Das neue Jahrtausend lässt sich gut an für den Horrorfilm. Nachdem Wes Cravens "Scream" Ende der 90er den Teenieslasher rehabilitierte und eine regelrechte Schwemme dieser meist seichten, vorhersehbaren Streifen auslöste, scheint man Anfang des 21. Jahrhunderts wieder den Wurzeln des Genres zu huldigen. Regisseure wie Neil Marshall, Eli Roth oder auch Rob Zombi brachten den blutigen, rohen und humorlosen Horror zurück auf die große Leinwand.
Besonders der Franzose Alexandre Aja machte mit seinem eiskalten "Haute Tension" 2003 auf sich aufmerksam.
Nun durfte sich genau dieser Aja an einem Wes Craven - Klassiker versuchen, und gab mit dem Remake zu "The Hills have Eyes" gleichzeitig auch sein Debüt in den USA ab. Ganz klar, die Messlatte bei diesem Projekt lag hoch...
...Nach einer Pre-Titel Sequenz, die die Marschrichtung des Films bereits deutlichst vorgibt, setzt ein Vorspann ein, der es ebenfalls in sich hat. Zu fröhlicher Country-Musik flimmern Atom-Explosionen über die Leinwand, immer wieder unterbrochen von blitzartig eingeschobenen Abbildungen missgebildeter Kinder und Neugeborener. Harter Tobak! Und genau diese Beschreibung dürfte dem Zuschauer auch währende des weiteren Filmverlaufes mehrmals durch den Kopf schiessen.
Doch zunächst werden die Protagonisten eingeführt. Ist Charakterzeichnung in diesem Genre sowieso schon nicht die Königsdisziplin, so bleibt die Großfamilie, die hier samt Wohnwagen, Baby und zwei deutschen Schäferhunden, durch die Wüste New Mexicos irrt, ein reines Abziehbild. Wie schon bei "Haute Tension" zählen bei den auftretenden Figuren einzig die gegenwärtigen Taten, Gefühle und Gemütszustände. Aja gibt dem Zuschauer nur äußerst spartanisch Auskunft über die Vergangenheit oder etwaige Hintergründe seiner Charaktere. Was man bei anderen Filmen als Kritikpunkt anführen könnte, erweist sich hier als passend. Die grobe Hierachieeinteilung in diesem Familiengefüge reicht für das nun Folgende vollkommen aus...
...Die vermeintliche Abkürzung, quer durch die glühend heiße Felswüste, wird zur Falle, die Familienkutsche gecrasht, das Familienoberhaupt, seines Zeichens griesgrämiger Ex-Cop, macht sich alleine auf zur meilenweit entfernten Tankstelle und einer der Hunde verschwindet jaulend in den Hügeln. Die unheilverkündeten Vorzeichen mehren sich schnell und als die Nacht hereinbricht lässt Alexandre Aja die Bombe platzen.
In den Hügeln dieses gottverlassenen Teils der Erde verbirgt sich eine ganze Sippschaft an atomar verseuchten Mutanten, die grausam entstellt, nur noch den Drang nach Fleisch verspüren. Genauere Gründe bzw. Verantwortliche für die Entstehung dieser Ungetüme werden allenfalls angedeutet, dürften allerdings für jeden aufmerksamen Zuseher klar ersichtlich sein. Immerhin hält sich der Film mit Kritik an der US-Regierung nicht zurück und sogar die ehrwürdige Nationalfahne wird, gänzlich ohne Patriotismus, zweckentfremdet...
... Wobei wir beim ersten Auftritt der Mutanten wären, und der zählt gleichzeitig zu den besten Szenen des Films. Ein böses Ablenkungsmanöver und schon haben zwei der Kreaturen den Wohnwagen gekapert, in dem sich neben dem Baby nur noch Vertreter des schwache Geschlechts befinden. In dieser Szene schafft es Aja perfekt den absoluten Terror einzufangen. Untermalt von treibenden Bässen und verzerrten Gitarreneffekten wird die Spannung zunächst forciert bis das Szenario in einem derben Gewaltausbruch gipfelt. Die ersten Opfer sind zu beklagen und spätestens jetzt ist klar: Diese Wüstenmutanten nehmen auf Nichts und Niemand Rücksicht. Rein triebgesteuert ist das Töten für sie eine willkürliche Handlung, die nur dem Selbstschutz oder der Nahrungsbeschaffung dient. Da die Familie nach gut einer dreiviertel Stunde Spielzeit bereits deutlich dezimiert ist, und zu allem Übel auch noch das schwächste Mitglied entführt wurde, heißt es jetzt den Gegenschlag zu setzen.
Der weitere Filmverlauf führt den Verlobten der ältesten Tochter in das Dorf der Mutanten, wo er auf weitere Vertreter, der verseuchten Geschöpfe trifft. Dabei spielt sich die Handlung nach dem gängigen Rape & Revenge - Prinzip ab, was natürlich heißt: Es wird ordentlich gewütet unter den Missgestalten....
... "The Hills have Eyes" 06 ist leider nicht der ultimative Terrorfilm, den viele sich erhofft hatten. Obwohl sich Alexandre Aja mächtig ins Zeug gelegt hat. Er inszenierte einen Film, der seinem "Haute Tension" gar nicht so unähnlich ist. Eine harmonische Situation entwickelt sich völlig grundlos und mit zügelloser Gewalt zum Horrorszenario. Unschuldige Menschen müssen über sich hinauswachsen um zu überleben. Das klassischste aller Motive.
Wie schon gesagt, bleibt der Film, trotz seiner Intensität und den meisterlich eingefangenen Suspense-Szenen, hinter den Erwartungen zurück. Zu geradlinig verläuft die Story, zu häufig treten Logiklöcher auf und viel zu häufig agieren die Personen völlig realtitätsfremd. Dabei stört vorallem der letzte Punkt, der teilweise wirklich penetrant auffällt und so auch für Ärger beim Zuseher sorgt.
Ohne hier die Spoiler-Keule rauszuholen, muss ich doch noch kurz das Ende ansprechen, um die Liste der Kritikpunkte abzuhacken. Dieser, mit pathetischer Musik untermalte Schluss ist absolut deplaziert und passt überhaupt nicht in den Film. Wahrscheinlich ist die Szene ironisch gemeint und soll die, oft erzwungen kitschigen Hollywood Happy Ends auf die Schippe nehmen, was allerdings bei "The Hills have Eyes" absolut in die Hose geht. Da wäre mir ein fieser Schluss-Twist doch um einige lieber gewesen...
...Jetzt hab ich aber genug gemeckert, denn es bleibt festzuhalten: Ajas Remake des Wes Craven-Klassikers ist ein grundsolider Horrorfilm, der vorallem beim Härtegrad nicht kleckert sondern richtig reinklotzt. Was hier an Gore, Gewalt und Brutalität geboten wird, ist sicherlich nicht Jedermanns Sache. Durch die humorlose Retro-Inszenierung erzielen die zahlreichen Effekte auch genau die richtige Wirkung: Sie schockieren. Wenn auch die Story eher dürftig daherkommt, schafft es der Film, durch die bedrohliche Wüstenatmosphäre und die allgegenwärtige Bedrohung, die Spannung konstant aufrechtzuerhalten und Längen zu vermeiden. Und das sollte auch im neuen Jahrtausend die Grundprämisse eines jeden guten Horrorfilms sein. Gut gemacht, Herr Aja!
Neben den etwas gefälligeren "The Descent" und "High Tension", darf sich "The Hills have Eyes" auf jeden Fall zur
Reihe der starken, harten Schocker, neueren Datums, zählen. 7/10