophal erweist sich vor allem die Wahl von Harvey Keitel („From Dusk Till Dawn“, „U-571“) als Cleaner, der so angestrengt versucht irgendwie Jean Reno („Léon“, „Die purpurnen Flüsse“) in seinem relativ kurzem, dafür aber umso unvergesslicheren Auftritt zu überbieten, dass man ihn mal freundlich an der Hand aus der Reichweite der Kamera führen würde, um ihm sein Beileid auszusprechen.
Davon ab, bleibt man beim Altbewährten. Die Aufzuchtsstation für Rekruten sieht natürlich hollywoodlike moderner und technisierter, eben teurer aus, der schwache Score von Hans Zimmer will etwas temporeicher sein, doch grundsätzlich erleben wir wie aus dem drogensüchtigen, hinterhältigen Nervenfrack ein tödlicher Schwan wird, der lernt, mit seinen Reizen und seinen Manieren genauso gut umzugehen, wie mit Computern und tödlichen Waffen diverser Kaliber. Die Verwandlung bleibt Stückwerk ohne dramaturgischen Wert, wieder ein Minus gegenüber dem auch in diesem Punkt versierterem Original.
Ihre Sehnsucht nach Freiheit soll ihr rebellisches Verhalten nähren, doch Mentor Bob (Gabriel Byrne, ein würdiger Vertreter Tchéky Karyos) und Amanda (souverän: Anne Bancroft, „The Elephant Man“, „G.I. Jane“), ihre Anstandslehrerin, gelingt es sie vor dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Training, längst durch den alles überwachenden Boss signalisiert, zu retten. Es folgt der erste Auftrag, die Feuertaufe...
Die dann folgenden Aufträge sind souverän umgesetzt, auch wenn die verzweifelte Kaltblütigkeit Nikitas hier kaum noch zu erkennen ist. Blutige Shootouts, Explosionen, viele Tote, Gekreische und durchlöchertes Interieur zeigen ohnehin, dass es hier um die optischen Schauwerte geht und nicht um Nina selbst.
Die baut sich zwar mühevoll eine eigene Tarnidentität auf und lernt mit J. P. (Dermot Mulroney, „Young Guns“, „Copycat“) einen liebenswerten Freund kennen, für den sie auch bald einiges empfindet, aber ihr düsteres Berufsleben und damit auch der Konflikt zwischen Wahrheit, Identität, Leben, Leben lassen und Tod bleibt.
Hier, auf der Zielgeraden, löst sich das Remake dann von seinem Original und zwar nicht zum Guten. Die Romanze wird endlos aufgebauscht, Tragik weggeschlossen und der Job routiniert erledigt. Die Geschichte wird zu glatt und problemlos, das Lösen vom Job zu halbherzig und spät angegangen. Selbst als Bob vorbeischaut, weiß man aufgrund seiner vorangegangenen Handlungsweisen, das nichts schief gehen kann. Und weil das hier Hollywood ist, kann es auch nicht böse ausgehen. Dass final noch einmal deutlich an der Actionschraube gedreht wird und Nina sich gegen einer Überzahl aus einer Villa kämpfen muss, um dann selbst feststellen zu müssen, zum Abschuss freigegeben worden zu sein, vermag dann auch nur noch optisch zu punkten.
Fazit:
Wer das Original kennt, der sollte „Point of No Return” links liegen lassen, denn mehr als ein müder, zahmer Hollywoodabklatsch kommt hier nicht bei rum. Mit den namhaften Darstellern und einem höheren Budget sank auch das Mut zum Risiko, weswegen die Geschichte selbst auch zuschauerfreundlich umgestaltet wurde. Über sehenswerte Momente verfügt der Film nicht, auch wenn er solide inszeniert worden ist. Einer von denen, ohne die sich die Filmwelt auch weitergedreht hätte.