Sicherlich ist „Atlantis – Das Geheimnis der verlorenen Stadt“ ein etwas anderer Disneyfilm, aber komplett gelungen ist das Werk trotzdem nicht.
Mit der Hauptfigur Milo Thatch ist dem kreativen Team hinter der ganzen Sache allerdings ein Charakter gelungen, der ältere wie jüngere Zuschauer anzusprechen weiß. Für die jüngeren hat man hier den lustigen Tollpatsch, der natürlich nachher über sich hinauswachsen darf; ein Klischee, welches älteren Zuschauern hingegen etwas abgestanden erscheint. Aber gerade für die Darstellung von Milos Alltagsleben als Laufbursche im Naturkundemuseum etwas, denn hier kann jeder Parallelen zum eigenen Alltag ziehen, wenn dort mal wieder was schief gelaufen ist.
Doch dann hat Milo ausnahmsweise mal Glück: Weil sein Großvater glaubte, den Standort von Atlantis ausfindig machen zu können, wird er für eine Expedition dorthin angeworben. Auftritt diverser Sidekicks, von der blonden Powerfrau über den muskelbepackten Anführer bis hin zum Buddler, einem Comedic Sidekick. Sicherlich stehen diese alle für gewisse Stereotypen, aber das bunt zusammen gewürfelte Team kann auf der Sympathieskala überraschenderweise ebenso gut punkten wie Milo.
Es geht ab in die Tiefe, wo man zuallererst die unangenehme Bekanntschaft eines stinkigen Riesenhummers macht, der diverse gesichtlose Nebenfiguren wegputzt und damit den Haufen soeben eingeführter Charaktere übrig lässt, die sich gerade noch nach Atlantis retten können. Doch dort fangen die wahren Schwierigkeiten an und die haben nicht unbedingt was mit Tiefseemonstern zu tun…
Von technischer Seite her kann man Disney bei „Atlantis“ definitiv keine Vorwürfe machen, denn Charme haben die Zeichnungen auf jeden Fall. Von Jules Verne und ähnlich gelagerter Abenteuerliteratur inspiriert kann der Look des Films punkten und selten wird es zu knuffig (so wirkt der seltsam proportionierte Buddler teilweise etwas seltsam neben den realistischer anmutenden restlichen Figuren). Ab und zu wird der PC eingesetzt, was aber erfreulicherweise nicht den Charme des Films kaputtmacht.
Doch leider lässt die Qualität des Films mit zunehmender Spieldauer ab. Fangen wir also mit dem ziemlich gelungenen Anfangspart des Films an: Eine ziemlich spannende Expedition Richtung Atlantis mit ein paar netten, unaufdringlichen Gags und einigen Actionszenen, die überraschend bombastisch und spektakulär rüberkommen, was bei gezeichneten oder animierten Filmen ja nicht immer der Fall ist. Vor allem die erwähnte Hummerattacke sieht ziemlich schick aus und markiert das eigentliche Highlight des Films.
In Atlantis selbst angekommen, ist dann wieder gewohnte Disney-Idylle angesagt. Milo darf zart mit einer Untergetauchten anbandeln, die zudem die Tochter desjenigen ist, der gerade in Atlantis den Tortenheber schwingt, alles ist märchenhaft schön usw. Doch erfreulicherweise kommt dies nicht allzu kitschig rüber und langweilt auch nicht, obwohl man hier einen der weniger aufregenden Parts vor sich hat.
Doch gerade zum Ende hin lässt „Atlantis“ deutlich nach: Die übliche Kritik an den bösen gewinnsüchtigen Menschen (dabei dürften gerade diese sehr häufig in den Disney-Chefetagen zu finden sein), die in einer handelsüblichen, klischeeüberladenen Schlacht gut gegen böse gipfelt. Als Fieslinge entpuppen sich nicht nur die, die direkt danach aussehen, ihre Handlanger werden grundlos in Gasmasken geproppt, damit auch ja jegliches Fieslingsklischee wiedergegeben wird. Zudem bietet die Endschlacht sehr unspektakuläre gezeichnete Action (dabei hatte der Film ja gerade diese Klippe zuvor so gut umschifft) und dürfte kaum einen Zuschauer jenseits von zehn Lenzen begeistern können. Kitsch-Ende drangetackert und gut (oder weniger gut) is’.
So bleibt dann im Endeffekt ein ganz nettes, etwas anderes Disney-Vehikel, das aber leider gegen Ende zu sehr nachlässt.