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Obwohl für Jean-Claude Van Damme der Durchbruch mit „Bloodsport“ ziemlich fix gelang, musste er noch ein paar Jahre auf durchgehende Kinogarantie warten. Sein „Kickboxer“, der letzte Bestandteil des 3-Filme-Kontrakts mit Cannon, war dann auch wieder ein leider sehr deutlicher Rückschritt, der neben den rar gesäten Fights, mit einem ganz anderen Riesenproblem zu kämpfen hat: Der Belgier kommt hier unglaublich gay rüber. Ob Grinsen, seine Klamotten, sein Schauspiel, Tanzeinlagen, Weinkrämpfe, der Umgang mit seinen Filmbruder - fast jede seiner Szenen außerhalb des Rings, strahlt er, ob gewollt oder nicht, einen gewissen homosexuellen Touch aus und macht sich zum Affen.

Die Story ist bei den frühen Van Dammes noch sekundärer als bei seinen späteren Filmen und stellt hier auch noch Van Dammes erste Gehversuche als Drehbuchautor da. Er spielt den seinen Bruder Eric (EX - IKF Full Contact Rules Heavyweight Champion Dennis Alexico) trainierenden Kurt Sloan (Van Damme). Zusammen ziehen sie um die Welt, um den Weltmeistertitel im Kickboxen zu verteidigen. Als der selbstsichere, überhebliche Eric aber nicht auf die Warnungen seines kleinen Bruders hört und in Thailand gegen den brutalen Tong Po (Michel Qissi, „Bloodsport“, „Kickboxer 2: The Road Back“) antritt, um als Krüppel aus dem Ring getragen zu werden, ist es mit der Herrlichkeit aus. Der verbitterte und erzürnte Kurt irrt auf der Suche nach Tong Po durch die Straßen Bangkoks und wird schließlich von dem Amerikaner Winston Taylor (Haskell V. Anderson III) zu Xian Chow (Dennis Chan, „Kickboxer 2: The Road Back“, „Kickboxer 3: The Art of War“) geführt, um im Mu-Tai unterrichtet zu werden. Der längst niemanden mehr ausbildende Meister nimmt, die Intention Kurts nachvollziehend, sich des nach Rache dürstenden Bruders an.

„Kickboxer“ hat einige exzellente Martial-Arts-Fights zu bieten, die hier im übrigen von Van Damme und Michel Qissi selbst choreographiert wurden – durchaus vergleichbar mit „Bloodsport“. Übrigens der vorletzte gemeinsame Film der beiden Prügeltalente, die seinerzeit zusammen auszogen, um Hollywood zu erobern. Zudem ist Qissi ein immens ausstrahlungsstarker und angsteinflößender Hüne, dem man nicht freiwillig über dem Weg laufen möchte, hier jedoch zuwenig Screentime bekommt. Weder der Härtegrad, die Länge der Kämpfe, noch die spektakulären Moves lassen zu wünschen übrig – wohl aber die Häufigkeit.

Denn zwischen dem schicksalhaften Fight zu Beginn und der finalen Klopperei herrscht akute Actionarmut. Zwar darf Kurt einen besseren Sparringspartner vermöbeln und in einer Kneipe ein paar Schlägern zeigen, was er so alles gelernt hat, doch das war es dann leider schon. Der Großteil des Films wird von der Ausbildung geprägt und von da gibt es leider nur Konventionelles zu berichten: Meditationsübungen und traditionelle Ausbildung mit archaischen Gerät. Würde Meister Xian Chow mit dezentem Humor das Training nicht etwas auflockern und hätten die beiden Regisseure Mark DiSalle („The Perfect Weapon“) und David Worth („Chain of Command“, „Shark Attack 2“) nicht ein paar atemberaubende schöne Tempellocations ausgegraben, würde „Kickboxer“ zu einer ganz drögen Angelegenheit verkommen. Die obligatorische Romanze mit Mylee (Rochelle Ashana, „Sword of Bushido“) unterstützt die Tatsache leider zusätzlich. Immerhin erfahren wir hier aber, warum Van Damme bis Ende der Neunziger den Spagat so gut beherrschte.

Natürlich kriegen die miesen Promoter von Tong Po spitz, dass Kurt unter den Fittichen von Xian Chow längst zum überdurchschnittlichen Kämpfer mutiert ist und lassen deshalb nicht nur seinen Bruder entführen, sondern auch Mylee vergewaltigen, um ihn zur Niederlage zu zwingen. So ist das Finale, dass dann auf die althergebrachte Art (also mit den berühmten, in „Hot Shots“ parodierten, mit Glassplitter gespickten Handbandagen) ausgefochten wird, zu Beginn eine einsilbige Sache. Aber wir wissen ja, dass alles gut ausgehen wird.

Auch wenn das DVD-Cover groß rumposaunt „Van Damme in seiner allerbesten Rolle“, ist „Kickboxer“ verglichen mit „Bloodsport“ oder auch späteren Produktionen nur unterer Durchschnitt. Die Kämpfe gegen Tong Po sind natürlich über jeden Zweifel erhaben, saubrutal, blutig, knüppelhart und sehr spektakulär gefilmt. Da schlägt das Herz des Kampfsport-Fans schon mal höher. Abseits der Prügelorgien, und davon sind eigentlich nur zwei nennenswert, ist „Kickboxer“ nur ein zu typischer Genrebeitrag, der sich kaum von ähnlich gelagerten Streifen der Achtziger abhebt – na ja, jedenfalls abgesehen von Gay Damme. Das Menscheln zwischen dem Bruder-Gespann oder der sich final zum Retter mit der dicken Wumme in der Not avancierende Schwarze (ein echt krasser Einfall..) sind dabei bisweilen unfreiwillig komisch, weil sehr naiv.


Fazit:
Durchschnittliches Prügelvergnügen mit zwei außergewöhnlichen Kämpfern, das abseits der kantigen Konfliktbewältigungen zu sehr das Tempo rausnimmt und bekannte Motive aufwärmt. Die Ausbildung jedenfalls zeigt nichts, dass man aus dem Genre nicht schon kannte und vor allem in östlichen Beitrag ähnlich zu oft gesehen hat. Bleiben zwei Superkämpfe, sympathische Darsteller, ein paar schöne Aufnahmen Thailands, die schon fast typische Mucke der Achtziger und ein ganz merkwürdiger Belgier.

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