Review

Die meiste Zeit macht A Man from Holland [ OT ] einen unqualifiziert verdrießlichen Eindruck, sowohl der title char als auch der dazugehörige Film, der schon optisch allein ein inadäquates Missfallen an den Tag legt, eine Aussicht wie unter einer ungemütlich smogreichen Dunstglocke, dessen Ästhetik jede Erwartungen des Auges widersprechen. Die abträgliche visuelle Komponente, das Gegenteil des Schönen und die nahezu blinde Scheinhaftigkeit des Geschehens passt allerdings hervorragend zu dem beobachteten Umfeld einer taktlosen Drug Connection [ DT ], deren Beteiligte, unfreiwillig Verstrickte und hilflose Opfer einer alles an Sozialität zerfressenden Pharmazeutikums sich ebenso in der Trübung der Allgemeinheit befinden. Alles dreht sich auf Händlerseite nur um den nächsten Verkaufsabschluss, den anschließenden Transport, das Beseitigen etwaiger Konkurrenz oder gar der ermittelnden Polizei; bei den Konsumenten adäquat dazu um den nächsten verbotenen Rausch, der für wenige Stunden das Unheil der Welt da draußen für einige Lichtblicke heller machen soll, auch wenn gleichzeitig die Schatten auf den Denkhorizont fallen.

Ganz genauso wie in Unreal Dream, seinem Vorgängerwerk, verfolgt Regisseur Patrick Kong Yeung in ungekünstelter, aber hier wenigstens nicht schulmeisterlicher Diktion nur ein Thema mit auch nur einer Aussage, bzw. das ewige Kreisen um das Beisammensein einer ganz speziellen und in seiner Abgeschlossenheit auch prekären Klassengesellschaft. Schroffe Negierung als natürlich verstandene Eigenschaft. Zerstörung als Umkehrung aller Werte. So einladend und zugänglich wie verkümmertes Dorngestrüpp. Die Lenkung des Gemüts durch eine Erregung und einförmigen Bearbeitung weitgehend unerquicklicher Empfindungen. Zwei oder drei erklärende Sätze das begnügende Fundament seiner Theorie. Ein Drehbuch wird weniger entwickelt als vielmehr eine Handvoll und mehr Personen erfunden, die entweder Alle das Gleiche wollen und sich deswegen im Gehege stehen, oder gerade Einer den Anderen von seinen Zielen abbringen will; das Hin und Her einer großen und bisweilen auch namens- und gesichtslosen Schar personifizierter Schurkerei in einem Tiefpunkt von Parallelhandlungen, Verwirrungen, Lösungen, Intrigen und Konventionen. Eine erstarrte Haltung von gegenseitiger Feindlichkeit, in der im Ritual einer verflachten Dramaturgie samt Artikulationsunfähigkeit das ruppige Gebot von Waffen und Rauflust die letzten Fronten klärt:

Wai Fei [ Phillip Ko Fei ] wird aus Holland nach HK beordert, um sich drei unbeliebt machender Drogenhändler zu entledigen. Dabei gerät er in den startenden Bandenkrieg zwischen Chan Sai Man [ Michael Chan Wai-Man ] sowie dessen rechter Hand Bill [ Cheng Kei-Ying ] und dem benachbarten Geschäftsmann Boss Chow Yee Fat [ Kwan Hoi-San ], der mitsamt seiner Sekretärin Wu Mei Yee [ Cynthia Woo ] allerlei große Transaktionen im Auge hat und gerade jetzt keine Störung braucht. Als sich noch die Polizei mit Wai Feis Bruder Inspector Wai Keung [ Ray Lui ] plus Partner Ma Wan [ Ma Wan-Yat ] im Auftrage ihres Vorgesetzten Supervisor Leung [ Callan Leung ] in die eh schon angespannte Gilde einmischen, kommt es zum Randal.

Immerhin muss man dem Skript kleingläubiger Einfältigkeit respektive der Aneinanderreihung von Konfliktsituationen erst verbaler und bald physischer Natur zugestehen, dass man mit dem allwährenden manipulierenden Belauschungs-, Verleumdungs-, Verkleidungsszenen in vollkommen unsubtiler Weise ein unruhiges Milieu fortlaufenden Unebenmaßes zusätzlich zu einer universalistischen Argumentation formulieren kann. Personen und Gruppierungen individueller Interessenlage, die schlichtweg gezwungen sind, gegeneinander zu streiten, werden gar nicht und auch nicht mit Ausreden davon abgehalten, sich Schaden an zu tun, sondern zum Zwecke der Abscheulichkeit und als Träger der Handlungsfunktion gerade erst mit Zorn und Wut und Schrecken als Zeichen übertriebener Verwerfung gereizt und so permanent an der kurzen Leine gehalten. Fern jeder sprachlichen, schauspielerischen oder sonstwie poetischen Virtuosität schafft Regisseur Kong so wenigstens eine Aura allzeit widriger, wenn auch in seiner Banalität reichlich erzwungener bis fast karikaturesker Unaufrichtigkeit, die auch trotz Personenüberschwangs, Anschlusslücken und anderen Desideraten mit völliger Klarheit hinsichtlich des Gleichgewichts kontrastierender Perspektiven gezeichnet ist. Und trotz oder gerade wegen aller verachtender Geringschätzung auch entsprechende leitmotivische Metaphorik und stimmungsschaffenden Einlagen in fast parodistischer Perversion aufweisen kann.

Gerade beim letzten Faktor, dem der plakativen Erkennungszeichen im Kulturrelativismus macht sich neben der aufgebotenen Darstellerriege und ihrem einhergehenden Unvermögen [ mal abseits von Ray Lui und Callan Leung, die Besseres verdient und auch Besseres geleistet haben ] addierend zu der geldgierig infamen Bildbetrachtung deutlich bemerkbar, warum und wodurch man das Interesse von Joseph Lais IFD Films and Arts Limited erweckt und den prompt folgenden Aufkauf samt marktheischender Zweitverwertung zur Folge hat. International vertrieben unter dem folgerichtigen Aufhänger Magnum Thunderbolt [ nicht zu verwechseln mit dem hierzulande derartig umbenannten Majestic Thunderbolt ] erwartet den geneigten Zuschauer mit Ambiguitätstoleranz neben üblen Prügeleien ein Panoptikum ganz besonderer, die Aufmerksamkeit einverleibender und in die Vorstellungskraft eindringender Sehenswürdigkeiten; fern jeder Eleganz oder anderweitiger gefragter Sitten. Je nach Auffassung lächerlich bis misanthropisch, für die sensationsbegierige Masse trotzdem bedeutsam sind, in gesteigerter Aufzählung:

Eine Bodypaintsession am Strand, in der kleine Babyschildkröten der am Boden festgebundenen Dame über die nackte Brust laufen und die Farbe verteilen, während die Scham nur von einer Staude geschickt platzierter Weintrauben dezent bedeckt wird. Außerdem wehrt sich einer der ins Zielvisier von Wai Fei geratenen Drogenhändler ausgerechnet damit, dass er sich als Frau schminkt und im entsprechenden Aufzug mit einem gefakten Baby und Bombe im Kinderwagen an den Attentäter heranpirscht. Weibliche Tatverdächtige werden vor den Augen anwesender Polizisten bis auf die Unterwäsche gefilzt und dann noch ohne Höschen zu Hüpfübungen animiert. Unliebsame Mitwisser mit der kochend heißen Munddusche ins Jenseits vertrieben...

Details
Ähnliche Filme