Heidewitzka, Herr Kapitän.
Just wenn man schon alle Hoffnung auf einen straighten, extem blutigen und nicht schreiend bekloppten Slasher aufgegeben hat, sollten man darauf achten, wenn einem ein halbverfaultes Monster "Feast" vor die Füße kotzt.
Denn "Feast" macht, was Genrefans angeht, eigentlich alles richtig, was auch ein normaler Horrorfan ohne Betonung auf extra schlechte Lach-Ware wirklich genießen kann. Er ist hart, dreckig, direkt, verzichtet auf die meistens Klischees-Stereotypen (bzw. wischt mit ihnen den Boden auf), geht voll auf die Zwölf, verzichtet auf Erklärungen und zieht sein Ding in kompakten 77,5 Minuten durch, so daß man hinterher garantiert noch auf Rolle gehen kann.
Die Grundsituation ist dabei schon das Abgetragenste, die gute alte Western-Belagerung, diesmal in Form einer Bar am Wüstenarsch der Welt (also in den Staaten), wo sich ein paar Honks, Rauhbeine und einige normale Typen irgendwie auf einen Drink zusammen gefunden haben. Warum, ist unwichtig und wird nur rudimentär erwähnt - und spielt dann auch binnen weniger Minuten keine Rolle mehr. Wichtig ist, wie John Gulager samt seines Teams mit diesem unausweichlichen Faktor der Einführung umgehen. Sie führen jede Figur kurz ein, geben einen Fingerzeig in Richtung Status ihrer Existenz, frieren sie dann ein und präsentieren eine wunderbar ironische Breitseiteneinblendung über Identität, Wissenwertes und ihre Überlebensaussichten - womit aller Ernst der Sache bereits beseitigt wäre. Spätestens 15 Minuten später ist aus dem Spaß wieder Ernst und dann wieder Spaß geworden, denn da haben extrem schnelle, halb verwest wirkende, zahnbewerte und schwer zu tötende Monstren bereits angegriffen und in einem Handstreich genau die Charaktere verfrühstückt, die auch nur ansatzweise als typischer Genreheld herhalten könnte und nur die Outcasts übrig gelassen. Und das haben sie wenig sauber erledigt, so daß schon nach wenigen Minuten die Soße hektoliterweise über den Tresen spritzt.
Nicht, daß die Macher jetzt besonders viel Geld besessen hätten, um diesen Film zu drehen (angeblich 3,2 Mio. Budget, woran offenbar auch noch die Weinsteins und das Produzentengespann Damon/Affleck rumgeschraubt haben) - "Feast" ist kostengünstig, straight und sehr geschickt inszeniert, alles an einem Ort und in einer Nacht und für eineinviertel Stunden funktioniert das überaus kompakt.
Das liegt nicht nur an einigen fiesen Maskeneffekten und dem erhöhten Splatterfaktor, sondern auch an etwas angeschrägten, aber nie total albernen Charakteren - es sind einfach nur nicht die typisch toughen Kerls und strammen Mädels, sondern u.a. zwei alte Leute, ein Dorftrottel, ein Rollstuhlfahrer, ein Motivationstrainer und die alleinstehende Mutti, deren Kind in Minute 20 so dekorativ weggeknuspert wurde, daß man sofort weiß, das hier nichts und niemand sicher ist. Die alten Regeln gelten also nur bedingt und mit dem üblichen "die halbwegs normalen Kerls werden es schon schaffen" sollte man sich hier auch nicht unbedingt anfreunden, vor allem weil dem Ganzen ein immer wieder aufflackernder grimmiger Humor unterlegt wurde, der aber nie ins betont Alberne oder Gewollte abdriftet.
Der Verzicht auf Namen und Geschichten hinter den Figuren (größtenteils), die Identifikation über Beruf, Funktion oder Spitzname, das alles zeugt von einem präzisen Verständnis für typische Genreproduktionen und allein die Tatsache, daß sich hier niemand extremst scheiße doof aufführen muß und gleichzeitig nichts wirklich sicher ist (auch Gut und Böse verschwimmen in Randzonen) macht "Feast" zu einen kleinen, derben Juwel, das zielgerichtet nur das liefert, was es ist: eine endlose verzweifelte Nacht, eine schier ausweglose Situation und beklemmende Spannung, gekonnt angerichtet und ohne Schlenker durchgezogen.
Kurz und schmerzhaft, hier hat sich jemand seine zwei Fortsetzungen mal wirklich verdient. (8/10)