Jetzt ist also Brigitte Monhaupt tatsächlich frei. Ein guter Anlass für mich über diesen Doku-Spielfilm von 1997 zu schreiben.
Es ist der 5. September 1977 und Arbeitgeberpräsident Martin Schleyer ist auf dem Weg zu seiner Wohnung. Auf einmal wird der Wagen gestoppt und mehrere bewaffnete Terroristen der RAF töten sowohl seinen Chauffeur als auch die drei zu seinem Schutz eingestzeten Polizeibeamten und entführen ihn. Das Ziel:
Die Freilassung von elf inhaftierten Mitgliedern der Roten Armee Fraktion. Unter ihnen die Begründer der Organisation; Andreas Baader und Gudrun Ensslin.
Doch Bundeskanzler Helmut Schmidt verfolgt eisern die Prämisse: Ein Land darf sich nicht erpressen lassen.
Als den Forderungen der Terroristen auch nach Wochen nicht nachgegeben wird, kommt es zur Katastrophe:
Am 13. Oktober wird das Lufthansa Flugzeug "Landshut" von vier palästinensischen Teroreinheiten auf dem Flug von Palma de Mallorca nach Frankfurth entführt. Ab da beginnt eine Tour-de-Force für die 82 Passagiere und 5 Crew-Mitglieder an deren Ende die Bundesregierung vor dem größten Skandal ihrer bisherigen Geschichte steht, die GSG9 sich als Spezialeinheit etabliert und sowohl Baader, Ensslin als auch Schleyer nicht mehr am Leben sind.
Der Deutsche Herbst ist auch heute noch ein Begriff. So ist es nun mehr als verständlich dass dieser Film zur Aufbereitung dieses jüngeren grausamen Kapitels der deutschen Geschichte
entstand. Die Vermischung historischer Szenen, Interviews und eigens gefilmter dramatischer Stellen gelang hervorragend. Ganz im Stile einer Guido Knopp Dokumentation und dennoch eigenständig und berührend. Die Schauspieler machen (fast) alle ihre Sache sehr gut und können auch in emotionalen Momenten überzeugen. Hans Brenner sieht in einigen Momenten Schleyer tatsächlich wie aus dem Gesicht geschnitten ähnlich und einzig Adolph Spalinger in einer Nebenrolle als älterer Herr konnte mich nicht sonderlich überzeugen. Ebenso wissen die Interviews, in denen auch einige der einstigen Terroristen zu Wort kommen, zu beeindrucken. Schmidt, wie immer Kettenrauchend, bei der Rechtfertigung seiner harten Entscheidung zu zuhören ist spannend und informativ. Schließlich ging er das Risiko ein, dass 90 Menschen ermordet wurden, nur um die Staatliche Unangetastetheit zu verfechten.
So muss Geschichte aussehen. Spannend und unverfälscht. Authentisch und trotzdem emotional. Zurecht wurde Heinrich Breloers Film 1997 mit dem Bambi als "Bestes Fernsehspiel" ausgezeichnet. Also bestens geeignet für geschichtsinteressierte Menschen wie mich, die zu klein oder noch gar nicht geboren waren, um zu wissen dass Deutschland vor gar nicht allzu langer Zeit einmal einige Wochen am absoluten Abgrund stand.
In diesem Genre 9 von 10 Punkten !