Review

-spoilerfrei-

Nachdem sich der japanische Meisterregisseur Ryuhei Kitamura noch immer mit der seit 2001 offiziell angekündigten Fortsetzung seines Megakrachers "Versus" noch immer ordentlich Zeit lässt, war es nur eine Frage der Zeit bis jemand in die entstandene Lücke prescht und für die beständig wachsende "Versus"-Fangemeinde neues Futter liefert. Konzeptionell gibt es hier nämlich massenweise Parallelen zum Quasi-Vorbild.

Regie hat bekanntlich der Action-Director von "Versus" (der ja damit für mehr als den halben Film verantortlich war ;-) Yuji Shimomura geführt und die Hauptrolle ging an "Versus"-(Anti-)Heroe Tak Sakaguchi. Beste Vorraussetzungen also für einen Mega-Hit, der der Film dann auch tatsächlich geworden ist.

Rein inhaltlich gibt es eigentlich nichts zu schreiben; die Story ist genauso unwichtig wie platt und dient eindeutig nur um möglichst viele, möglichst lange, möglichst einfallsreiche und vor allem möglichst coole Actionszenen aneinanderzureihen. Um dies zu vertuschen fällt das Erzähltempo entsprechend hoch aus. Falls es trotzdem jemanden interessiert, es geht wohl um einen gewissen "Grave" (Tak Sakaguchi), der Priestern einen großen Sarg stehlt, der angeblich Wünsche erfüllt (?), diesen ewig mit sich herum schleppt und dabei diverse andere Sarg-Jäger bekämpft... usw... Zeit und Ort spielen übrigens keine Rolle und sind auch nicht ersichtlich, meist wirkt alles sehr mittelalterlich, aber es gibt auch Handfeuerwaffen und Motorräder: Eben feinstes Manga-Ambiente (überhaupt mutet der Film oft wie eine Manga-Verfilmung an, ist aber keine.)

Die größte Stärke des Films liegt in seiner erstklassigen Inszenierung, Yuji Shimomura kopiert dabei Kitamura's Stil quasi 1:1 - geniale, innovative Kameraführung mit Liebe zu sehr, sehr langen Sequenzen, sorgfältig ausgewählte Perspektiven, massiver und stets passender Stilmittel-Einsatz (vor allem diverse Filter) machen den Film optisch zu einer absoluten Wucht, die sich selbst hinter Kitamura's Filmen nicht zu verstecken braucht (diesen aber eigenartigerweise bis ins Detail gleicht, es gibt sogar eine Filmtiteleinblendung am Anfang des Abspanns - ein Markenzeichen Kitamuras). Auf die Spitze getrieben werden Style und Coolness in den von Tak Sackaguchi als Action-Director höchst persönlich entworfenen Action-Sequenzen, die vor Einfallsreichtum und Esprit nur so strotzen. Martial-Arts, Prügeleien, Swordplay, Schießereien und sogar eine Bazooka kommen zum Einsatz. Erwähnennswert ist an dieser Stelle noch, dass es hier im Prinzip keinen Splatter gibt, Blut fließt fast nur im Finale in rauen Mengen - von Metzeleien a la "Versus" ist man stets weit entfernt, was aber nich stört. Die Choreografie ist immer over-the-top und zeigt der versammelten Genre-Konkurrenz wo das Samurai-Schwert hängt (sorry für den Kalauer). Absoluter Wahnsinn, für Genre-Fans die ultimative Offenabrung, was hier geboten wird und ein erneuter Beweis, dass man mit genügend Talent auch mit kleinem Budget unglaubliche Action drehen kann. Auf CGI ist man dabei ohnehin kaum angewiesen und setzt Computertricks auch nur sehr selten ein, die sehen dann aber ganz vernünftig aus.

Die Atmosphäre ist übrigens recht düster; dunkle, matschige Farbtöne beherrschen das Bild, Ausstattung und Kostüme haben einen gewissen Gothic-Touch; vieles wirkt ähnlich esoterisch wie in "Versus"; das will irgendwie nicht so recht mit dem gelegentlich eingestreuten Slapstick harmonieren, den der Film auch überhaupt nicht nötig hat, aber zumindest eine sehr eigene Note gibt, wirklich lustig fand ich das meiste nicht. Da gefielen mir die coolen Dialoge und Oneliner schon viel besser, wobei das alles nicht ganz so abgedreht wie in "Versus" wirkt.

Der Soundtrack stammt übrigens von der japansichen Metal-Band "Dir En Grey", deren brutalere Stücke auch sehr häufig verwendet werden und genial in die Action-Szenen passen - auch etwas besonderes, da solche, "härtere" Musik meist nicht in Filmen verwendet wird. Wenn Tak am Ende sein Schwert zieht und das mit brachialen Metal-Riffs untermalt wird kann man nur noch feiern.

Die Besetzung ist freilich gelungen, müssen die Darsteller doch nur angemessene Kampfsport-Erfahrung und ein gewisses Charisma haben - Tak's Stärke, außer vielleicht Schwarzenegger in seiner Praderolle fällt mir kein Action-Star mit derartiger Ausstrahlung ein. Übrigens spielt auch Steven Seagal's Sohn Kintano mit.

Was soll man noch zu diesem Film schreiben? Er ist einfach nur absolut kultverdächtig und wahnsinnig unterhaltsam, kompromissloser Japan-Actioner für Fans, aber auch nur für Fans. Wer mit "Versus" nichts anfagen konnte und nicht auf Spannung oder einen richtigen Plot verzichten kann, wird wohl auch hier nicht glücklich...

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