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1974 entstand „Black Christmas“ noch vor „Halloween“ und der folgenden Slasherwelle, ist jedoch auch mehr Mörderkrimi und Vorläufer des Slasherfilms.
Es ist Weihnachten und die Belegschaft eines Studentinnenwohnheims feiert das Fest der Liebe auf vollen Touren – da stören auch wiederholte Anrufe eines Perverslings kaum. Die Studentinnen fühlen sich zwar etwas belästigt, doch so wirklich ernst nehmen sie es nicht. Gleichzeitig steht die Abreisewelle vor der Tür, diverse Mädels fahren heim. Damit wird drehbuchtechnisch schon mal erklärt, warum sich niemand über eventuell verschwindende Studentinnen wundert, denn „Black Christmas“ ist tatsächlich etwas intelligenter als manches was folgte.
Tatsächlich nutzt ein Unbekannter die Weihnachtswirren aus, um eine in Abreise begriffene Studentin zu killen und die Leiche verschwinden zu lassen. Die ahnungslosen Kommilitoninnen schweben in höchster Gefahr...

„Black Christmas“ mag zwar Vorläufer des Slashergenres sein und diverse Mechanismen schon einführen, doch ein wirklicher Slasherfilm ist er nicht. So stehen die Morde eher im Hintergrund, in der ersten Stunde gibt es auch nur zwei Opfer. Erst im letzten Drittel fordert der Mörder mehr Opfer, die Morde sind teilweise schon Slasher-typisch gemacht (Anschleichen, Schockeffekte, falsche Andeutungen von wo der Killer kommt usw.), aber noch nicht so selbstzweckhaft wie in manchem „Freitag, der 13te“-Sequel, sodass man hier nicht auf die Gorehounds abzielt.
Stattdessen verlegt sich die Geschichte mehr auf die Mördersuche, wobei den Studentinnen über weite Strecken gar nicht klar ist, dass sie in Gefahr schweben – sie suchen nur die verschwundene Kommilitonin, deren Ableben der Zuschauer zu Beginn gesehen hat. Derweil kann das Publikum das beliebte Whodunit-Rätseln betreiben, wenngleich „Black Christmas“ wenig Verdächtige bietet. Die Polizei unter der Leitung von Kenneth Fuller (John Saxon) versucht wirklich zu helfen und tut dies im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch, ganz ohne Klischees kommt „Black Christmas“ leider nicht aus: Manche Studentin ist nur ein weiteres Dummchen, das nur darauf wartet verhackstückt zu werden, die Wohnheimverwalterin ein lebendes Abziehbild. Mit etwas Humor versucht „Black Christmas“ gegenzusteuern (z.B. die überall versteckten Flaschen der Verwalterin), doch das mindert die nervigen Klischees nur etwas ab.

Dank der durchaus sorgfältigen Geschichte mit Tätersuche durch Polizei und Studentinnen ist „Black Christmas“ solide spannend, jedoch bricht der Film im letzten Drittel trotz erhöhtem Blutzoll ein. Das Tempo wird zu wenig angehoben, vieles im Finale ist schlichtweg vorhersehbar. So kann „Black Christmas“ die angestaute Spannung nicht wirklich loslassen und verschwendet auf den letzten Metern Potential. Das Ende ist äußerst ungewöhnlich, hinterlässt aber den zwiespältigen Eindruck, ob man es nun klasse oder unbefriedigend finden soll – in meinem Falle leider letzteres. *SPOILER* Den Killer nicht zu zeigen, ginge ja noch, aber das vollkommene Fehlen eines Motivs oder auch nur einer Andeutung davon, ist einfach unbefriedigend. Vielleicht der Ansatz für ein Sequel, das nie kam. *SPOILER ENDE*
John Saxon, den man ja noch öfter im Horrorbereich sah (z.B. „Tenebrae“ oder „Nightmare on Elm Street“), gibt den Polizeichef sehr überzeugend und liefert easy die beste Leistung ab. Olivia Hussey als potentielles Final Girl schlägt sich aber auch überzeugend – im Gegensatz zu manch anderem Gesicht aus dem Jungvolk, denn diese agieren nicht immer überzeugend, teilweise sogar etwas hölzern.

So bleibt ein Endeffekt ganz solider Vorläufer des Slasherfilms, der in den ersten zwei Drittel Spannung aufbaut, diese im Finale aber nicht richtig rauslassen kann, wodurch „Black Christmas“ etwas enttäuscht. Da wäre durchaus mehr drin gewesen.

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