Je höher die Erwartungen, desto tiefer der Fall. "Pans Labyrinth" wirbt zwar mit unzähligen Festivalpreisen und Oscar-Nominierungen, entpuppt sich aber als unausgegorene Mischung aus Fantasy-Märchen und Kriegsdrama.
Im Spanien des Jahres 1944 bekämpfen Rebellen die Truppen des Diktators Franco. Die kleine Ophelia, mit ihrer Mutter im Hauptquartier des örtlichen Faschisten-Hauptmanns Vidal lebend, begibt sich nur zu gerne auf einen Weg durch ein Steinlabyrinth, der in einen tiefen Schacht führt. Dort begegnet sie einem seltsamen Fabelwesen, das ihr ihre wahre Herkunft erläutert, und von ihr verlangt, drei Prüfungen abzulegen. Nur dann könne Ophelia wieder die Welt verlassen und als Prinzessin leben...
Bereits nach einer halben Stunde erkennt man die grundsätzliche Problematik dieses Films. Irgendwie wollten Autor und Regisseur sowohl ein Fantasy-Märchen für Erwachsene bieten, als auch ihren Teil zur spanischen Vergangenheitsbewältigung leisten. So schwenkt der Film laufend zwischen Ophelias Erlebnissen und der harten Realität des Bürgerkriegs hin und her. Ophelias Abenteuer sind dabei eigentlich die interessanteren: Hier begegnet man fantasievoll gestalteten Wesen, die Ausflüge in Höhlen und Gemäuer sorgen für relativ brauchbare Spannungsmomente. Der Handlungsstrang um Hauptmann Vidal, Ophelias Mutter und die Haushälterin Mercedes, die die Rebellen unterstützt, ist hingegen vollgestopft mit plakativer, nutzloser Gewalt, die in keiner einzigen Szene vonnöten wäre. Leider wird im Lauf des Films der Fantasy-Anteil drastisch zurückgeschraubt, stattdessen ertränkt die Regie den Film in Folter, Exekutionen und Blut.
"Pans Labyrinth" weist neben dieser unglücklichen Handlungsentwicklung auch einige gravierende Storylücken auf, die sich doch deutlich auf die gesamte Qualität des Films auswirken. Zwei möchte ich nennen:
Der Pan weist Ophelia an, nichts vom Tisch des Kinderfressers zu essen. Die bis dahin so pflichtbewusste Ophelia vergisst, oh Wunder, natürlich ihre Aufgabe, nur um eine poplige Weintraube zu naschen (schön, der Trip war bis dahin auch nicht sehr aufregend) ...
Dann die Sache mit dem Lagerhausschlüssel. Die Rebellen bomben zwar das gesamte Lager in Schutt und Asche, das Lager öffnen sie aber dann doch manierlich mit dem Schlüssel, den ihnen Vidals Haushälterin Mercedes beschafft hat. Dass die dann natürlich unter Generalverdacht steht, und letztlich deswegen auffliegt, zeugt nicht gerade von hoher Intelligenz auf Rebellenseite...
Optisch verliert der Film wegen der oben beschriebenen Schwerpunktverlagerung deutlich an Reiz. Der Pan ist eine kreative und gelungene Schöpfung, auch der Menschenfresser hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Über den Frosch und die Feen muss man nur ein Wort sagen: lächerlich. Den Schauspielern nimmt man ihre Rollen ab, technisch gesehen lässt die Inszenierung nichts zu wünschen übrig. Dass weite Teile der Handlung aus Kindessicht gezeigt werden, mag der FSK als Vorwand für die 16er-Freigabe genügt haben, dennoch handelt es sich bei "Pans Labyrinth" ganz klar um Unterhaltung für Erwachsene.
Fazit:
Nicht Fisch, nicht Fleisch. "Pans Labyrinth" könnte ein außergewöhnlicher Fantasyfilm sein, wenn die Produktion dies wirklich gewollt hätte. Die simple Kriegsthematik mit ihren unnützen Gewaltausbrüchen überzeugt einfach nicht, wird aber derart in den Vordergrund geschoben, dass man Ophelia phasenweise völlig vergisst. Und das ist schlecht, denn das ist die Hauptfigur. Der Film bringt seine Handlungsstränge nicht unter einen Hut, und sorgt für viele Augenroller, statt für Spannung. Mit solchen formal ambitionierten Filmen gewinnt man sicher viele Preise, aber erreicht nur wenig Leute.
3/10 Punkten.