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Wenn wir es hier mal nicht wieder mit typischem Lausbuben-Eskapismus nach Shaw-Brothers-Rezeptur zu tun haben. Zu entfliehen gilt es diesmal der langweiligen Arbeitsroutine in der Baumwoll-Aufbereitung, es winkt ein wildes Abenteuer um dubiose Geschäfte im Schmuggler-Milieu. Es erklärt sich selbst, dass unser junger Held Pao sich da lieber als Kung-Fu-Meister ins Abenteuer stürzen will. So kann er den üblen Drogenbossen das Handwerk legen, anstatt in Papas Mühle zu schuften...

Die überwiegend in Studios und nur selten an der frischen Luft abgedrehte Martial-Arts-Posse ist sich des abgedroschenen Rahmens nur allzu bewusst, den sie verwendet. Ergo geht Hauptdarsteller Wong Yue vom Start weg mächtig in die Offensive und bietet neben gekonnten Handkantenschlägen auch noch pralle Bäckchen voller Blödsinn. Trüge er anstatt eines Adlers einen Hahn auf der Brust, wäre das nicht weniger angemessen, bedenkt man, wie er sich vor Freund und Feind aufplustert, um sich mit seinem bevorzugten Kampfstil zu profilieren. Der direkte Konkurrent, ein geneigter Anhänger des Schlangenstils, wird da auch mal bis auf den Hosenboden gedemütigt. Doch wehe, die echten Fieslinge stellen sich ihm in den Weg – da ist plötzlich der wendige Hasenstil gefragt, um über Treppengeländern und unter Holzbalken hindurch fintenreich entkommen zu können...

Mit reichlich Humor und slapstickhaften Kampfeinlagen wird geschickt die abgegriffene Formel kaschiert, nach der laut Skript vorzugehen ist. Die verfügbaren Mittel werden klug über die Laufzeit verteilt, so dass es selbst bei einer Originallänge von über 100 Minuten kaum zu Hängern kommt. Eigenwillig ist der recht häufige Einsatz von Supertotalen und schräg gesetzter Aufsicht, mit der die Kamera oft über Balken wandert und zwei Räume gleichzeitig auf der Linse hat, die beim Schwenk auch noch wie ein Fischauge die Ränder verzerrt. Allerdings bekommt man dadurch ein sehr greifbares Gefühl für die Sets und man entwickelt eine Vorahnung, welche Wege die Choreografie nutzen wird. Mit einem zufriedenen Gefühl der Erfüllung bekommt man Sekunden später genau das serviert, was man erwartet hat.

Ja, man fühlt sich schon irgendwie wie in einem Sandkasten voller Männer, die sich mit Inbrunst gegenseitig in die Nüsse treten... ohne dass Mutter oder Freundin dazwischenfunken. Denn im letzten Viertel dämmert einem so langsam, dass dieser Film wohl tatsächlich ohne auch nur einen weiblichen Auftritt auskommen wird. Für Sun Chung also nicht unbedingt ein symptomatischer Film, übernahmen doch unter seiner Regie auch mal Frauen die Hauptrolle oder es wurde mal bitterernst bis böse. Um so bemerkenswerter, wie konsequent er seine neue Linie fährt.

Gestorben wird bei allem Spaß auch, aber nicht allzu blutig oder dramatisch. Im Gegenteil, der wie eine Sherlock-Holmes-Episode aufgezogene Kriminalteil sorgt für eine gewisse Lockerheit, die sich cremig mit dem leicht verrückten Soundtrack verbindet. In der deutschen Synchronisation gesellen sich außerdem einige der prägnantesten deutschen Sprecher hinzu, so etwa Elmar Wepper (Mel Gibson), Reiner Schöne (Willem Dafoe) oder Norbert Gastell (Homer Simpson). Viele von ihnen sind dabei so eklatant fehlbesetzt, dass man sie als komödiantischen Beitrag der deutschen Bearbeitung verstehen muss.

Die finale Pointe ist dann nochmal ein echter „Oooooh“-Downer für unseren tapferen Helden, aber zugleich das letzte Argument für sechs anstatt von nur fünf Punkten. Wong Yues Tätowierer ist nicht gerade ein Meister seines Fachs, aber er hat wenigstens Humor. Den wollen wir an dieser Stelle wertschätzen.

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