"Oh Gott, ich sehe aus wie zwanzig!"
Die Beschwerlichkeiten des Erwachsenwerdens werden in Wes Cravens Horrorklassiker wunderbar pointiert und dienen als Teppich für einen der bekanntesten Horrorfilme aller Zeiten.
Eigentlich ist das Rezept gewohnt platt: Ein irrer Serienmörder mit übersinnlichen Fähigkeiten macht Jagd auf aufblühende Teenager. Jedoch ist es Craven gelungen, "A Nightmare on Elm Street" erfreulich durchdacht, spannend und interessant zu gestalten. Die Teenager sind hier nicht nur Identifikationsfiguren für die zahlende Zielgruppe, die hormongesteuert durch die Gegend vögeln, Drogen konsumieren und damit ins Opferschema passen. Ihre Probleme der allmählichen Abnabelung von den Eltern, des Unverständnisses seitens der Erwachsenen gegenüber den eigenen Kindern, die Vernachlässigung ihrer Bedürfnisse - diese Elemente zeichnet hier die Welt der jungen Erwachsenen aus. Ihre Eltern agieren hilflos und teils verantwortungslos, lassen sie allein oder suchen eigene Erklärungen statt ihren Kindern zuzuhören. Wenn Fürsorge stattfindet, dann stets in einer überbordenden und drückenden Art und Weise. Hier liegt der Hase im Pfeffer, denn die guten Eltern haben vor einiger Zeit durch einen Akt der Lynchjustiz das Monster geschaffen, das nun wieder in ihre oberflächlich heile Welt einbricht und sich letztlich doch ihre Kinder holt. Da helfen dann auch keine vergitterten Fenster oder Hausarrest.
Die Figur des Freddy Krueger mit ihren Fähigkeiten erweist sich dabei als geschickter Kunstgriff, einen wesentlich anderen Ton zu treffen als es beispielsweise "Halloween" oder "Freitag der 13." tun. Durch die Traumsequenzen können gänzlich andere Szenarien der Bedrohung geschaffen werden, von denen der Film stark profitiert.
Die Inszenierung stellt sich dabei als überdurchschnittlich heraus, zeigt viele kreative aber immer zweckdienliche Ansätze und hält über nahezu die gesamt Laufzeit eine hohe Spannung.
Angesichts der Story erhalten die Charaktere hier ein recht ausgefeiltes Profil, teils sogar eine psychologische Tiefe, die zwar nicht dramentauglich sein mag, jedoch deutlich über dem Genrestandard liegt. Die Heldin Nancy passt in das Genreklischee der jungfäulichen und emanzipierten, teils sogar etwas bieder und keusch/frigide wirkenden Horrorprotagonistin. Sie scheint, als striche sie sich die Vernunft schon morgens aufs Brot, um ja nicht zu enden wie ihre alkoholkranke Mutter. Aus der Vernachlässigung geht Nancy als Siegerin hervor, weil sie sich den Dingen stellt, sie identifiziert und letztlich für sich auflöst. EIner Hilfe von außen kann sie dabei nie Gewiss sein, weder von ihren Eltern noch von ihrem Freund. Ihre Mutter bietet ihr in einem fürsorglichen Moment ein Glas warme Milch an. Brüsk wird dies abgelehnt.
So stellt sich die Heldin dann folgerichtig der alten Lederhaut in einem Zweikampf, der das Übernatürliche ausschließen soll, um die Chancengleichheit zu wahren. Jedoch macht das Ende (und ein halbes Dutzend Nachfolger) klar, dass der Sieg eben unklar ist. Der Traum im Film bietet da so schöne Mögichkeiten...
Alles in allem hat man es mit "A Nightmare on Elm Street" mit einem der wichtigsten Horrorfilme der Achtzigerjahre zu tun, der auch heute noch unterhaltsam und gemessen an seinen Genrekollegen und eigenen Nachfolgern geradezu tiefgängig ist. Einige kleine Hänger schmälern das Vergnügen nur unwesentlich und somit ist Freddys Einstand durchweg zu empfehlen. Im Gegenzug zum Freund mit der Hockeymaske ist das hier schon fast Intellektuellenkino.