Review

Sette note in nero (1977)

Lucio Fulci ist einer von Italiens bedeutendsten und vielseitigsten Regisseuren. Das werden Viele nicht verstehen. Die einen nennen ihn den „Godfather of Gore“ (ein selten dämlicher Titel), die anderen halten ihn für einen Stümper. Das sind die beiden meistverbreiteten Meinungen zu Lucio Fulci, die auf seinen Horrorfilmen der 80er Jahre basieren. Entweder wird das Augenmerk auf die Gore-Effekte gelegt oder auf angebliche inszenatorische Schwächen (endlose Zooms, etc.). Schade, dass Fulcis Werk so engstirnig behandelt wird (das liegt natürlich auch daran, dass seine früheren Filme, im deutschsprachigen Raum jedenfalls, so gut wie nie veröffentlicht werden), denn Fulci war schon immer mehr als nur ein Horrorregisseur- er drehte Komödien, Western, Historien- und Abenteuerfilme, und auch Gialli. Zwischen 1969 und 1977 hat uns der Mann vier kostbare Perlen des Giallofilms geschenkt: „Una sull'altra“ (1969), „A Lizard in a Woman’s Skin“ (1971), „Don’t torture a Duckling“ (1972) und schließlich „Sette note in nero“ (1977).
Und jeder, der behauptet, Fulci könne keine Geschichten erzählen, sondern lediglich blutrünstige, visuelle Orgien inszenieren, hat diese Filme nicht gesehen.

In „Sette note in nero“ geht es um Virginia (Jennifer O’Neill), eine Frau mit einer besonderen Begabung: sie hat Visionen, wird manchmal von Bildern überwältigt, von Szenen, die sich tatsächlich ereignen. Als hätte sie einen sechsten Sinn, sieht sie als kleines Mädchen den Tod ihrer Mutter voraus. Und auch im erwachsenen Alter wird sie plötzlich von rätselhaften und grauenhaften Bildern übermannt, kurz nachdem sie ihren Ehemann Francesco (Gianni Garko) verabschiedet hat, der zu einer Geschäftsreise aufbrechen muss.
Sie kriegt die Bilder nicht zusammen, sie scheinen völlig zusammenhangslos: ein rotes Zimmer, ein eingemauertes Skelett, ein zerbrochener Spiegel, eine brennende Zigarette, eine tote Frau.
Sie macht sich auf den Weg zu einer alten Villa, die ihrem Mann gehört, sie wollen sie renovieren und wieder bewohnbar machen. Ausgerechnet in dieser Villa erkennt sie das Zimmer ihrer Vision. Sie bricht eine Wand ein und findet die eingemauerte Leiche. Virginia wendet sich sofort an die Polizei, die ihren Visionen aber sehr skeptisch gegenübersteht. Sie verhaften Francesco, und Virginia ermittelt auf eigene Faust, mithilfe ihres Freundes, des Parapsychologen Dr. Luca Fattori (Marc Porel, „Don’t torture a Duckling“).

Die Geschichte, die Fulci und seine Ko-Autoren Roberto Gianviti und Dardano Sacchetti erzählen, ist klug gemacht, langsam aber sicher wird eine Spannung aufgebaut, der man sich schwer entziehen kann. Virginia wird in eine Sache verwickelt, die sie nicht versteht, dennoch folgt sie ihren Visionen bis zur letzten Konsequenz.
Fulci wusste um die Qualitäten des Stoffes, und hat einen Giallo geschaffen, der Mystery-, Krimi- und Dramaelemente gekonnt vermischt. Das Ende erinnert stark an Edgar Allan Poe (auch in seinen späteren Horrorfilmen hat sich Fulci wiederholt von den Klassikern Poe, Lovecraft und Henry James inspirieren lassen) und ist doch von einer selbstbewussten Eigenständigkeit.

Überdies sieht der Film atemberaubend aus, Kameramann Sergio Salvati verpasste dem Film einen Gothic-Look, der vor allem in den Villenszenen vollends überzeugt.
Eines der Highlights des Films ist zweifellos die Musik von Bixio, Frizzi und Tempera. Ihre Mischung aus klassischem Streicherscore und moderner Popmusik ist sehr gelungen und hält mehr als nur einen Ohrwurm bereit. Allein die sieben Noten (aus dem Filmtitel) ergeben eine unvergessliche, schaurige Melodie (an die uns Tarantino in „Kill Bill“ erinnerte). Diese sieben Noten im Dunkeln begleiten auch die letzte Szene des Films und machen diese unvergesslich.

Abschließend kann man sagen, dass jeder der „Sette note in nero“ gesehen hat, über Fulci nicht mehr pauschal richten kann. Dieser Film und die drei oben genannten Gialli beweisen, dass er ein begnadeter Regisseur war.

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