Regisseur Alexandre Aja schließt sich mit „Hügel der blutigen Augen“ einem momentanem Trend in Hollywood an: Die Neuverfilmung eines klassischen Horrorfilms. Beispiele (die oft nicht im Neuaufguss funktioniert haben) finden sich zur Genüge: „Dawn Of The Dead“, „The Texas Chainsaw Massacre“, „Amityville Horror“, „The Fog“. Gerade letztgenannter Film zeigt, dass solche Remakes enorm überflüssig sein können. Nun hat sich Herr Aja nach seinem schon legendärem (zumindest in Genrekreisen) „High Tension“ ebenfalls an solch ein Projekt gewagt. Doch irgendetwas ist anders... Zum Einen hätten wohl die wenigsten „High Tension“-Fans dem Regisseur das Annehmen einer solchen Auftragsarbeit zugetraut. Zum Anderen gehört das Original eigentlich nicht in die Liste der genannten Filme. Zwar stammt es von Wes Craven, einem nicht gerade unbeschriebenem Blatt in der Horrorszene (der immerhin mit Freddie Krüger eine Horrorikone geschaffen hat), doch „Hügel der blutigen Augen“ ist keineswegs der Klassiker in seinem Oevre, wie die anderen wiederverfilmten Horrorstreifen es waren. Stattdessen ist der zweite Film Cravens (nach dem mehr als kontroversen) „Last House On The Left“ und nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein Low Budget-Backwoodfilm, der aber zu keiner Zeit bleibenden Eindruck in der Filmgeschichte hinterlassen hat.
Nun hat sich Aja also keinen Klassiker ausgesucht und tut gut daran. So verpflanzt er die zeitlose Story des Originals in die Gegenwart, was allerdings kaum einen Unterschied macht, denn Zivilisation gibt es zu keiner Zeit zu sehen. Stattdessen ist die Atom- und Genthematik, die für die Bedrohung in Form von degenerierten Monstern verantwortlich ist, aktueller denn je. Gerade in Zeiten von Geflügelpest und ständig andauernder Umweltverschmutzung ist die Angst vor genetischen Defekten allgegenwärtig, da der moderne Mensch dieser Gefahr schutzlos ausgesetzt ist. Aja spielt diese Karte schon im Vorspann aus. Zu einer eigentlich fröhlichen Musik bekommt der Zuschauer eine Montage vorgesetzt, die durchzogen ist von grausigen Bildern, die Mißgeburten infolge von Verstrahlung darstellen. Durch den ständigen Gebrauch von fiesen Soundeffekten zieht sich eine bedrohliche Atmosphäre durch den ganzen Film, der die meiste Zeit vor der Kulisse einer Wüste stattfindet, die ebenfalls höchst unfreundlich und unheimlich wirkt. Die Familie, deren Schicksal der Zuschauer mitverfolgt, ist die amerikanische (oder auch westliche) Familie Jedermann, noch normaler als die Realität. Auf die Spitze getrieben wird diese „Normalität“ durch ein amerikanisches Fähnchen, das am Fahrzeug der Familie im Wind baumelt. Auch das ist typisch für Backwoodfilme: Die Angst vor dem Urwüchsigen, das sich an kein Regeln hält.
Handwerklich ist der Horror sehr gut gemacht. Es werden laufend Schockeffekte präsentiert. Die Mutanten sehen enorm bedrohlich aus, wenn man sie denn zu Gesicht bekommt, was eigentlich erst in der zweiten Filmhälfte der Fall ist. Dann sieht der Zuschauer grauenvolle Kreaturen, die nur noch entfernt an Menschen erinnern. Wie schon oben beschrieben, tut die Kulissen ihr Übriges dazu, eine beklemmende Atmosphäre zu erzeugen. Die Darsteller sind fast alle unbekannt. Der Familienvater wird von Ted Levine dargestellt (der Serienkiller aus „Das Schweigen der Lämmer“ und Inspector Stottlemeyer aus der TV-Serie „Monk“), der ebenso wie die übrige Besetzung sehr überzeugend spielt, aber dem großen Kinopublikum weitestgehend unbekannt ist. Dies erzeugt bei den Zuschauern zudem die Ungewissheit, wer stirbt und wer überleben darf. Einen Tom Cruise lässt man nie zu früh über die Klinge springen. Da kann sich der Horrorfan sicher sein...
Auf dieser Basis tut Regisseur Aja alles, um die Zuschauer zu schocken. Dabei übertreibt er es allerdings etwas. Zum Einen kommt die Charakterzeichnung zu kurz. Viele Figuren bleiben skizzenhaft und zweidimensional. So z.B. der von Levine dargestellte Vater der Familie, der den sturen und waffenverliebten Vorzeigeamerikaner und –republikaner gibt. Zum anderen merkt man dem Film an, dass er es darauf anlegt, auch die härtesten Horrorfans zu schocken. Dies geschieht mit einer gewollt krassen seelischen Grausamkeit. *SPOILER ANFANG* Beispiel dafür ist die junge Mutter, die mit einem Kopfschuß niedergestreckt wird und dann noch in einer späteren Szene einmal aufwacht, um in den Armen ihres Ehemanns zu zucken und zu stöhnen. *SPOILER ENDE* Dies macht den schon sehr bedrohlichen Gesamteindruck des Films ein bißchen kaputt, denn an diesen Stellen wirkt er sehr gewollt und spekulativ. Hier wäre weniger mehr gewesen. Auch die eine oder andere ironische Brechung hätte dem Film gutgetan. Den Zuschauer „verschnaufen“ zu lassen, die Anspannung zu lösen, um danach wieder die Daumenschrauben anzuziehen, hat sich schon oft bewährt.
Alles in allem ist „Hügel der blutigen Augen“ ein sehr harter Horrorfilm, der eine enorme Spannung erzeugt, sich aber auch sehr ernst nimmt. Das Original von Craven kann er durch ein größeres Budget und die moderne Technik verbessern und hat somit auf jeden Fall seine Daseinsberechtigung. Mit stärkeren Charakteren hätte der Film aber noch Potenzial nach oben gehabt.
Fazit:
7/10