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Etwa gewagt war es ja schon, als Roger Corman die bekannte Kurzgeschichte „Die Maske des Roten Todes" in ein Spielfilmformat goss und den Vorzeigegrusler aus dem Hause Hammer Vincent Price die zwielichtige Gestalt des Adligen Prospero mimen ließ. Das musste unweigerlich heißen, dass die Geschichte mit zusätzlichen Versatzstücken aus dem Horrorbereich ausgebaut werden musste, denn die Vorlage von Poe, so schaurig schön auch geschrieben, wäre dann doch zu schnell erzählt. Im wörtlichen Sinne kann sich das Endergebnis durchaus sehen lassen, doch wie so oft, folgt der äußeren Form der Inhalt nur in bedingter Weise.

Die Pest als eine der größten Geißel des Mittelalters ist für einen Horrorfilm eine brauchbare Grundlage. Der tödliche Gegner kommt aus dieser Welt und ist nicht gleich einem Fabelwesen der Fantasie entsprungen, ist für jeden als Gefahr verständlich und dennoch schlecht greifbar. Sie zu bekämpfen ist in der damaligen Zeit mangels medizinischer Kenntnisse kaum möglich, zumal religiöse Schranken eine richtige Behandlung zumeist auch behinderten. Wenn sich dann inmitten dieses unerbittlichen Kampfes auch noch arm und reich gegenüberstehen, so ist der Nährboden für einige Auseinandersetzungen bereitet.

Doch Prospero ist nicht der nur der typische Verächter armer Leute. Er ist - im Gegensatz zur Buchvorlage - auch gegenüber seinesgleichen brutal eingestellt und lässt aus reiner Mordlust vor seinem Schloss auch reiche Edelmänner dahinmetzeln, was schon irgendwie eine neue Qualität von Herrschertyrannei bedeutet, wobei dieser Charakterzug irgendwie einen unglaubwürdigen Nachgeschmack hinterlässt. Was treibt Prospero denn zu solch einem Verhalten?

Nun, da Satanismus oder Okkultismus im Allgemeinen desöfteren Bestandteil der zahlreichen Hammer-Horror-Filmen waren, lag es nahe, auch hier mit Vincent Price auf dieser ergiebigen Schiene zu fahren. An für sich auch eine gute Idee, zu dem bunten Treiben im mittelalterlichen Schloss, seiner opulenten Farbenpracht und all der Dekadenz der verdorbenen Gesellschaft einen düsteren Kontrast setzen zu wollen. Doch Price spielt seine Rolle dann doch eher blutarm und mit steifer Mimik. Seine Versuche, die Hinwendung zu seiner teuflischen Religion mit philosophisch anmutenden Thesen zu unterfüttern, wirken zum Großteil banal und aufgesetzt. Man muss ja nicht vom Zuschauer verlangen, sich zum Satanskult hingezogen zu fühlen, aber man hätte so Prospero vielleicht besser verstehen können. So wirkt er nur wie ein Wahnsinniger, über deren Taten man bei allem Abscheu und vollem Unverständnis nur mit den Schultern zucken kann.

Genau so das Verhalten von Francesca, einem Mädchen aus dem Dorf, der bei einem perfiden Wettkampf der Vater genommen wurde, während man ihren Liebsten zurück ins verseuchte Dorf jagte. Man hätte erwarten können, dass diese blind vor Hass wird und die blanke Wut in ihren Augen steht oder aber eine Bekehrung durch den Meister mit dem Resultat glühender Verehrung endet. Doch ihre schlafwandlerische Art spricht eher für einen Schock oder auch einen unerklärlichen Drogenkonsum. Doch auch das wird nicht konsequent umgesetzt, denn sie macht dennoch Prospero Vorwürfe, ohne dabei richtig in Rage zu geraten.

Roger Corman ließ es sich nicht nehmen, mit einigen Details dem weiteren Werk des Edgar Allen Poe zu huldigen. So sind solche Symbolismen wie ein Rabe oder ein übergroßes Uhrpendel nur allzu gut als eine augenzwinkernde Reminiszenz an den Altmeister des Grauens zu deuten. Was den Film sogar noch sichtbar aufwertet, ist die erschütternde Adaption der Kurzgeschichte „Huppefrosch", worin ein mit Spott bedachter Gaukler furchtbare Rache nimmt, indem er einen als Gorilla verkleideten Reichen am Kronleuchter hochgezogen verbrennen lässt. Das passt so vortrefflich in die Welt voller Wahnsinn und Perversionen eines Properos, der sich an diesem Schauspiel sogar noch erfreut.

Auch die weiteren Schauwerte stimmen wenigstens, die Kostümpracht des nächtlichen Balls ist in seiner barocken Ästhetik ausufernd schön, wobei man die verschiedenfarbigen Säle zu eher kleinen Salons mutieren ließ und auch nicht alle Farben - nämlich sieben - präsentiert. Fällt bestimmt nicht weiter ins Gewicht, aber wenn schon die Vorlage wenig hergibt, so hätte man ja mehr ins Detail gehen können. So fehlen auch die unheilvollen Uhrenschläge zur vollen Stunde, was ja auch ein gutes Stilmittel zur Steigerung der Spannungskurve hätte sein können - und der Ankündigung des Mannes, der mit seinem roten Mantel farbentechnisch so gar nicht in diesen Abend hineinpasst. Das tödliche Ende hingegen wird schauerlich schön präsentiert, geradezu zelebriert. Die Pest macht keinen Unterschied nach dem Geldbeutel, und dass kann man hier ausnahmsweise auch mal gut finden.

Insgesamt bleibt „Satanas" dennoch eine zähe Angelegenheit. Vielleicht hätte Corman besser dran getan, die Geschichte nach der Machart seiner „Schwarzen Geschichten" in ein kürzeres Gewand zu packen, denn über weite Strecken stellt sich schon mal gepflegte Langeweile ein. Wenn dann auch noch Vincent Price etwas diabolischer im besten Sinne des Wortes rüber gekommen wäre, wir hätten den perfekten Gothic-Horror-Schocker gesehen. Schade eigentlich...

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