Review

Der obligate Nachfolger zu Boxer from Shantung leidet am Deutlichsten unter seinem Bekannntheitsgrad. Dem des Filmes speziell, der ja nun auch nicht gerade zu den übersehenen oder vernachlässigten Produktionen gehört und auch hierzulande seinen Ruf geniesst. Und dem derartiger Werke allgemein; man schafft es nämlich nicht, auch nur Irgendetwas Neues hineinzubringen und ergeht sich die gesamte Laufzeit rein in Standardelementen.
Also weniger eine Fortsetzung denn eine Variante; dies gibt man auch offen zu:
Re – enact heisst es in der Einleitung.
A similar tragedy.
Hero‘s name has changed naturally.


Natürlich. Irgendwo muss die Wiederholung ja seine Unterschiede aufweisen und wenn es auch nur im Namen der Figuren sei. Dass man nun auch 20 Jahre nach dem Vorgänger spielt, bringt dann ebensowenig spürbare Abweichung gegenüber gängigen Traditionen mit ein; de facto bekommt man nur das Gleiche wie sonst auch. Die Geschichte wird mit „We either destroy others or be destroyed“ gefällig rasch zusammengefasst und die Toten von Showdown des vorigen Filmes auch nur schnell weggeräumt, um noch im gleichen Produktionsjahr denselben Schauplatz mit neuen Kämpfen und neuen Leichen zu füllen.

Die Hauptperson, also die diesmalige Legende, hört auf Qiu Lian Huan [ wieder Chen Kuan Tai ]. Man weiss sonst nichts von ihm. Nicht wo er herkam, nicht einmal was er macht. Er hat eine Reputation in Shanghai, soviel steht fest. Das sieht man auch schnell. Der Mann ist geschniegelt und gestriegelt, Seitenscheitel akkurat, aber nicht penibel wirkend. Leger. Schwarze Lederjacke, offenes weisses Hemd mit gestärkten Kragen. Männlich breiter Gürtel.Mit kräftig - forschen Schritt teilt er die Menge, die ihn entgegenkommend artig grüsst. Seine Männer folgen ihm brav hintendran, einzig sein bester Freund Lin Geng Sheng [ Wong Chung ] darf dichter aufrücken.
Qiu ist der Platzhirsch. Autark, stolz, selbstsicher und auch mit Hang zum Eingebildetsein. Dies treibt ihn in die Schwierigkeiten.

Auslöser der Geschichte ist dabei eine Frau: Shen Ju Fang [ Cheng Lee ] gehört eigentlich zu Yu Chow Kai [ Tin Ching ], dem Sohn des lokalen Herrschers Yu Chen Ting [ Yeung Chi Hing ].
Qiu sieht sie und will sie haben. Yu will sie behalten. Nur darum geht es. Beide Parteien streiten sich die erste Zeit um ein Objekt der Begierde, noch dazu um eines, dessen Verlockungen für den Zuschauer nicht spürbar sind und dessen Anreiz deswegen die so schon schwächelnde Geschichte nicht im Geringsten unterstützt. Soll wahrscheinlich auch gar nicht glaubhaft wirken; zumindest entsteht nie der Eindruck, das Regieduo würde auch nur halbherzig eine spürbare Lovestory entwickeln wollen. Sind die männlichen Figuren der Handlung schon pure Stereotypen, so stellt Shen gleich komplett ein narratives Ausstellungsstück dar. Ein menschlicher McGuffin. Als halbweltliche „China Doll“ – sie ist doch augenscheinlich eine Edelprostituierte - wenig charismatisch oder gar sympathisch wirkend. Sie hat auch ausser dem Auslöser keinerlei Bewandtnis; beobachtet das durch sie in Gang gesetzte Geschehen von dem Rondell ihres Balkons aus.
Die personellen Konstanten bleiben ohnehin blass; Eindimensionalität im Studio verströmt durch schmachtende Blicke, „Schau her, was ich alles drauf hab“ Gesten und den sofort absehbaren Konflikten.
Der Zwist zwischen den Generationen kommt nämlich noch hinzu; destilliert sich sogar deutlicher heraus, obwohl auf ihm weit weniger Aufmerksamkeit liegt.

Der alte Yu war eine Weile weg und ist deswegen nicht auf dem Aktuellen Stand. Sein Sohn kann nicht sein Nachfolger werden, weil er nicht reif für eine Übernahme ist und dies auch nicht sein wird. An einen Fremden wie Qiu kann er seine Macht und Stellung nicht ohne weiteres abtreten; auf seine letzten Tage noch die Butter vom Brot nehmen zu lassen widerspricht seiner Lebensweisheit und seiner über die Jahrzehnte begründeten Egozentrik. In seiner Fokussierung auf Qiu als Bedrohung verliert er seine rechte Hand Chang Gen Bao [ Zhu Mu ] als eigentliches Risiko aus den Augen.
Dadurch ist nicht nur der Opener, sondern eben die Gesamthandlung klassisch im wahrsten Sinne. Die ersten Szenen sind Bravourstücke der Effizienz. In einer wahren Energieleistung haben die Autoren Chang Cheh / Ni Kuang Alle und Alles miteinander in Verbindung und die Probleme oft schon durch kleine Gesten und Bemerkungen ins Rollen gebracht; innerhalb 5 Minuten ist nicht nur der Ausgangspunkt für das Finale klar, sondern auch jede mögliche Frage und Wendung bereits im Keim abgewürgt. Ein isolierter Mikrokosmos mit genau abgesteckten personellen, intentionellen und geographischen Grössen; die Erzähloptionen nun in einem geschlossenen Raum statt in eine jede Richtung offenlassende Konstellation gepackt.

Die gleiche Anstrengung müssen sie danach darauf aufwenden, aus der knappen Synopse einen Langfilm zu machen. Da kaum etwas Erwähntenswertes mehr im Drehbuch steht und man sich erstmal nur über repetierende Gespräche ausdehnt, gelingt das eher nicht; aber immerhin kann man dafür sorgen, dass die Fahne der Action ab und an mal oben gehalten wird.
Mehr zu erledigen ist ja auch nicht; Geschäfte oder Berufe oder Derartiges übt anscheinend Keiner aus. Und hindern tut sie auch niemand; Polizei oder weitere Formen der Staatsgewalt existieren nicht. Es sind auch immer nur die wenigen führenden Köpfe im Bildkader sowie deren Schergen als indifferente Masse und halt Shen; Interaktionen zu Weiteren finden nicht statt.
Kein Wunder. Sind die Kontrahenten in der sichtlich künstlichen Stadt doch derartig eingemauert und sind so zielgerichtet nur auf Provokation und falscher Courage ausgerichtet, dass man gar nichts anderes tun kann, als sich im kleinen Kreis die Köpfe einzuschlagen. Symptomatisch für die Jugend nutzt Qiu dabei desöfteren den Fortschritt der Technik als virulent psychischen Faktor; mit dem Motorrad durchbricht er Hindernisse, das Fahrrad wird als Schutzschild und Schlaginstrument missbraucht und Angreifer zwischen Autotüren eingeklemmt oder in die Frontscheibe seines Vehikels geworfen. Wenn er nicht gleich damit die Leute überfährt oder an die Wand drückt.
Die Choreographie von Lau Kar Leung und Chan Chuen selber ist nicht zu verachten, aber läuft sich irgendwann tot, da jeglicher affektiv - mentaler Unterbau fehlt.

Die Dekoration hält sich an die Gegebenheiten von Skript und Produktionsvolumen und bleibt korrespondierend dezent. Die sonstige Faustregel von „Grösser, Teurer, Aufregender“ wird umgekehrt; man peilt diesmal in gar keinem Bereich ein Epos an, sondern stellt ein striktes, eilig heruntergekurbeltes B – Movie mit all seinen Beeinträchtigungen auf.
Einstellungen sehen nun so aus, dass die Vorgespräche immer indoor in den jeweiligen Residenzen abgehalten werden, dann geht es an die Ausführung innerhalb des Grundwalls. Schmale Gassen mit einen Abstand von vielleicht 2m stauen die Kämpfe ein; die Parameter für Schutz und Sicherheit wandeln sich in welche für Gefahr und Tod um. Eine Flucht ist in der massiv beengten Konstruktion nicht möglich, zumal man eh nirgends hin kann; ausser dem mal blauen und mal nachtschwarzen Himmel gibt es weit und breit keine anderen Orientierungspunkte. Gelangt man mal inmitten der Stadt, sieht man wieder nur links und rechts die kompakt vertikalen Wände; nur diesmal asphaltbreit auseinander. Als einziger Strassenzug präsentiert sich die Foochow Road, schon im Vorläufer Schauplatz des Massaker, und die angrenzende Hui Le Li [ = The Lane of Lingering Happiness ]. Bei einer richtigen Ausfahrt gehts gleich direkt ins Grüne; als Aussenansicht der Metropole hält man aufgehängte Lampionlichter als stimmungserzeugende Leuchtkörper in der Ferne bereit: Grundfarbe gelb, imprägniert in rot und grün.

Das Fazit kann man dann gleichfalls spartanisch halten: Durchschnittliche Eastern-Action.

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