Review

Eine beinah absurd klingende und dafür umso besser funktionierende Mischung aus Eastern und Edgar Wallace. Ein Kriminalmärchen im breiten, farbenträchtigen Shawscope.
Kein "Martial Arts noir"; dafür liegen zwar die leitmotivischen Elemente Verlockung, Verführung, Leidenschaft, Vertrauen, Gier, Verrat, Lug, Betrug und Mord, aber die Gesamtdefinition nicht passgenau vor. Stoff und Stimmung sind auch nicht so dunkel verfinstert, dass man pessimistisch erscheint, sondern eher in Richtung pulp novel weist. Ambush nutzt infolgedessen die Möglichkeit, aus zu staubtrockenen Gefilden auszubrechen und seine Geschichte mit Mehr [Intrigen] anzureichern, als die sonstigen Repräsentationen üblicherweise in der Lage zu sind.

Dies ist ebenso angenehm wie die Tatsache, dass man diesmal nicht als Prolog einen ellenlang eingesprochenen Text zur Vorstellung der Situation und der Personen bereithält, sondern auf diese Fadesse verzichtet und in der Lage ist, seine Erzählung selbstständig anzuleiern. Wirrsal, Geschwätz und Masslosigkeit ist dabei von vornherein ebenso unterbunden wie man als Zuschauer auch in den Genuss der Narration von Beginn weg gelangt und nicht irgendwo mittig in den bereits gärenden Tumult geworfen wird.
Nichtdestotrotz fängt man auch hier schnell an; für die nötige Kurzinformation in Ton und Bild genügt eine klare Szene:

Chief Wan leitet ebenso wie sein Bruder Fan Zhi Long [ Yeung Chi Hing ] einen Sicherheitsdienst, spezialisiert auf Eskorten. Wan bittet Fan um Verstärkung, da er wertvolle Juwelen in die Hauptstadt transportieren muss. Prompt werden sie überfallen; jedoch steckt Fan zusammen mit seinem Helfer Tu Ba [ Wong Hap ] selber dahinter. Wan wird bei der Verteidigung schwer verletzt und stürzt einen Abhang hinunter.

Der rasche Beginn könnte zu allem Möglichen führen; natürlich fällt die Rache dabei als Erstes in den Sinn und wird mit Wans Sohn Wan Chao Fan [ Chiu Hung ] auch das geeignete Musterbeispiel mit Motiv aufgeboten. Dieser gerät als Nächstes in Verdacht, den Überfall geplant zu haben, widersetzt sich der Festnahme und macht sich allein auf die Suche nach dem Übeltäter. Dabei trifft er auf eine Gaunerbande, einen Swordsman, der im Auftrag des Eigentümers der Juwelen handelt, seine mittlerweile mit Fan verheiratete Exfreundin und seine Cousine; allesamt verwickelt in der Hatz nach dem begehrten Gut.

Was nun folgt ist also auch die Mär vom Recken gegen Denunziation und Verleumdung sowie die Wiederherstellung des guten Rufes seines Vaters; allerdings im gewissen anderen Ambiente. Hinzukommen tut neben der fortschreitenden Abhandlung von Recht gegen Unrecht nämlich noch das Anklingen einer Schauergeschichte auf kleinem Rahmen plus das Aufdecken eines Mordes und die Demaskierung eines jedesmal im ungünstigsten Moment auftauchenden Spitzbuben, der aus der Ferne die Fäden zieht und die Todespfeile wirft. Dabei wandert man aus der greifbaren Welt hinaus und macht Umwege in die Mysteriösität, wobei man sich auf dem Pfad zwischen Tradition und Neu entfaltet und gleichzeitig die verträgliche Gleichstimmung im Auge behält. Das Geschehen wird in mehreren Wirklichkeitsebenen aufgefächert. Aber man wirkt dabei nicht so extrem, dass es wie ein durchsetzendes Mittel zum Zweck und damit als Krampf oder etwas komplett Adversatives erscheint, sondern schon in Nachbarschaft verbleibt.
Auch folgt der Wechsel nicht aussen vorstehend, sondern in den anfangs gegebenen Grundzügen eingebunden, so dass man auf Unterbrechungen der Illusion verzichtet.

Die nunmehrige Stimmung wird mit der Tendenz zur [vielleicht optischen] Defraudation und der möglichen Selbsttäuschung lebhafter und / oder überreizter Einbildungskraft gleichfalls angeregt wie man neben den Rätseln auch die Action kräftigen Schrittes vorwärtstreibt. Regisseur Ho Meng - hua behält beide Auffassungen im Blickfeld und gestattet jeder Form seine Entfaltung zu; wahrscheinlich macht auch erst die Rückwirkung dazwischen den eigentlichen Reiz aus.
Die zahlreichen Techtelmechtel im Kampf sind vorteilhaft in innerdramatischer Dynamik im Raum aufgefangen; die jeweiligen Schauplätze grenzen den Drang nicht ein, sondern gestatten ihm die Ausbreitung innerhalb der Mobilien zu. Gleich bei der ersten Kontrahage von Chao lässt sich dieses Kennzeichen der Ausnutzung von Proportionsverhältnissen und Szenenlokalisierung festhalten:
Restaurant binnen der Landschaft.
Am Treppenabsatz ein Faustkampf, fliessender Übergang zum Schwertkampf im Erdgeschoss. Sprung über die Tische, 2x versucht Chao die Treppe hinaufzukommen, wird nach der Hälfte aber zurückgetrieben. Es wird sich weiter im Erdgeschoss verteilt und abgewehrt, dann über die Tische, die Treppe, das Obergeschoss, aufs Dach und von dort aufs rettende Pferd.

Ganz ähnlich, aber seine Zuordnung zum Spiel mit dem Schrecken beachtend, erfolgt eine spätere Auseinandersetzung im Garten von Fan Zhi Long. Dort befindet man sich ebenfalls in scheinbarer Endlichkeit; breitet sich dann aber über den zugewucherten Wildwuchs und den verdeckenden Wasserfall in eine düstere Höhle aus, um sich letztlich auf einen Friedhof und dann hinab in eine Grabkammer zu begeben. Hier interessiert nicht die Aktion, sondern die Entdeckungen der geographischen Tiefenstaffelung; das Unbegreifliche wird vollständiger und bedrohlicher in die Welt hineinprojiziert. Die Geistererscheinungen und Wiederauferstehungen spielen natürlich stilgerecht bei finsterer Nacht, Blitz und Donner, während das vorherige Scharmützel mit realen Gegnern bei hellichten Tage stattfand.
Klima und Staffage ergänzen sich jeweils perfekt; bis zum schon etwas durchgeknallten Showdown vor, in und auf einer ausgedienten Windmühle während eines Sturmes vervollkommnet man die Szenenfolge sowohl vom Bild als auch dem Inhalt her. Die zahlreichen Demontagen der Einrichtung sind zwar letztlich parallel zu dem ebenfalls nach und nach löchrigen Skript, aber die etwas absurde Auflösung und seine Missachtung vernünftiger Beweisführung soll dann nicht mehr das Problem darstellen.
Zu vergnüglich die Einkehr in eine phantasiereiche Welt, zu vorteilhaft die Action.

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