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„Der Regisseur ist ein Idiot!“

Der Italiener Luigi Cozzi ist natürlich kein Idiot, sondern ein Filmverrückter; seine eigenen Filme sind gern voller Zitate, bisweilen gar absonderliche Plagiate („Star Crash“), die beweisen, wie sehr er in erster Linie Fan ist. Fan ist er natürlich auch von den „Mutter“-Filmen seines Freunds Dario Argento, der mit „Suspiria“ und „Inferno“ die ersten beiden Teile der lange Zeit unvollendet gebliebenen Trilogie um die drei Hexen verwirklicht und damit Referenzwerke des phantastischen Films erschaffen hatte. Im Jahre 1989 spann Cozzi die hinter den Filmen stehende Idee weiter und schuf mit „Dead Eyes“ eine Art inoffiziellen dritten Teil, der vielmehr als Hommage und eine Art Meta-Spin-Off zu betrachten ist.

„Meine Devise lautet: Totale Unterordnung!“

Nachwuchs-Regisseur Marc Rivetta (Urbano Barberini, „Opera“) möchte zusammen mit Drehbuchautor Dan einen Horrorfilm über die Hexe Levana drehen. In Lennart Levin (Brett Halsey, „Die Rache des Ungeheuers“) findet man einen Produzenten und für die Hauptrolle der Levana hat man gleich zwei Optionen: die jeweiligen Lebensabschnittsgefährtinnen. Den Zuschlag bekommt Anne (Florence Guérin, „Entfesselte Lust“), Marcs Angetraute. Doch als sie beginnt, sich mit ihrer Rolle zu beschäftigen, erscheint ihr in finsteren Visionen die wahre Levana – die vom Vorhaben der Verfilmung ihrer Biographie wenig begeistert ist und sich durch das Filmteam zu morden beginnt, u.a. indem sie Besitz von Anne ergreift…

„Danken Sie nicht mir – danken Sie Levana!“

Die ersten Szenen Cozzis Films entpuppen sich als Filmdreh einer neuen „The Black Cat“-Verfilmung nach Edgar Allan Poe, also als „Film im Film“. Im Anschluss bezieht man sich wortwörtlich auf Argentos „Suspiria“, verdeutlicht demnach, dass man sich in einer Realität befindet, in der, anders als in Argentos Mutter-Filmen, eben jene ebenfalls Filme, also Fiktion sind. Umso überraschender ist es demnach verständlicherweise für die Protagonistin, als eine pockige Gestalt durch den Spiegel bricht und sie mit grünem Schleim vollsabbert – Levana! Dies wiederum fand anscheinend lediglich auf Traumebene statt, aus der Anne erwacht. Ebenfalls nur ein schrecklicher Alptraum zu sein scheint es, als Levana nachts zu ihr spricht. Einige dieser Szenen illuminieren Cozzi & Co. in künstlichen Farben nach Vorbild Argentos bzw. Mario Bavas, was den Hommagen-Charakter unterstreicht.

„Sie ergreift von jedem Besitz, der sich ihr gedanklich nähert!“

Die nun folgende Entwicklung der Handlung wirkt bisweilen etwas gaga. So raucht der Kühlschrank ab, schleichen sich ein vermeintlicher Weißwarenkundendienst ebenso wie ein falscher Cousin William ein, informieren sich die Filmemacher über Reinkarnation und reagiert eine Esoterikerin entsetzt, um schließlich deutliche Warnungen auszustoßen. Die Mordserie beginnt dann mit reichlich krudem Gesplatter und vollzieht sich in der Folge mal im Off, meist jedoch vor laufender Kamera und dabei gern brutal. Immer wieder variiert Cozzi derweil auf verwirrende Weise die Ebenen. Als Anne vollends von Levana besessen scheint und den Regisseur ersticht, sticht dieser zurück und… wieder war es nur ein Traum. Als ein Baby verschwindet, passiert dies jedoch in der filmischen Realität und ist ein Indiz für eine Intrige einer eifersüchtigen Kollegin, mit der es die arme Anne auch noch zu tun bekommt.

„Zwischen einer Fee und einer Hexe ist kaum ein Unterschied!“

Eine deftige Pfählung am Schluss besiegelt den Film, der noch einen seltsamen Epilog anhängt (Spoiler: Anne spricht mit Kind Sibyll im Fernseher, das behauptet, Anne habe nun magische Kräfte oder so) und nach normalen Maßstäben gemessen ganz bestimmt nicht gut, aber doch recht interessant ist – insbesondere für italophile Cineasten und Genrefilm-Liebhaber. „Dead Eyes“ ist eigentlich kaum ernstzunehmen, bisweilen comicartig bis karikierend überzeichnend (beispielsweise in der Darstellung des Produzenten), dadurch auch mal unfreiwillig (?) komisch (theatralische Dialogsequenzen der Hexe), dann aber auch wieder überraschend atmosphärisch, gruselig und deftig. Komponist Vince Tempera steuerte Synthesizer-Klangteppiche bei, die Bands „Bang Tango“ und „White Lion“ in Argento- („Phenomena“, „Opera“) und „Demoni“-Reihen-Manier recht coole End-‘80er-Metal-Stücke, Cozzi schnitt ab und zu kuriose künstliche Weltraumbilder zwischen, die an seinen „Star Crash“ erinnern und die eingestreuten digitalen Spezialeffekte aus Rudis Resterampe erinnern an die Computer-Frühzeit, stehen dabei im Kontrast zum handgemachten Gemantsche. „Die ganze Sache ist irgendwie außer Kontrolle geraten…“, heißt es zwischenzeitlich, was auch irgendwie als Aussage zu diesem wilden Potpourri passt, das dramaturgisch reichlich holpert, sich in seinem Mix unterschiedlicher Inspiration, Stilelemente und Handlungsebenen zu verzetteln droht, irgendwie aber doch immer wieder halbwegs die Kurve bekommt und auch dank seiner Schauspieler – eine Caroline Munro („Love to Kill“) z.B. sieht man als Genre-Affiner doch immer wieder gern – unterm Strich unterhaltsam genug ausgefallen ist, um Cozzis offensichtlichen Eifer würdigen zu können. Als obskures Bonus-Dreingabe zur Mutter-Trilogie ist „Dead Eyes“ sicher nicht verkehrt und verglichen mit Argentos 2007 veröffentlichten tatsächlichem Abschluss der Reihe mag ihm manch Hardliner gar ein Plus an Charme attestieren.

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