Attentäter, Opfer & die Spirale der Gewalt
Jedes Kind weiß hierzulande von dem Attentat auf die Olympischen Spiele 1972. Ich hoffe auch heutzutage noch. Aber was daraus für politische und internationale Konsequenzen entstanden? Das wussten bis zu Steven Spielbergs Politthriller von 2005 bei weitem nicht so viele. Als sein thematisch schwereres Gegenstück zu seinem Blockbuster „Krieg der Welten“ in diesem Jahr, wie er es schon so oft als 1-2-Punch fabrizierte, erzählt sein zweieinhalbstündiger, quer durch Europa springender Spionagekrimi von den eher provisorisch geplanten Morden einer wild zusammengewürfelten Mossad-Einheit an den mutmaßlichen Hintermännern der perfiden Anschläge… Doch umso länger die Aktion geht, desto mehr stehen Fragezeichen über den Köpfen der Auftragskiller und der Sinn dieser Racheaktionen wird verständlicherweise immer unklarer…
Verflechtungen & Fluch
„München“ ist so ziemlich auf der Grenze, wo aus Spielberg, dem Kinomagier, ein Sterblicher wurde. Danach gab’s meiner Meinung kaum noch wirklich sensationelle Werke von ihm. Doch in „München“ merkt man noch sehr viel des „alten“ Spielbergs. Bana spielt allen voran hervorragend, aber der gesamte Cast funktioniert. U.a. auch mit überraschenden bekannten Gesichtern wie Bleibtreu oder Daniel „007“ Craig. Kaminskis Bildsprache ist passend, klar und überbelichtet wie immer. Spielberg springt federleicht von Stadt zu Stadt, von Mord zu Mord, von Kritik zu Kritik an allen Seiten der Rache. Das Drehbuch hat Tempo. Spielberg lässt Kompliziertes einfach erscheinen. Hier hatte er ganz klar noch den richtigen Riecher und eine Connection zum Publikum. Seine Intentionen sind alle Ehre wert und sehr, sehr pazifistisch. Und das in einem Film voller Mord, Totschlag und tiefwurzelndem Hass beider Seiten. Natürlich durch den gefühlt kaum zu lösenden Gaza-Konflikt auch heute noch mehr als akut und gültig. „München“ wird alles andere als schlechter über die Jahre. Auch als Period Piece voller 70er-Flair erfolgreich und prachtvoll ausgestattet. Insgesamt ein wirklich beeindruckender Kommentar zu einem gemeinen Thema. Und ein spannender Kinofilm obendrauf. Trotz ein paar trockeneren und theoretischeren Passagen würde ich sagen: wahrscheinlich hat Spielberg seitdem keinen besseren Film mehr gemacht. „München“ hat mich gepackt, manchmal sogar an der Gurgel - und kaum mal losgelassen. Ein blutiges Epos - über den Traum von Frieden. Muss man erstmal schaffen. Mit solchen Brechern hat sich Senior Spielbergo eben unsterblich gemacht. Er nutzt hier (mal wieder) seine Power, sein Talent, seinen Einfluss als einer der berühmtesten Juden der Welt sehr, sehr intelligent und umsichtig. Und mehr als clevere Kinomagie steht selbst in seiner Macht nicht.
Fazit: starker Weltkinothriller von Spielberg zwischen Sport, Politik, Religion, Terrorismus… und vor allem Menschlichkeit. Ihm steht wie immer der Friede auf oberster Priorität. Selbst wenn er hier nie die Höhen etwa seines „Schindlers Liste“ erreicht - aber wie könnte er das auch. „München“ ist gut und packend genug. In seinen besten Phasen klar meisterhaft. Etwas Leerlauf und Redundanz gibt’s allerdings auch.