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Zuletzt drehte Guillermo del Toro mit „Blade 2“ und „Hellboy“ zwei flotte Hollywoodactioner mit Fantasyeinschlag, mit dem auf spanisch gedrehten „Pans Labyrinth“ kann er seine Vorliebe fürs Phantastische komplett ausleben.
Der Hintergrund dieses Märchens für Erwachsene ist jedoch ernst: Nach der gewaltsamen Etablierung des Franco-Regimes in Spanien kämpfen Rebellen in den Bergen gegen die Regierungstruppen. In einem solchen Außenposten will sich auch der ehrgeizige Faschist Capitan Vidal (Sergi López) bewähren und lässt seine schwangere Frau Carmen (Ariadna Gil) zu sich kommen, die ihre Tochter Ofelia (Ivana Baquero) aus erster Ehe mitnimmt. Damit bringt „Pans Labyrinth“ eine Ernsthaftigkeit mit, die das Ganze weitaus weniger locker als artverwandte Erzählungen macht.
Der Gesundheitszustand der Mutter ist schwer angeschlagen, Gewalt umgibt Ofelia und Vidal ist alles andere als sympathisch. In dieser Situation folgt sie nur zu gerne einer Fee, die in ihr Zimmer schwebt und sie zu dem Faun Pan bringt. Dieser erklärt ihr sie sei die Reinkarnation einer Prinzessin und werde in ihr Königreich eintreten können, wenn sie drei Aufgaben löse...

Rein optisch ist „Pans Labyrinth“ ein Hochgenuss, denn hier kann Guillermo del Toro seine Vorlieben vollkommen ausleben ohne sie wie bei vorherigen Arbeiten Hollywood unterordnen zu müssen. Zwar werden die phantastischen Elemente sparsam eingesetzt, doch die Kreaturen und Welten, die Ofelia bei ihrem Abenteuer trifft, sind stets wunderbar in Szene gesetzt und zeugen vom Einfallsreichtum wie von der Sorgfalt der Effektspezialisten: Pan, die Feen, ein Wesen, dass seine Augen in seine Hände einsetzt, eine Riesenkröte usw. – alle diese Kreaturen könnten aus Märchen stammen, jedoch aus keiner knuffigen Kinderfabel, sondern die Artverwandtschaft zwischen Märchen und Horror zeigt sich in diesen Kreationen.
Weitaus mehr Zeit verbringt „Pans Labyrinth“ jedoch außerhalb der Fantasygefilde, erzählt von der kleinen Ofelia und vom Bürgerkrieg. Gerade Ofelias Schicksal erzählt del Toro recht bewegend: Den neuen Ehemann der Mutter kann sie als Vater nicht akzeptieren, zumal diesem eh nur die Geburt seines Sohnes wichtig ist (selbst wenn Carmen dabei draufgehen sollte), die Mutter stellt sich aus Not zu Vidal und sie erlebt täglich das Leiden mit. Ihre Versuche die Prüfungen zu erfüllen und damit dem Elend entfliehen zu können, werden als kindische Einfalt interpretiert, machen die Sache nicht einfacher. Einfühlungsvoll berichtet „Pans Labyrinth“ davon wie schwer das Kindsein in solch einer Zeit ist und gerade das Ende des Films fällt sehr emotional und bewegend aus.
Eng mit Ofelias Schicksal verwoben ist die Geschichte von Faschismus und Widerstand. In Vidals Haushalt gibt es Spione der Rebellen, schön daran zu erkennen, dass es die nettesten der Angestellten sind. Diese sabotieren, wo sie können, unterstützen die Widerständler mit Nahrung, Medizin und Informationen, womit sie sich selbst in Gefahr begeben. In diesen Passagen ist „Pans Labyrinth“ hart und ernst, denn krasse Szenen wie Folter oder Exekutionen durch die Faschisten vergegenwärtigen den Terror des Regimes immer wieder. Kurze Sabotageakte und Kampfhandlungen bringen zudem Schauwerte, driften aber nie in den Bereich oberflächlicher Action ab.

Doch trotz all dieser Qualitäten will sich „Pans Labyrinth“ (zumindest bei mir) nie wie das ganz große Meisterwerk anfühlen, was in diesem Falle wohl wieder eine persönliche Sache ist. Denn die Geschichte, die über zwei Stunden ohne Längen erzählt wird, ist im Grunde genommen eher simpel. Sicher ist das Schicksal einiger Figuren unvorhersehbar, teils auch überraschend, vieles aber auch so simpel wie Märchen nun mal sind. Dass Ofelia eine Chance bekommt, obwohl sie eine Prüfung beinahe vergeigt, ist z.B. sonnenklar.
Darstellerisch kann man an „Pans Labyrinth“ nicht meckern, gerade Ivana Baquero ist für eine Kinderdarstellerin wirklich sehr gut und nervt im Gegensatz zu vielen anderen Vertretern dieser Spezies kein bisschen. Vom Rest ist vor allem Maribel Verdú als Haushälterin sehr überzeugend und auch Sergi López gebührt Respekt dafür, wie er seiner leicht klischeebehafteten Rolle (stets perfekt rasiert und gekämmt, mit wenigen Ausnahmen stets kaltblütig wie kaltschnäuzig) sehr viel Leben und Charisma verleiht. Jedoch auch der Rest der Schauspieler leistet durch die Bank weg gute Arbeit, Ausfälle sind gar keine zu verzeichnen.

„Pans Labyrinth“ ist wunderbar inszeniert, sowohl was die optisch beeindruckende, sparsam eingesetzten Fantasyparts als auch die rührende Schilderung des Lebens der kleinen Ofelia angeht. Jedoch will sich bei mir nie so ganz das Gefühl des wirklich großen Wurfs einstellen, dafür ist Guillermo del Toros Erwachsenenmärchen dann erzählerisch vielleicht nicht ausgefeilt genug. Sehenswert aber auf jeden Fall.

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