Alternative Realitäten, Träume und eine Zeitschleife stehen im Mittelpunkt des Debüts der Gebrüder Crook.
„Gruesome“ versucht erst gar nicht, über sein geringes Budget hinwegzutäuschen, sondern setzt mit Erfolg auf ein Storypuzzle, dessen Gesamtbild sich dem Zuschauer mit einem finalen Plot-Twist erschließt.
Das Konzept der Geschichte erinnert dabei ein wenig an „November“: Abläufe, Geschehnisse wiederholen sich mehrfach mit kleinen oder größeren Veränderungen.
Im Mittelpunkt steht Claire, die immer wieder den gleichen Alptraum erlebt. Nach der Nachtschicht in der Tankstelle holt sie nicht ihr Freund, sondern ein Unbekannter in dessen Truck ab, fährt sie zunächst heim, um ihr kurz darauf bei vollem Bewusstsein die Gesichthaut abzuziehen. Später stellt sich heraus, dass der Fremde ein Mörder war, der bereits vor einigen Tagen von der Polizei erschossen wurde. Aber warum erlebt Claire diesen Alptraum immer wieder und wieder?
Wähnt man sich zu Beginn noch in einer Art „Und täglich ziehe ich dir die Gesichtshaut ab“, fällt es dem Zuschauer im Verlauf immer schwerer, zwischen Traum und Realität zu unterscheiden. Claire schläft kurz ein, nicht zuzuordnende Bilder tauchen auf, sie erwacht an anderer Stelle und der Vorgang beginnt erneut.
Neugierig verfolgt der Zuschauer das Geschehen, sammelt Hinweise, kleine Symbole, wie den Ohrring, den Claire bei einer der Attacken des Killers verliert, versucht die Funktion ihrer Mutter zu entschlüsseln, die in einer Szene merkwürdig abweisend im dunklen Keller ihres Hauses steht und deutelt vor allem daran, warum Claire die Gesichtshaut abgezogen wird.
Dann gibt es da noch ihren Boyfriend, dessen Wagen nie anspringt, einen verlassenen Schrottplatz, einen Überfall in der Tankstelle, Nachforschungen in der Bibliothek, Flucht zur besten Freundin und ganz am Ende natürlich die überraschende Erklärung für all das.
„Das einzige was real ist, ist das, was du fühlst“, gibt wohl am ehesten Aufschluss über die Auflösung, die im Vorfeld nicht unbedingt so zu erahnen war, wenn auch in Ansätzen, da sich in letzter Zeit nahezu alle ähnlich gelagerten Filme so aus der Bredouille zogen.
Im Anschluss denkt man noch einmal über nachvollziehbare Zusammenhänge nach, prüft das Script auf Logikfehler und stellt fest, dass man sich bei DER Auflösung durchaus einige Patzer erlauben darf, denn einige Aspekte erscheinen hier in der Tat zu vordergründig, um nachhaltig Sinn zu ergeben.
Dafür ist die Inszenierung recht ansehnlich ausgefallen, die Atmosphäre mutet in einigen Passagen nahezu surreal an, die Kulissen wirken oft trist und einsam, einige Schauplätze, wie ein braches Feld, bringen wiederum eine unheimliche Bedrohung mit sich, während scheinbar alltägliche Räumlichkeiten wie ein Keller, die Tankstelle oder eine schmutzige Baracke zu alptraumhaften Orten umfunktioniert werden.
Auch wenn die Kamera zuweilen nicht immer sauber arbeitet und die Sets nicht immer vorteilhaft ausgeleuchtet wurden, so schaffen es die Regiebrüder doch, dem Gesamtbild eine handwerklich sorgfältig durchdachte Note zu verleihen.
Dazu trägt der auffallend vielseitige Score ebenso bei, wie einige gefällige Songs, nur sind diese manchmal ein wenig deplaziert und rauben dem Geschehen ein wenig von der düsteren Stimmung.
Passabel bis gut sind auch die Darsteller. In der Hauptrolle fungiert Lauren Currie Lewis, die ihre Sache für einen ihrer ersten Einsätze vor der Kamera ordentlich meistert und äußerlich stark an Alicia Silverstone erinnert.
An DSDS-Sänger Tobias Regner wiederum erinnert Chris Ferry, der als unheimlicher Killer einen sauberen Auftritt hinlegt und mit düsterer Ausstrahlung punkten kann.
Letztlich ist „Gruesome“ mal wieder ein Film zum Mitdenken und puzzeln geworden, einer, der aufgrund diverser Ungereimtheiten bei Laune hält, dem Titel gemäß nicht allzu viele Grausamkeiten explizit im Bild festhält und eher auf Alptraumvorstellungen, denn auf Folter setzt, auch wenn das Cover die komplette Hostel-Fraktion anlocken möchte.
Und erscheint nach all der Verwirrung das Ende ein wenig enttäuschend, möge man noch einmal über den Begriff „Teufelskreis“ nachdenken.
Trotz einiger logischer Schwachpunkte ein sehenswerter Beitrag,
7 von 10