Review
von Leimbacher-Mario
Auf Tauchstation mit der Zukunft
Schon im Review zu "Treasure Planet" habe ich "Atlantis" erwähnt und als perfekten Doppelpartner angepriesen. Die Reise zu der verlorenen Stadt mit einem futuristischen U-Boot und einer tatkräftgen Mannschaft kam ein Jahr vor dem wesentlich teureren "Der Schatzplanet" in die Kinos, ging dort aber ähnlich baden. Mir gefällt er allerdings mindestens genauso gut, vielleicht sogar noch ein Stück besser. Ich will zwischen den zwei Filmen auch gar nicht zu viel vergleichen, sie ergänzen sich klasse, doch wo "Der Schatzplanet" vielleicht hübscher, dreidimensionaler und detaillierter ist, punktet "Atlantis" mit noch mehr Härte, Reife, Dunkelheit. Gesungen wird auch hier nicht, dafür kommt eine recht klassische Romanze zurück, ohne dabei aber zu kitschig zu wirken oder sich mit dem düsteren Grundton zu stoßen. Oft erinnert das militärische Vorrücken auf eine unbekannte, erst auf den zweiten Blick sehr fortschrittliche Zivilisation (plus der Liebelei) sogar etwas an Camerons erstes Abenteuer auf Pandora. Ich bin überzeugt davon, dass er diese versunkene Disneyperle kennt und mag.
"Atlantis" verbindet alte Jules Verne-Geschichten mit der Ästhetik und Schnelligkeit aktueller Blockbustergewohnheiten. Oft würde man sich wünschen, ein paar Settings und Höhlen und Szenen sogar länger genießen zu können, doch eine allzu lange Spieldauer hat sich Disney dann wohl doch nicht getraut. Mit über 90 Minuten geht das Abenteuer eh schon länger als der durchschnittliche Disneyanimationsfilm. Ähnliches gilt für die Figuren, bei denen manch ein interessanter Nebencharakter mehr Licht auf seine persönliche Geschichte verdient gehabt hätte ("Sweet" oder "Audrey" besipielsweise). Während andere, wie etwa "Mole", ganz klar als sporadischer, witziger Sidekick am besten funktionieren. Apropos: selbst der Humor wird extrem zurückgefahren. Von seinen Farben, visuell wie thematisch, ist "Atlantis" fast eine Art Gegenentwurf zu dem kurz zuvor erschienen "Ein Königreich für ein Lama" (der aber auf seine Art ebenfalls sehr gut ist). "Atlantis" hat zudem noch einen Bonus durch Michael J. Fox, der unseren nerdigen Forscherhelden Milo Thatch spricht und den man immer gerne hört.
Fazit: "Atlantis" war der erste (nahezu) reinrassige Actionkracher aus dem Hause Disney. Erwachsen, düster, stark, wenn auch storytechnisch jetzt nicht super kreativ. Schade, dass es für diese Art von Animation scheinbar nur ein sehr übersichtliches Publikum gibt. Wetten, dass dieses Tiefseeabenteuer jedem noch so großen Disneymuffel gefällt?!
P.S.: An einer Stelle hatte ich wirklich kurz gedacht, dass ein Bösewicht in eine laufende Flugzeugturbine (!) gefallen wäre - was schon alles über die reife Grundstimmung und die fiesen Gegenspieler sagen dürfte...