"Unser täglich Brot" ist eine assoziationslose Aneinanderreihung verschiedenster kleiner Einzeldoku-Stationen, deren einzige Verbindung untereinander in der thematisch übergeordneten Vorgabe besteht, die industrielle Massenproduktion von Lebensmitteln aller Art zu dokumentieren, und dies so sachlich wie möglich. Ob in der Salzmine, im Gewächshaus, beim Spargelstechen, in der Legebatterie, im Schweinestall oder der Molkerei - der Film bemüht sich - wenn man so will - um eine Art repräsentatives, umfassendes Portrait. Das "unser" im Titel sagt es hierbei natürlich bereits aus: es geht um die Produktion von Lebensmitteln für eine westlich-konsumistisch orientierte Wohlstandsgesellschaft, die einzelnen dokumentierten Produktionsorte für "unsere" Konsumgüter befinden sich allerdings an den verschiedensten Orten dieser Welt.
Da diese Dokumentation komplett ohne Kommentar und ohne musikalische Untermalung auskommt, sind die einzigen "subjektiven" Instanzen des Films die Kamera sowie die Auswahl des Bildmaterials. Eine große Besonderheit (vielleicht auch Stärke!) besteht meiner Meinung nach nun darin, dass der Regisseur weder durch Kameraarbeit noch durch die Auswahl besonders voyeuristischer oder sensationalistisch-abstoßender Bilder versucht, den Zuschauer um jeden Preis zu einer bestimmten Wertung über das zu Sehende zu drängen. Weder wird hier etwas idealisiert (klar!), noch werden die gezeigten Vorgänge auf eine plakative Art und Weise verteufelt, etwa durch das Zeigen besonders brutaler Vorgänge oder Close-Ups etc.
Es wird halt einfach versucht, einen sachlichen und repräsentativen Einblick in die Vorgänge zu vermitteln, die dafür sorgen, dass unsere Discount-Märkte voll und die Preise niedrig sind. Dass dies auf technischer Seite (in den Abschnitten, in denen keine Tiere vorkommen!) sogar eine ziemlich faszinierende Ästhetik entwickeln kann und manchmal sogar eine kühle geometrisch-symmetrische Schönheit aufblitzt, fängt die auf diesem Gebiet doch überraschend aufmerksame Kamera gut ein. Die Bilder aus der Salzmine, vom Gewächshaus bei Nacht oder dieses langsam seine Flügel ausfahrenden Düngefahrzeugs haben schon etwas attraktiv-futuristisches und sind sehr schön anzusehen (rein ästhetischer Wert!).
Ganz anders sieht es allerdings dann aus, wenn im Film Vorgänge dokumentiert werden, die sich mit Tierhaltung und -schlachtung befassen. Man kennt diese Bilder aus den Legebatterien und den Massenhaltungen etc. ja schon, aber es ist immer wieder völlig abstoßend zu beobachten, wie Tiere - Lebewesen! - nichts anderes sind als Massenware, als ein millionenfach vorhandener Rohstoff für ein möglichst preiswertes Produkt. Völlig industrialisiert, gleichgeschaltet, verobjektiviert - im Prinzip nicht als Lebewesen geboren, sondern als Material, als Ressource.
Wie gesagt, der Film hält nicht auf "Einzelschicksale", auf leidende Kälber oder sich zerhackende Hühner drauf, er will nicht schocken um jeden Preis, er zeigt einfach ganz nüchtern den Gesamtüberblick, er zeigt, wie es läuft, und das ist schon unerträglich genug! Vor allem die symmetrische und systematische Massenästhetik, in der Lebewesen hier völligst unwürdig wahllos zu Tausenden maschinell verarbeitet werden, ist besonders irritierend.
Es scheint mir, als ob der Regisseur sagen wollte: Seht her, ganz neutral, das ist der Preis dafür, dass Gehacktes bei Aldi 1 Euro 50 und 200g Jagdwurst 60 Cent kosten, dass die Milch - trotz Erhöhung - noch bei 70 Cent steht und Du jeden Tag ein Frühstücksei essen kannst. Sieh' Dir diese Bilder an! Entweder Du sagst: "Okay, diesen Preis (der Tiere) bin ich bereit zu zahlen, ich finde das alles nicht schlimm, es sind halt nur Tiere und ich will auf nichts verzichten." Oder Du findest es abstoßend und wirst Vegetarier, Veganer oder achtest auf artgerechte Haltung.
Der Clou des Films ist, dass er dem Zuschauer diese Entscheidung nicht abnimmt, sondern bloß darstellt und die moralische Frage offen lässt. Natürlich ist der Streifen kritisch gemeint, aber die Art und Weise der Darstellung ist halt eine neutrale, die in der Reaktion des Zuschauers ebenfalls eine kritische Haltung erzeugen kann, aber das eben nicht zwingend-agitatorisch. Gerade aus der Tierhaltung hätten für entschiedene Anti-Fleisch-Propaganda noch weit abstoßendere Bilder zur Verfügung gestanden!
Vielleicht ist aber ja gerade diese Nüchternheit etwas zu beliebig für solch ein Thema, vielleicht müsste man einfach auch mal radikaler werden, um den typischen "Geiz-ist-Geil!"-Konsumenten aufzurütteln...
Auf der anderen Seite könnte die bloße Darstellung dieser massenhaften Systematik vielleicht einfach auch der beste Weg sein, um viele Leute zu erreichen und zum Nachdenken über das eigene Konsumverhalten anzuregen.
Dafür ist "Unser täglich Brot" aber vielleicht dann doch etwas zu neutral, zu langatmig, zu sehr in der bloßen Darstellung gefangen - etwas mehr Linearität (ohne jetzt direkt einen dokumentarischen Erzählbogen aufzumachen) hätte der Doku vielleicht ganz gut getan, dann hätte sie eventuell noch etwas "wichtiger" werden können...