Review

"Pans Labyrinth" ist mit Sicherheit kein Familienfilm, und auch in keinster Weise (Gott-sei-Dank) vergleichbar mit leider eher hirnlosen Fantasy-Adaptionen á la "Herr der Ringe" und "Der König von Narnia". Eher standen hier Lewis Carrol, Künstler wie Goya und vielleicht auch ein klein wenig Edgar A. Poe Pate (die Pale-Man Episode erinnerte mich ein wenig an die Geschichte, in der die Seuchen der Menschheit um einen reich-gedeckten Tisch herumsitzen). Auch wenn es hier in der OFDB von guten Reviews nur so wimmelt, lassen sich im Internet auch viele negative Kritiken finden.

Ich möchte darum hier nicht auf den Film an sich eingehen, dass haben eh schon genug getan, und ich habe dem Ganzen nichts hinzuzufügen, sondern auf die möglichen Kritik-Punkte (Wer den Film noch nicht gesehen hat und einfach nur mal meine Meinung dazu lesen möchte, sollte bis zum fettgedruckten runterscrollen).


Dass dieser Film auf derart geteilte Meinung stößt wundert mich  ein wenig, hatte ich doch während des Kino-Besuchs zu keiner Zeit den Eindruck irgendjemanden könnte dieser Film nicht zutiefst berühren. Gerade weil das gesamte Publikum noch den Abspann aussaß, so tief schien "Pans Layrinth" noch in den Köpfen der Zuschauer nachzuwirken.

Dass, wie manche feststellen, sich die anschließenden Diskussionen z.T. nur auf die im Film dargestellte Gewalt beziehen, führe ich auf eine gewisse Art der Verlegenheit zurück; wer lässt schon soviel Emotion zu, zuzugeben beinahe zu Tränen gerührt gewesen zu sein.

Die Vergleiche (oder Plagiatsvorwürfe) zu "Star Wars" übrigens, hinken, hat eben dieser sich doch ausgiebig an alten Sagen und Märchen bediehnt (siehe: "A long time ago, in a Galaxy far far away ..."). Das wäre wie Andersen vorzuwerfen seine Märchen seien von den Gebrüdern Grimm geklaut, nur weil manche mit "Es war einmal ..." beginnen.

Natürlich wird, vll. das größte Manko des Filmes, Gewalt zum Teil nur des Selbstzweckes wegen gezeigt. Vor allem fällt in diesem Zusammenhang die Szene ein, in der Vidal seinen "Joker"-Mund langsam und zelebrierend wieder zusammennäht. Dennoch kann man (bis auf diese eine Szene) all das als Stilmittel sehen. Deutlich sollte werden, dass die eigentlich grausame und düstere Märchenwelt in die sich die kleine Ofelia flüchtet nichts verglichen mit der harten Realität aus der sie zu entkommen versucht. Mag sein dass ein weiterer Grund del Toro´s frühere Arbeiten in der Maske waren. Und mal ganz im Ernst, wer von den blutigen Szenen überrascht der angeekelt war, hätte sich vor seinem Kinobesuch vielleicht mal Gedanken über die FSK 16-Freigabe machen sollen. Ausserdem ist mir ein wenig Blut zwischendrin fast noch lieber als etwa Toro´s eher biederes (nichtsdestotrotz gutes) Vorwerk "Devil´s Backbone. Aber das ist nur die Meinung eines Gorehounds :)

Warum diese Welt, in die sie sich flüchtet auch grausam ist ? Erinnern wir uns zurück an die Zeit in der wir klein waren. Waren unsere Fantasien unsere Spiele harmlos, Friede-Freude-Eierkuchen ? Oder stellten wir uns nicht auch grausige Monster vor, gegen die wir in den Kampf zogen, mit denen wir aber evtl. auch befreundet seien wollten ? Das alles ist nicht un- sondern viel mehr zutiefst logisch, ausser wir haben die Augen vor allem verschlossen und mit unserer Barbie-Puppe schonmal versucht kleiner Erwachsener zu spielen. Nein die kindliche Fantasie ist zum großen Teil von Grausamkeit geprägt. Sei es wegen der Märchen die wir gelsen oder gehört haben, sei es das Fernsehen, sei es aber auch nur deshalb, weil wir unsere Ängste in der Fantasie ausleben konnten und mit all dem fertig zu werden in der Lage waren.

Ein anderer Kritikpunkt der häufig auftaucht lässt sich ebenso gut erklären. Vidal tut alles um einen Stammhalter in den Armen zu halten. Warum also lässt er seine hochschwangere Frau die Strapazen auf sich nehmen zu ihm zu kommen, und das auch noch in ein Gebiet in dem fast schon Bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen? Die Antwort gibt er selbst: Sollten Komplikationen auftreten - im Zweifelsfall für das Kind entscheiden und nicht für die Mutter! Hätte sich ein Arzt in der Stadt auch für diese Lösung entschieden ? Oder ist es nicht zu 100% sicher, dass seine Befehle befolgt werden, solange der verantwortliche Arzt ihm hörig, und im Zweifelsfall von ihm überwacht werden kann? Nur so kann sich Vidal definitiv sicher sein, dass seinem Wunsch entsprochen wird.

Andere vermeintliche Fehler lassen sich meist durch den metaphorischen Bezug, aus dem der Film zu keiner Zeit einen Hehl macht, begründen. Der Film ist eine Parabel, wenn wir den Faun als Geißbock sehen, könnten wir auch von einer Fabel sprechen, somit musste Ofelia den Schlüssel in eben dieses Schloss stecken, das dem des Schuppens wie ein Ei dem Anderen gleicht. Das die Rebellen eben jenen Schuppen nicht sprengen, sondern aufschließen und somit letztlich ihre Tarnung zerstören mag nicht logisch, nicht sinnvoll scheinen, muss allerdings als dringend nötiges Stilmittel, den Bezug der Fantasie- auf die Real-Welt aufzuzeigen, gesehen werden.

Die manchmal Schachbrettartig-wirkende Einteilung in Schwarz und Weiß der Figuren (die nicht ganz so klar ist, betrachtet man sie einmal genauer) ist einer der wichtigsten Bestandteile der Märchen-Kultur und spiegelt nur die Sicht der Person wieder, die uns durch den gesammten Film führt, nämlich die ein kleines Mädchens, das erst entdecken muss, dass es nicht nur Gut und Böse, sondern auch verschiedenste Facetten von Grau in der Welt gibt. Als Beispiel dafür dass die Einteilung ins Gut-Böse-Muster nicht ganz so leicht fällt, erwähne ich hier f.e. die Szenen in denen man gegen Ende sieht dass sich die Partisanen und Widerständler in keiner Weise in ihren Grausamkeiten von den Faschisten unterscheiden. Erschießen sie doch die verwundeten Feinde mit der selben Gefühlskälte die man noch eine halbe Stunde später bei den Franco-Anhängern sah.

Klar bleiben ein paar Mankos über, die sich nicht so leicht erklären lassen.

Warum um alles in der Welt isst diese Kleine nur diese verdammten Traube (dass in der ersten Version hier etwas von einem Apfel stand *g*, da war wohl eher der Wunsch Vater des Gedanken)? Als erstes fällt hier natürlich der Vergleich zu einer uns doch allen recht bekannten Geschichte ein, die Schöpfungsgeschichte nämlich in deren Verlauf ja Adam und Eva im Garten Eden einwenig Fallobst naschen, dass es bei dieser Szene, sollte sie tatsächlich als Anlehnung an dieses christliche Motiv gedacht sein, keine Schlange gibt sondern, ganz im Gegenteil, einige Feen die sie sogar warnen, will sich mir nicht erschließen. Andererseits, mal ehrlich, wäre doch auch traurig gewesen, hätte der gute Pale-Man nicht die chance gehabt seinen kleinen Auftritt zu absolvieren ;)

Desweiteren ist der *SPOILER* finale Todesschuss im Gegensatz zu sämtlichen vorher gesehenen Gewalt-Szenen nicht mal mehr unterstes Mittelmaß, sondern schlichtweg schlecht gemacht, etwas weniger digital, stattdessen mehr Handarbeit wären hierbei schon wünschenswert gewesen, gerade ihm hätte ich einen schön miesen Tod gewünscht . Aber meist kriegen ja die Bösen eh nicht das was sie verdiehnen (siehe Hitler)*SPOILER ENDE*.. 

Meiner Meinung nach ein sehr guter, sehr schöner und melancholischer Film, der noch lange nachwirkt und beim Nachsinnieren sogar noch ein wenig an Qualität hinzugewinnt. Auch wegen der ständig präsenten Symbolhaftigkeit. Hinzukommen die ausgesprochen atmosphärischen Settings, eine hinreißende Hauptdarstellerin, die einwandfreie Maske, ein wunderschöner Soundtrack und grandiose Kamerafahrten, die zurecht mit dem Oscar prämiert wurden. Ebenso positiv fand ich das interpretierbare und zutiefst traurige Ende, das mal wieder zeigt dass man nicht wirklich á la Hollywood mit dem Holzhammer auf die Tränendrüse drücken muss um eine Emotion beim Zuschauer zu erzeugen. Dabei denke ich v.a. an das Ende von Tim Burton´s "Big Fish" das zwar äusserst ähnlich, im Vergleich zu "Pans Labyrinth" dennoch qualitativ meilenweit hinterherhinkt.

Wer sich auch nur ein klein bisschen kindliche Fantasie und Naivität bewahrt hat und vor dem historischen Anspruch nicht zurückschreckt sollte sich diesen Film ansehen, und zwar unbedingt im Kino. Natürlich sind keine Massenschlachten, und kein Epos wie "HdR" oder meinetwegen sogar "Wächter der Nacht" zu erwarten, doch all diesen bombastischen Firlefanz hat "El labyrinto de Fauno" gar nicht nötig, dazu ist er zu tiefsinnig, zu metaphorisch und hat einfach zuviel Seele, eine Eigenschaft übrigens die Peter Jackson leider bei all seinen Filmen missen lässt, hat er sie doch bei der Realisierung, niemals jedoch in seinen Geschichten oder deren Figuren. Seit langem mal wieder ein richtig schöner angenehmer Film.

8,5/10

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