Die einen lieben seine Filme, die anderen hassen sie - zwischen den Stühlen sitzen ist hier kaum drin. Irgendwo verständlich, waren doch Mike Mendez´ Killers und Convent - Biss in alle Ewigkeit nicht wirklich jedermanns Sache: Billig inszeniert, völlig überdreht und daher voll von debilem Charme, erschloss sich die Daseinsberechtigung dieser besser produzierten Schundproduktionen wohl auch eher nur eingefleischteren Horrorfreaks mit einem Hauch zur Selbstmalträtierung - angemerkt sei aber, dass jene mit diesen dafür eine Menge Spaß hatten! Knapp fünf Jahre sind vergangen - mal wieder stellt sich die Frage, ob Mendez dazugelernt hat und vielleicht diesmal seinen Kritikern Paroli bieten kann? Die Antwort lautet klar ja!
Sah man im Können des Regisseurs zwischen Killers und Convent kaum eine Entwicklung, so ist der qualitative Unterschied zwischen Convent und Gravedancers umso deutlicher. Diese bisher am meisten ausgereifte Arbeit von Mendez kann kaum noch mit seinen früheren Werken verglichen werden - in keinerlei Belangen. Weder wird einem hier eine irre Psychopathen trifft Psychopathen Geschichte, noch eine wild-rasante Dämonenmetzelei geboten; Mendez besinnt sich diesmal auf die psychologische Seite des Horrorfilms und inszeniert mit Gravedancer einen überraschenderweise weitgehend humor- und blutfreien Klaustrophobietrip, der intensiver nicht hätte sein können. Ehrlich - das hätte ich hier nicht erwartet!
Dabei wirkt der Hintergrund der Geschichte nicht sonderlich spektakulär, aber nun auch nicht wirklich uninnovativ: Die Beerdigung verpasst, schlägt ein Kumpane des verstorbenen Studienkollegen seinen Freunden beim Leichenumtrunk vor, der guten alten Zeit willen noch einmal gemeinsam Abschied zu nehmen. So machen sich die drei zum Friedhof auf, wo sie an dessen Grab beim weiteren feucht-fröhlichen Gedenken einen Umschlag mit einem seltsamen Gedicht vorfinden. In lallender Prosa vorgelesen, überkommt die drei die Tanzwut und ein jeder auf einem anderen Grab stehend erweckt hiermit seinen persönlichen Rachegeist…
Der Beginn einer beklemmenden Psychotour - besonders für den Zuschauer wohlgemerkt! So gelungene Schockszenen habe ich zuletzt bei dem spanischen Thriller Darkness erlebt. Auch hier fängt alles relativ gediegen - wohl aber nicht unspannend - an, bewegt sich die Intensität aber noch in Poltergeist Regionen. Also Anrufe ohne erkennbaren Anrufer, knarrende Wände oder wie durch Geisterhand geöffnete Türen. Diese Erlebnisse teilt sich in der ersten halben Stunde neben dem Seher einer der drei erwachsen gewordenen Studenten mit seiner nicht an der “Seance” teilgenommenen Frau. Natürlich mehren und intensivieren sich bald die Ereignisse im Haus, der Zeitlupenangriff eines gesichtslosen Dämons quer über ein Bett ist da nur Höhepunkt eines beginnenden Blitzkriegs gegen das Nervenkostüm.
Ausgeklügelte Schreckszenen folgen alsbald im Minutentakt, wirken dabei aber nie vorhersehbar oder gekünstelt aufgesetzt, passen sich vielmehr des latent steigenden Spannungsbogens an und visualisieren die immer stärker werdende Rachegier der gestörten Untoten. Dabei setzt Mendez aber nicht nur auf Soundeffekte im Spannungsaufbau, sondern lässt seine Protagonisten in wirklich beengende Situationen geraten, bei denen man sich schon beinahe am Nägel kauen erwischt, auf jeden Fall aber gut in den Sessel gedrückt fühlt. Und das schöne - die 95 Minuten fast durchgängig; Zeit zum Luft holen wird einem kaum geboten. Also eine Atmosphäre bietend, die seine früheren Filme zu keiner Sekunde erreicht haben!
Umso erstaunlicher diese regietechnische 180° Drehung. Bis auf wenige Ausnahmen ist das Teil nämlich absolut humorfrei - weder gewollte Überdrehtheit noch ungewollten Schundappeal strahlt Gravedancers aus. Selbst die übergroßen CGI Szenen, in denen zum Beispiel ein aus Astralenergie bestehender Geist die letzten Überlebenden in schönster Tanz der Teufel Manier verfolgt, sieht für das mittlere Budget absolut phantastisch aus und kann wie die wenigen anderen computergenerierten Effekte ohne weitgehend ohne Einbußen überzeugen. Okay, die Flammenwand ist etwas offensichtlicher aber das Manko der sich selbst enttarnenden CGI Effekte haben auch millionenschwere Hollywoodproduktionen, so das man dies nicht als Makel ankreiden sollte.
Wenn auch die eigentliche Geschichte etwas wenig Substanz bieten mag, ist sie doch recht ordentlich aufgebaut und bietet wie gesagt solch einen konstant hohen Spannungsbogen, das man gerne über dieses leichtfüßige Storygeflecht hinwegsieht. Vor allem die Darsteller - allesamt so Mitte 30 - machen ihre Sache sehr gut; sie strahlen Sympathie aus, man fiebert mit ihnen mit und wenn auch nicht charakterliche Tiefe erreicht wird, die Figuren haben deutlich mehr Substanz als in den früheren Filmen von Mendez. Keine kiffenden Teenager oder überzeichnete Pappkameraden - Menschen wie Du und ich, die aus Versehen Scheiße gebaut haben und um ihr Leben kämpfen. Endlich mal Charaktere statt Karikaturen…
Zwar wird ein wenig versucht ihnen einen Hintergrund zu geben - so ist eine der Grabtänzerinnen die Ex von dem Typen mit der Frau - doch insgesamt werden die Protagonisten mit Ausnahme der später auftauchenden Parapsychologen mehr als zusammen in Schlamassel geratene Freunde dargestellt, denn Personen die einen direkten Bezug zu ihrem gegenüber oder den Rachegeistern haben. Zusammen mit jenen Parapsychologen erforschen sie im Mittelteil die Ursache für das Geistertreiben, bekommen in auf alt getrimmten Bildern die “Menschen” hinter den Geistern zu sehen und verbarrikadieren sich in der letzten halben Stunde in einem ähnlichem Herrenhaus, in dem sie die furiose letzte halbe Stunde verbringen und versuchen zu überleben.
Dort auch erst wird es etwas graphischer, wenn auch die wenigen Blutszenen [wie zum Beispiel ein technisch ansehnlicher Kehlenschnitt] zu keiner Zeit selbst zweckhaft wirken. Vielmehr intensivieren sie die beklemmende Atmosphäre noch etwas, wenn auch die Masken der materialisierten Axtmörderin oder des kleinen Flammenteufels meines Erachtens nicht ganz so gelungen sind und in ihrer diabolisch grinsenden Gesichtszügen ein wenig an die spaßigen Gummimasken aus Tanz der Teufel 2 erinnern. Schwamm drüber, sind diese Nahaufnahmen doch beschränkt und in den gut geschnittenen Bildabfolgen kaum auf die Atmosphäre schlagend.
Bei dieser hat sich Mendez mal richtig Mühe gegeben, ist bis auf wenige Szenen ausgenommen die Düsternis vorherrschend und bietet genug Spielraum für wohliges Schauern. Auf Einsatz der obligatorischen Nebelmaschine wird aber verzichtet, selbst die Szenen auf dem Friedhof kommen ohne dies oft übertrieben eingesetzte Stilmittel aus. Dafür stimmt die eigentliche Kulisse umso mehr; Highlight dürfte aber das mit parapsychologischen Gerätschaften ausgestattete Herrenhaus sein, das mit seinen langen dunklen Gängen, modrigen Räumen und alten Gegenständen einen angenehm leicht gotischen Touch hat. Auf jeden Fall geht die technische Seite des Ganzen voll in Ordnung, wenn auch nicht sonderlich opulent ausgestattet, kann durch Kamera und Schnitt bedingt aus dem Budget doch viel heraus geholt werden.
Wie gesagt - vom ursprünglichen Stil Mendez ist bis auf wenige Szenen, in der man seinen Ursprung als Werbefilmer noch erahnen kann, kaum noch was zu sehen. Richtig gemacht hat der Jung sich und wenn er mit diesem Film nicht die Kritiker zufrieden stellen kann dann weiß ich auch nicht mehr wie. Gute Darsteller, konstante Spannung, humorfreie Inszenierung - ein Kleinod inzwischen der lieblos produzierten Dutzendware im Horrorfilmbereich!