Review

Nee, was für ein kranker Spaß !

Gerade als ich anfing meine ersten Chips zu essen, kreiste schon die Spitzhacke und seien wie mal ehrlich, danach schmeckten sie doch gleich doppelt gut....

Was war geschehen ?

In einer amerikanischen Wüsteneinöde sahen wir ein paar Forscher, die in Schutzanzügen mit Strahlenmeßgeräten hantierten und dabei gestört wurden...

Den Anlaß für diese Tätigkeit bekommen wir auch gleich serviert, in dem in einem sehr schönen Zusammenschnitt auf die amerikanischen Atomtests in den 50ern verwiesen wird. Dabei sind leider auch einige Einheimische in Mitleidenschaft gezogen worden, deren Genmaterial dabei durcheinanderkam und es zu entsprechenden Deformierungen an Geist und Körper kam.

Gute Horrorszenarien zeichnen sich gerade dadurch aus, daß man in vorstellbaren Konstellationen Extreme entwickelt. Ob so etwas nun real passiert spielt keine Rolle, aber möglich könnte es schon sein....

An so etwas denkt unsere amerikanische Familie natürlich nicht. Die Eltern machen zusammen mit ihren 3 Kindern nebst Schwiegersohn und Enkel eine Reise durch die Wüste Richtung San Diego. Auf dem Weg dahin kommt man zu einer einsam gelegenen Tankstelle, wo der zahnlose Tankwart noch einen goldenen Tipp für eine „Super-Abkürzung“ parat hat.

Wem das irgendwie bekannt vorkommt („Wrong Turn“) sollte bedenken, daß es sich hier um ein REMAKE eines Wes Craven Klassikers aus den 70ern handelt. Es waren die späteren Filme ,die diese Ausgangslage des Films kopierten.

Regisseur Aja läßt sich dann auch Zeit die Familie vorzustellen und ich mag diese Phase des Films. Überall werden kleine Hinweise gesät, daß es hier nicht mit rechten Dingen zu geht :

- der Tankwart, der über ein ansehnliches Arsenal an Handtaschen, Portemonnaies und ähnlichen Gegenständen verfügt, findet dazwischen mal ein einzelnes Ohr, was ihn nicht sonderlich überrascht
- ständig huschen irgendwelche Gestalten durchs Bild, deren Füße und Hände deformiert sind usw.

Der geneigte Zuseher, der ja sowieso schon vorbereitet ist, auf die Dinge die da kommen, sieht das Unheil aufkommen, aber natürlich nicht die urlaubende Familie.

Die besteht aus lauter Stereotypen, aber genau das erwarte ich von so einem Film, der nun einmal unsere niederen Instinkte ansprechen soll :

- das Familienoberhaupt ist ein ehemaliger Polizist, der natürlich weiß, wo’s lang geht
- seine Frau ist die liebevolle Familienglucke, die sich freut ,daß alle Kinder mit dabei sind
- natürlich fehlt auch nicht die attraktive und zickige blonde Tochter, die keine Lust auf die Tour hat
- die vernünftige Tochter mit Ehemann, der als Weichei gilt
- und als Nesthäkchen der pfiffige Sohn

Eine Identifikation mit den einzelnen Charaktern ist dabei kaum möglich, aber auch nicht nötig. Wichtig ist doch eher, daß man einem Typen wie dem Großvater mal eine in die Fresse gönnt....

Aja baut die Story logisch auf .Auch wenn viele meinen, daß sie doch hätten mißtraurig werden sollen, als alle Reifen auf einmal platzen, wodurch der Unfall in der Einöde ausgelöst wird.

Was hätten sie denn denken sollen ? – Das irgendwelche Ungeheuer sie in der gottverlassenen Gegend verspeisen wollen?

Als geübter Paranoider (die sich sicherlich zahlreich unter den Zusehern befinden) wäre man wahrscheinlich gar nicht in die Wüste gefahren, aber als Normalbürger denkt man erst einmal an nichts Böses. Selbst nachdem der Sohn einen der Hunde aufgeschlitzt vorgefunden hat, verheimlicht er das der restlichen Familie. Denn das was dann tatsächlich auf sie alle zukommt, sprengt mit Sicherheit seine Vorstellungskraft....

Soweit so gut, aber die Qualität dieses Genres zeigt sich erst in der Art der Umsetzung und hier überzeugt Aja voll und ganz.

Atmosphärisch dichte Bilder vermitteln die Einsamkeit und staubige Hitze der Wüste, aber besonders die immer wieder gestreuten Hinweise auf die früheren Atomtests geben dem Ganzen einen eigenen gespenstischen Charakter. Zum Beispiel als der Schwiegersohn den „Autofriedhof“ findet und wir in der Totalen die verschiedenen Bombenkrater sehen.

Auch das Dorf, in dem die Atomtest-Geschädigten hausen, ist mit seinem 50er Jahre Mobiliar und den Puppen - besonders den schaukelnden Kindern – von einer derart leblosen Atmosphäre, daß man sich nicht wundert, daß die hier noch Lebenden den Sinn nur noch im Tod suchen.

Aja hält dabei die klaustrophobische Stimmung und die hoffnungslose Lage der Protagonisten konsequent bis zum Schluß durch, nicht zuletzt durch das immer wieder verwendete Motiv die Totale in einen Blick durch ein Fernglas umzuwandeln. Sie stehen immer unter Beobachtung....

Über die einzelnen Brutalitäten will ich mich hier nicht auslassen, aber Aja schont uns nicht, verliert dabei aber auch nie das Timing, so daß keine Übersättigung entsteht. Ein Fehler vieler Horrorfilme ist ja, daß die Aneinanderreihung der Splatter- und Horroreffekte (für mich ein negatives Beispiel „Saw“) nur zur technischen Fingerübung gerät, die einen dann völlig kalt läßt.

Aja dagegen variiert sehr schön, so daß der Spaß am Horror nicht nachläßt.....

Und da sollte sich bitte Keiner was vormachen : hier geht es um Spaß, um eine schön derbe abgestumpfte Ablenkung. Der Film will weder politisches Statement noch Familiendrama sein. Auch verfolgt er keine weiteren sonstigen Botschaften.

Selbstverständlich will er uns auch nicht emotional berühren und mein Hinweis gilt denjenigen, die eher an weniger brutalen Filmen interessiert sind, sich diesen Film nicht anzusehen.

Denn irgendwie bedarf es schon eines kranken Gemütes mit einer gewissen Freude und Genugtuung aus einem solchen Film zu gehen, aber diese hat er mir bereitet (9/10).

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