“Writing a John Wayne picture would have been the highlight of my career. But he did dull fucking pictures like Cahill and The Train Robbers instead of a picture with Clint Eastwood. Can you imagine?” (Larry Cohen angesichts seines mehrfach von Wayne abgelehnten Drehbuchs zum deswegen nicht realisierten The Hostiles.)
Von den finalen Werken von John Wayne im Gewand des Westerns, die beiden noch zwischenzeitlich versuchten Abweichungen in das Genre des urbanen Polizeifilmes also ausgenommen, wird der vorliegende Cahill U.S. Marshal in der ganzen Reihe der sowieso recht strauchelnden Arbeiten noch mit am Wenigsten wertgeschätzt. Chisum ist an der Kasse gut gelaufen, Big Jake hat sein Vatermodell und ein ausnahmsweise gewalttätigeres Ende, das neben dem vergleichsweise ungewohnten The Cowboys und dessen ebenso blutigem Showdown die Zeichen der Zeit neu liest und auch so interpretiert. Rio Lobo hat die Eingliederung und damit die Ehrenrettung in die Belagerungs-Trilogie und ist zudem das letzte Howard Hawks Werk, Rooster Cogburn die einmalige Paarung mit Hepburn und das Sequelgeschehen, und The Shootist steht natürlich außen vor. Nur Cahill. Cahill hat im Grunde nichts. Was so womöglich gar nicht stimmt, alleinherrschende Meinung und so negativer Konsens aber ist:
US Marshall J.D. Cahill [ John Wayne ] hat gleich zwei Probleme, und die tragen Beide auch seinen Nachnamen. Während seiner Abwesenheit auf Verbrecherjagd, die mittlerweile Normal- und nicht mehr Ausnahmezustand geworden ist, haben seine beiden Söhne Danny [ Gary Grimes ] und Billy Joe "Budger" [ Clay O'Brien ] bei einem Banküberfall daheim aktiv mitgeholfen (Ablenkung verursacht, Schmiere gestanden, Beweise beseitigt und versteckt) und wurden so auch unfreiwillig Mittäter eines zweifachen Mordes, an dem spät einschreitenden Sheriff und seinem Gehilfen nämlich. Die eigentliche Raub- und Mordbande bestehend aus Abe Fraser [ George Kennedy ], Struther [ Morgan Paull ] und Brownie [ Dan Vadis ] setzt die nunmehr verstockten Heranwachsenden auch entsprechend unter Druck, kann sie allerdings nicht komplett als leidiges Übel ausschalten, da nur Billy Joe vom Versteck des Geldes weiß. Der mittlerweile zurückgekehrte Cahill, auf die falsche Spur gesetzt, stöbert zusammen mit dem Fährtenleser und Halbblut Lightfoot [ Neville Brand ] ganz in der Nähe auch eine sich verräterisch verhaltenden Truppe mit massig Wertsachen anbei auf, beteuern diese aber ihre Unschuld, was vor allem den mit seinem Vater mit gerittenen Danny aufgrund des Wissens darum schwer zu plagen scheint.
Cahill hat natürlich Wayne selber in der (scheinbaren) Hauptrolle (und tatsächlichen Nebenrolle); ein alternder Star, der seit längerem schon mit Krankheiten und anderen auch persönlichen und finanziellen 'Wehwechen' zu kämpfen hatte – neben der Operation aufgrund Lungenkarzinoms und der Entfernung eines Lungenflügels war auch die Bandscheibe seit längerem angeschlagen, die Schulter mehrfach verletzt und im Grunde der Körper den Tribut des fortgeschrittenen Alters bereits vorzeitig und im Extrem zahlend –, und der Lebensabend selber dadurch und den rapiden Tod zahlreicher langjähriger Mitstreiter und Freunde recht vergällt. Zudem wurde die Einnahmen der letzten zwei Jahrzehnte durch unfähige Investments seitens ebensolcher Berater drastisch im Erlös reduziert bzw. auf ein Nichts negiert, und stand die dritte Heirat seit längerem auf der Kippe, was nicht unbedingt förderlich für einen sowieso angeschlagenen, zweifelnden, traurigen Mann, mit den besten Zeiten längst hinter sich ist.
Wayne musste und wollte weiterhin arbeiten, so dass keine Ruhepause drin war und auch kein allzu gutes Gespür oder Zeit für Sorgfalt in der Auswahl; angefangen von der Wahl des Wegbegleiters Andrew V. McLaglen als hauptsächlichen Regisseur, der andere langjährige Mitstreiter zu dem Ausspruch veranlasste, dass man nunmehr immer nur den gleichen Film und nicht unbedingt den besten dreht.
McLaglen als Liebhaber von und Fachmann für Western, ja, aber weder in der Inszenierung noch der persönlichen Dramaturgie ein herausragender Mann – dafür einer, der Waynes Mitspracherecht in der Regie und sein Gehabe am Set tolerierte bzw. sich dem fügte, wofür andere Kollegen wie Burt Kennedy oder Don Siegel nicht bekannt sind, was dann wiederum den Star und Produzenten stört – , und einer, der einerseits ruhig arbeiten konnte und andererseits auch mal größere Bilder gerade in den Actionszenen fand, dem die Geschichte drumherum aber weitgehend egal ist und diese auch so unauffällig, hübsch altmodisch quasi formuliert. Ein Handwerker, vom Fernsehen kommend und dies trotz mehrerer Großprojekte und Big Budget Geschehnisse zuvor und danach auch gedanklich nie richtig verlassen hat, und sich im einfachen, im profanen Erzählen und der so genannten ehrlichen Unterhaltungskunst von der kleinen Farm in der Prärie aus quasi sichtlich wohlfühlt; was im Jahre 1973 und seiner groben Blutrünstigkeit aber nicht mehr unbedingt das Maß der Dinge ist. [Positiv für die ursprünglich Wednesday Morning betitelte Produktion blieb McLaglen aber zwei Wochen und 600.000$ unter dem ursprünglichen 4.4 Mio USD Budget.]
Ebenso wie Wayne sein angestammtes Territorium und sein Weltbild gegen die neue Missachtung rechtfertigt – die Arbeiten anderer Leute wie Eastwood oder Peckinpah fand er zu gewalttätig und auch verbal zu obsessiv, und im gewählten (Lieblings)Drehort Durango, Mexico wurde jeder Zentimeter gegen die dort auch Bilder schießende Crew von Pat Garrett and Billy the Kid mit Händen und Füßen verteidigt und quasi allein für sich reklamiert und okkupiert – , so handelt auch der Film von der Geschichte drohender Veränderung und dem Vermeiden wollen von Unheil durch das Bewahren und Beharren auf Moral und Anstand. Ein Konflikt vor allem auch der Generationen, die hier nach einer einleitenden und im Grunde unabhängigen Eröffnungsszene im nächtlichen Winterwald und der Erschießung bzw. Gefangennahme von mehreren flüchtigen Kriminellen den Hauptplot darstellt und damit auch das wahre Leben widerspiegelt. (Wayne, durch seine mehrere Ehen auch selbst Vater verschieden alter und von unterschiedlichen Müttern gezeugter Kinder hat nach außen hin immer den gut sorgenden Patriarchen und die heile Familie gegeben, hatte wie viele andere schwer arbeitende und oftmals abwesende Menschen schlichtweg auch daheim das Problem mit der Erziehung und der übermäßig vollzogenen und so auf wenig Gegenliebe treffenden Autorität.)
Aufbauend darauf wird hier neben dem Kampf gegen die kriminelle Natur (vertreten vom erst leise und geradezu gemütlich scheinenden, sich dann aber zur vollen Statur erhebenden und mit Augenrollen und Buh!-Reden drohenden und aus dem strömendem Regen wie der Beelzebub hervorspringenden Kennedy) auch und vor allem die Beziehungen zwischen Vater und Söhnen in Augenschein genommen, was anfangs auch durchaus auf einfache Art und Weise sicherlich, aber mit besseren Dialogen und Schauspiel als (angesichts der verheerenden Kritik) erwartet auch gelingt. Das moralische Dilemma des älteren Sohnes, der gleichzeitig in das Verbrechen selber mit verstrickt und somit mit schuldig war, nun aber mit der Unversehrtheit seines jüngeren Bruders erpresst wird und trotzdem noch ein Gerechtigkeitsempfinden und Skrupel besitzt und so nicht einfach aus der Lamäng heraus unschuldige Bauernopfern als Ablenkung liefern kann, ist sogar recht gescheit implementiert; quasi die Übertragung des aus Krimidramen und Psychologischen Thriller bekannte Motiv des Geistlichen, der a) sein Gott gegebenes Schweigegelübde einhalten muss und b) damit einen Mörder deckt und weitere Untaten riskiert und provoziert.
So richtig Schwung in der Geschichte ist dadurch allein natürlich nicht, wird sich auch eher im Kreis gedreht und mehr gesprochen als körperliche Aktion generiert. Helfen tun solide Darsteller, der für die Siebziger ungewohnte Ansatz, der an zwei Jahrzehnte älteres Westernkino um Randolph Scott oder Fernsehfolgen mit James Arness erinnert, und der Blick auf einen windschiefen Friedhof bei dunkler Nacht, der als gespenstisches Vehikel für das Vorgeplänkel des nun bald fälligen Showdown (vor einem schicken zweigeteilten Bergwerksschacht) und wo die Gegend mal nicht so arg friedlich konserviert scheint.