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Nach Ende des Zweiten Weltkrieges veränderte sich die politische Machtstruktur in der Welt zu einem bipolaren System, in dem sich die kommunistische Sowjetunion mit ihrer de-facto-Diktatur und die demokratische USA mit ihrem Ideal des Kapitalismus als Systemfeinde gegenüberstanden. Mit der Panik vor dem Kommunismus ging in den USA die Angst vor einem nuklearem Krieg einher, die sich insbesondere in Science-Fiction-Filmen der 50er Jahre manifestierte und so für einen Boom des Genres sorgten. Die von roten Marsianern ausgehende Gefahr etwa galt als Synonym für die vermeintlich allgegenwärtige Bedrohung der roten Kommunisten. Vermeintliche UFO-Sichtungen, einhergehend mit dem Beginn der Raumfahrt, waren zusätzlicher Anheizer der Begeisterung für das Genre.

Nachdem Jack Arnold nicht der Durchbruch als Schauspieler gelang, versuchte er sich innerhalb des US-Militärs als Mann hinter Kamera und verdingte sich dort zunächst als Dokumentarfilmer. Schon früh in seinem Leben war Arnold von phantastischen Filmen fasziniert und so schlug er, als er schließlich beim Universal-Studio unter Vertrag genommen wurde, eben diese Richtung ein. Mit „It Came from Outer Space“ konnte er gerade auch in tricktechnischer Hinsicht seinen ersten Erfolg verbuchen. Der Film gilt in dieser brisanten von Paranoia geprägten Zeit als positives Beispiel des utopischen Films der 50er Jahre, da er anders als viele andere Genre-Vertreter die Geängstigten für ihre Angst selbst verantwortlich machte. Mit dem zum Kultfilm avancierten „Tarantula“, in dem er eine Vogelspinne geschickt als Riesenmonster in die Landschaftsaufnahmen projizierte, schaffte Arnold endgültig den Durchbruch.

Mit „The Incredible Shrinking Man“ gelang Arnold, oft als König des B-Movies verschrieen, sein wohl bester Film. Obwohl seine Werke oftmals nicht ganz zu Unrecht als B-Movies eingestuft und somit eher herabgewürdigt werden, existiert zurecht ein beachtlicher Kreis an Bewunderern und Liebhaber seiner Filme.

Die Begeisterung für Jack Arnolds Produktionen rührt womöglich nicht zuletzt daher, dass er mit einfachen, aber umso überzeugenderen Methoden seine Ideen umzusetzen vermochte. Rückprojektionstechniken und übergroßes Set-Design sind dabei die wohl bekanntesten, aber nicht die einzigen Methoden gewesen, um etwa Größenunterschiede beeindruckend zu inszenieren. Wenn der Protagonist in „The Incredible Shrinking Man“ bereits auf wenige Zentimeter Größe geschrumpft ist und Wassertropfen auf ihn nieder prasseln, musste beispielsweise das Problem der realistischen Darstellung des Niederschlags gelöst werden. Hierzu füllte Arnold Präservative mit Wasser, sodass sie aus der Höhe herunterfallend wie große Tropfen aussahen und somit ihren ästhetisch-cineastischen Sinn erfüllten.

Wenngleich er auch einige Unterschiede zu Klassikern jener paranoiden Filme der 50er Jahre wie beispielsweise Don Siegels „Invasion of the Body Snatchers“ aufweist, ist er doch auch ein Kind seiner Zeit.

Schon der Vorspann lässt eine Wolke bedrohlich wachsen während die schemenhafte Umrandung eines Mannes im gleichen Maße schrumpft, bis die Wolke schließlich das gesamte Bild einnebelt und als Bedrohung offensichtlich wird. In ähnlicher Art nebelt diese Wolke in der Anfangssequenz Robert Scott Carey (gespielt von Grant Williams) ein. Die bedrohliche Strahlung, die sie mit sich trägt, wird leicht naiv durch glitzernde Punkte auf der Haut dargestellt. Bald darauf bemerkt Scott die ersten Veränderungen, doch anfangs findet der konsultierte Arzt allerlei logische Erklärungen und konstatiert: „People don’t get shorter, Mr. Carey. They just don’t get shorter.“ Hier klammert sich die Hoffnung noch an die Wissenschaft, die vermeintlich immer alles im Griff hat. Diese Hoffnung wird im Verlauf des Films immer weiter zerschlagen, bis die Ärzte schließlich keine Lösung mehr bereit halten.

Das Ende des Films ist zunächst geprägt von Selbstzweifeln (“What was I? Still a human being?”), schlägt dann aber in eine religöse Metapher um. Scott akzeptiert sein Schicksal und wird im Kreislauf der Dinge eins mit dem Kosmos und mit Gott, was einer Erlösungsgeschichte gleichkommt.

Eine in antikommunistischer Hinsicht aggressivere Lesart könnte dies gar als Zeichen gegen den atheistischen Systemfeind werten. Da sich in seinen Filmen, gerade vor dem Hintergrund der McCarthy-Ära, in mancherlei Hinsicht jedoch sehr progressive Haltungen erkennen lassen, ist dies zumindest zweifelhaft. So passt auch das Rollenschema nicht so recht in 50er Jahre Klischees. Zwar ist die Rollenverteilung der Frühstück bereitenden Frau und des arbeitenden Mannes noch nicht aufgelöst, doch tritt Ehefrau Louise sehr emanzipiert auf. Und so wird Scott zwar aufgrund der nuklearen Strahlen körperlich, infolge des bestimmten Auftretens seiner Frau jedoch auch in gleichem Maße mental kleiner, bevor er im Mikrokosmos Keller seinen Freiraum und die Männlichkeit auf anderer Ebene neu erkämpfen muss.

Während Scott infolge der Strahlenwirkung kleiner zu werden beginnt und von Zweifeln und Verlustängsten geplagt wird, setzt bereits die Effeminierung ein. Zwar erfolgt in Ermangelung eines Nebenbuhlers, zu dem sein Bruder Charlie nicht taugt, keine Penetration seiner Männlichkeit von außen. Doch sein unaufhörliches Schrumpfen bewirkt einen Souveränitäts- verlust, der spätestens dann deutlich wird, als sein Unbehagen im offenen Streit mit seiner Frau kulminiert, was quasi als Kastration zu werten ist. Daran kann auch nichts ändern, dass der Degenerierungsprozess zwischendurch scheinbar gestoppt werden kann und Scott Trost bei einer Kleinwüchsigen findet. Diese Chance der Wiedergewinnung seiner Männlichkeit auf einer anderen Ebene, wenn auch gewissermaßen als Teil einer Freak-Show, wird durch das erneute Einsetzen des Schrumpfens zunichte gemacht. Die Kastration Scotts im übertragenen Sinne wird noch dadurch auf die Spitze getrieben, dass er schließlich zur Miniatur wird und in einem weiblich konnotierten Puppenhaus wohnt. Er befindet sich nun komplett in einem Abhängigkeitsverhältnis zu seiner im Vergleich riesigen Frau und je kleiner er wird, desto tyrannischer wird er. In seiner hilflosen Lage versucht er auf diese Weise seine verlorene Männlichkeit zu kompensieren, was natürlich zum Scheitern verurteilt ist.

Nachdem er flüchtend vor der Katze, die sich in seiner Wahrnehmung von einem ehemals schnurrigen Haustier zur reißenden Bestie gewandelt hat, landet er scheinbar hoffnungslos im Keller. Hier beginnt ein neuer Abschnitt des Films und die Nähe des Science-Fiction-Genre zum Horror wird offensichtlich. Scotts Familie hält ihn für tot und so nimmt er, auf sich allein gestellt, den Überlebenskampf an. In dessen Verlauf taucht schon bald ein neuer Feind auf, gegen den sich Scott behaupten muss…

Auch wenn Jack Arnolds „The Incredible Shrinking Man“ nicht vordergründig politisch motiviert oder offen antikommunistisch erscheint, ist er doch unbestritten ein Vertreter der 50er-Jahre-Paranoia-Filme. Die Zeichen der Zeit sind vor allem am Thema Atomenergie und der allgegenwärtigen Wissenschaft festzumachen. Des Weiteren ist zaghafte Medienkritik festzustellen, als Bruder Charlie (gespielt von Paul Langton) vorschlägt, aus dem Schicksal von Scott Profit zu schlagen, indem seine Geschichte durch die Presse publik gemacht wird. Tricktechnisch war Arnold im Rahmen seiner Möglichkeiten ein kleines Genie. Zwar nagt an den visuellen Effekten teilweise leicht die Zeit, beeindrucken können sie jedoch immer noch und gerade der Charme dieser liebevollen Rückprojektionstüftelei geht einem für 2010 angekündigten Remake inklusive Effekte aus dem Rechenknecht sicherlich abhanden und wirft einmal mehr die leidige Frage nach Sinn und Unsinn eines solchen Vorhabens auf. Dass ein in den letzten Jahren immer noch tiefer in der Belanglosigkeit dümpelnder Eddie Murphy mit dem Projekt verbunden ist, gibt zusätzlich zu denken und lässt das Schlimmste befürchten.

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