Review

Wow... was für ein Film. Es passiert mir selten, dass ich nach dem eigentlichen Ende des Films auch noch den Abspann durchlaufen lasse und dabei sitzen bleibe. Letztmalig war dies bei Almoust Famous der Fall. War es damals das Auskosten der diversen Gefühle nach dem Film, so habe ich diesmal weniger auf den Abspann selbst geachtet sondern mehr die Zeit genutzt, um die faszinierenden Mosaikstückchen zu einem Ganzen zusammen zu bringen.

Die Story ist vom Ansatz her simpel, in Ihrer Ganzheit etwas bisher Einmaliges: Ein Mann sucht den Mörder seiner Frau (soweit simpel), dem er aber auch den Verlust seines Kurzzeitgedächnisses zu verdanken hat! Moment? Was heißt das? Das fehlende Kurzzeitgedächnis sorgt dafür, dass seine Erinnerungen sich auf die Zeit vor der Tat beschränken. Alles, was danach kommt, muss er sich über Notizen, kommentierte Bilder und Tätowierungen an seinem Körper merken. U.a. auch sein Ziel, den Mörder seiner Frau zu finden und zu töten.

Weiterhin einmalig ist die Erzählweise des Films. Wird im Normalfall die Story mit fortschreitender Zeit erzählt, passiert dies hier stückweise rückwärts. Es werden immer Abschnitte gezeigt, wobei nach jedem Abschnitt das vorangehende kommt. Das Ende eines Abschnitts schließt somit nahtlos an den Anfang des vorangehenden Abschnitts an! Zusätzlich werden Zeitabschnitte in voranschreitender Folge eingeworfen, die sich aber dank S/W Darstellung klar von den rückwärts laufenden Abschnitten unterscheiden lassen.

Dies führt dazu, dass man sich als Zuschauer voll und ganz auf den Film einlassen muss, da man sonst Probleme bekommt, dem Film zu folgen. Letzteres ist aber kein grosses Problem, es dauert nur wenige Minuten, bis man alles um sich herum vergißt und sich dem Bann des Films überläßt. Wer glaubt, dass diese Erzählweise langweilig ist, irrt sich gewaltig. Als Zuschauer bekommt man Mosaikstückchen um Mosaikstückchen präsentiert, bastelt sich parallel zum Filmverlauf seine Story zusammen und wird am Ende dann doch überrascht.

Ähnlich wie bei Sixth Sense geben die letzten Minuten dem Film eine Wendung, die auch teilweise für Spekulationen offen bleibt. Nichtsdestotrotz rattert mit dem Beginn des Abspanns das eigene Hirn los und füllt die bis dahin offenen Lücken der Story aus. Eins führt zum anderen, die möglichen Spekulation nimmt man mit einem breiten, zufriedenen Grinsen hin. Eigentlich möchte man den Film gleich noch ein zweites Mal sehen!

Die Verbindung von fehlendem Kurzzeitgedächnis und rückwärts verlaufender Storyline ermöglichst Konstrukte, die sonst so nicht möglich wären. Bezeichnend ist z.B. eine Szene, in der die Schwäche des Hauptdarstellers gnadenlos ausgenutzt wird. Der Zuschauer erfährt dies durch die rückwärts verlaufende Story erst nach Abschluss von zwei Abschnitten, obwohl der Zeitpunkt des Ausnutzens genau mittig zwischen diesen beiden Abschnitten liegt - einfach genial.

Die Besetzung der Rollen ist durchweg gelungen. Eigentlich gibt es nur eine Hauptrolle, die des Mannes auf der Suche nach dem Mörder, gespielt von Guy Pearce. In einer der Nebenrollen ist Matrix-Schönheit Carrie-Anne Moss zu sehen, die eine auch storymäßig durchaus interessante Barfrau spielt. Die Charakterdarstellung von Guy Pearce ist einwandfrei, aber auch die Charaktere der relevanten (Haupt-)Nebenrollen werden im Verlaufe des Films transparent.

Die Doppel-DVD (RC2, deutsch) scheint dem Film gerecht zu werden. Auf der ersten Disk befindet sich der Film, die zweite ist voll mit Bonusmaterial. Ein Hidden Feature soll dafür sorgen, dass man sich die Abschnitte auch in fortlaufender Zeit anschauen kann, ein Experiment ist das sicher wert.

Fazit: Volle 10/10 Punkte in der OFDB Wertung, und das passiert mir so gut wie nie. Vor dem Drehbuch-Schreiber und Regisseur Christopher Nolan kann man sich nur in Ehrfurcht verneigen. Ich kann nur hoffen, dass wir noch weitere Meisterwerke von diesem Mann sehen werden. Die DVD hat ihren Stammplatz im Archiv sicher.

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