Pokemon ist und bleibt ein Phänomen. Nachdem das Videospiel den japanischen Markt im Sturm eroberte, brach eine Merchandisewelle über die gesamte Welt aus, die sogar Star Wars Fans zu imponieren vermochte. Neben unzähligen Plüschtieren, Sammelkarten und anderen kindertauglichen Produkten kristallisierte sich aus dem Franchise auch eine TV-Serie heraus. Wie der ganze Mythos selbst, polarisiert auch diese...
Ich will nicht abstreiten, dass die Serie so ziemlich jedes Klischee bedient, was einem in den Sinn kommt, wenn man an Animes denkt. Und ja, es dreht sich tatsächlich alles um diese putativ nervigen Kreaturen. Auf einen Schlag fallen mir unzählige Punkte auf, die Filmfeinschmeckern übel aufstoßen: Geringe Charaktertiefe, kitschiges Design, ausgetretene Handlungen und so weiter...
Aber ich denke, dass die Serie hauptsächlich deshalb so verrissen wird, weil viele sich schlichtweg schämen würden, eine Kinderserie zu sehen. Natürlch ist es irgendwie peinlich, wenn man ein kleinen Jungen mit einem Plüschpikachu herumspielen sieht und man dann argwöhnt, sich womöglich auf dessen Niveau herabgelassen zu haben.
Tatsächlich ist es aber so, dass die Serie eigentlich eine ganze Menge Punkte aufweist, die auch für Erwachsene unterhaltsam sind! Im Fokus stehen immer irgendwelche sozialen Probleme. Häufig eben auch transsozial. Sie werden entweder direkt auf die menschlichen Protagonisten projeziert, oder abstrakt durch die ominösen Pokemon dargestellt. Gerade hier verliert sich die Serie sicherlich im Kitsch. Objektiv betrachtet werden die Pokemon aber als Metaphern auf die Realität "missbraucht". Dieser Umstand hilft auch jüngeren Zuschauern, sich mit den Thematiken auseinanderzusetzen. Diese Art und Weise ist natürlich im gesamten Kosmos der kindertauglichen Zeichentrickfilme anzufinden, aber gerade hier - bei Pokemon - ist sie der Stein zum Anstoß des Hasses.
Desweiteren lebt die Serie von ihrem teils flachen Humor, der aber wenigsten Langeweile hemmt. Hervorzuheben sind hier die Running Gags: Die oppositionelle Gruppe tritt praktisch immer gleich auf und verabschiedet sich am Ende auch immer wieder auf demselben Weg; das Pokemon Enton ist selten dämlich und derart verplant, dass es stets versucht seine Dummheit mit seinen beiden flossenartigen Händen im Kopf zu behalten und dabei schaut, als ob es tausend wichtige Dinge auf einmal vergessen hätte und schließlich ist da noch das besserwisserische Verhalten des Protagonisten. Man vergleiche dies zum Beispiel mit dem immer wieder auftretenden Ableben des Kenny aus South Park.
Um einen Schlussstrich zu ziehen: Wie bei jedem Film und bei jeder Serie sollte man an die Pokemon nicht mit Vorteilen herangehen. Wie das Videospiel selbst bietet die Serie grundsolide Unterhaltung ohne Höhepunkte und reiht sich dabei eher in die Masse der Animeserien ein als in die Masse der kapitalistischen Pokemonausschlachtungen.