Exposition:
Dieser zunächst etwas krude erscheinende Genremix „Pan´s Labyrinth" soll also der Nachfolger von „Die fabelhafte Welt der Amélie" sein? Was sich zunächst wie ein hanebüchen absurder Vergleich zwischen zwei beinahe unvereinbaren Filmen anhört, gewinnt dann an Kontur und Plausibilität, betrachtet man die internationale Reputation beider Werke. „Amélie" wurde 2001 für fünf Oscars nominiert (und ging letztendlich unverdientermaßen leer aus), „Pan´s Labyrinth" nun mit derer sechs - für nicht-englischsprachige Filme ist das ein seltenes Ereignis, mit so vielen Nominierungen für den begehrtesten und wichtigsten Filmpreis der Welt bedacht zu werden. Auch in der IMDB schoss „Pan´s Labyrinth" mit einer Durchschnittsbewertung von 8,5 sofort in die Top 100 der besten Filme. Wer jedoch nun konstatiert, dass es sich hierbei zwangsläufig um ein Meisterwerk handeln muss, der irrt. „El Laberinto del Fauno" - so der Originaltitel - ist ein gelungener Film, weißt jedoch einige Schwächen auf.
Die Story:
Spanien 1944: Während die letzten Partisanen in den spanischen Bergen verzweifelt gegen die Faschisten kämpfen, wird das verträumte Mädchen Ofelía (Ivana Baquero) zu ihrem Stiefvater, Hauptmann Vidal (Sergí López), einem rohen Sadisten, gebracht. In den starken Restriktionen und der allgemein angespannten Situation kommt Ofelía Abwechslung in Gestalt eines Pans, einer gnomähnlichen Gestalt, gerade recht. Dieser verspricht ihr, als Prinzessin in ihr Königreich, welches sie vor langer Zeit verließ, zurückkehren zu können, sollte sie drei Prüfungen bestehen...
Kritik:
Eines kann man dieser in jedem Fall außergewöhnlichen Genre-Mixtur aus Adoleszenz-Drama, Historienfilm und Fantasy(horror) von Regisseur Guillermo del Toro („Blade II", „Hellboy") nicht verleugnen: Sie ist sehr originell und hat einige fantastische Ideen zu bieten. Wenn Ofelía beispielsweise mit Kreide eine Tür an die Wand zeichnet, diese öffnet und schließlich einer garstigen Gestalt, welche ihre Augen in den Händen trägt begegnet, dürfte selbst der kritischste Zuschauer ob der gruseligen Einfälle positiv überrascht sein. Diese gerade kurz beschriebene Sequenz weißt aber auch explizit darauf hin, dass „Pan´s Labyrinth" wahrlich nicht für das durchschnittliche „Harry Potter"-Publikum geeignet ist. Das düstere, für den Oscar nominierte Drehbuch - ebenfalls von Del Toro - zwischen Rekonstruktion geschichtlicher Ereignisse um das spanische Franco-Regime, gruseligen Fantasy-Sequnezen und schlichter grafischer Gewalt (zahlreiche Schießereien und eine handfeste Splatter-Sequenz, bei der ein Mund auf sehr blutige Weise vergrößert wird) ist wahrlich nichts für Kinder. Dass dabei auf der zweiten Ebene dieses vielschichtigen Film-Unikums tiefenpsychologische Dimensionen erreicht werden, die illustrieren, womit Kinder seelisch fertig werden können und wie sie sich der grauenhaften Wirklichkeit eskapistisch entziehen können, ist zweifelsohne - neben den äußerst gelungenen Spezial- und Make-Up-Effekten - eine große Stärke des Films. Dass es del Toro jedoch nicht gelingt, die divergierenden Handlungsstränge um Real- und Fantasie-Welt befriedigend zusammen zu führen und zu verbinden, nimmt man ihm - trotz des erhellenden Finales - leider ebenso wie das ein oder andere narrative Vakuum im Mittelteil eher übel. So stehen allzu banalen Kampfhandlungen und militärisch-politischen Aktivismus in extenso leider nur in zu geringem Anteil die äußerst gelungenen und spannenden Fantasy-Sequenzen gegenüber, von denen man gern mehr gesehen hätte. Schade, dass in „Pan´s Labyrinth" ausgerechnet hier die falschen Prioritäten gesetzt wurden, sonst hätte ein visionäres Meisterwerk entstehen können.
Fazit:
Extraordinärer, aus dem genretypischen Einheitsbrei heraus stechender Historien-Fantasyfilm, der jedoch im Allgemeinen überschätzt wird. Erstklassige Effekte der alptraum-märchenhaften Fantasy-Handlung steht eine langweilige Geschichtsstunde gegenüber, die nicht gegen diese ambitionierte Originalität anzukommen vermag. Am Ende ist „Pan´s Labyrinth" leider ebenso gescheitert wie ein geplatzter Traum.