„Hau ab, Junge! Lass dich von den Weibern nicht schikanieren!“
Im Jahre 1971 ließ sich der spanische Vielfilmer Jess Franco („Paroxismus“) vermutlich des schnöden Mammons wegen verpflichten, für Produzent Artur Brauner, der als Art Bernd auch das Drehbuch verfasste, die Erotik-Komödie „Robinson und seine wilden Sklavinnen“ in seiner Funktion als Regisseur zu verfilmen. Die deutsch-französische Koproduktion erschien 1972, zumindest in Frankreich. In Deutschland ließ man sie satte sechs Jahre liegen, so dass sie hierzulande erst 1978 uraufgeführt wurde.
Hamburg: Robinson (Yehuda Barkan, „Highway Queen“) arbeitet als Apotheker für einen cholerischen Chef und verdingt sich in seiner Freizeit als Hobby-Chemiker. Zu Hause hat seine nervige Frau (Ruth Gassmann, „Helga - Vom Werden des menschlichen Lebens“) die Hosen an, zudem lebt der Drachen von Schwiegermutter (Irene D'Astrea, „Zwei Halleluja für den Teufel“) mit ihm Haus und hockt ständig an ihrem Schreibtisch wie eine Direktorin. Er hält sich den sprechenden Schimpansen Tonio und sich selbst für einen Nachfahren Robinson Crusoe, so dass er sich gern Tagträumen von einer exotischen Insel mit barbusigen Schönheiten hingibt – wer will es ihm verdenken? Aktuell entwickelt er an einer Chemikalie, die Benzin-Abgase von Schadstoffen befreit. Doch der Nebeneffekt: Alle außer ihm schlafen ein, sobald sie das Zeug auch nur leicht in die Atemwege bekommen. Mit der feschen Linda (Andrea Rau, „Blut an den Lippen“) hat er eine heimliche Geliebte und schließlich reicht es ihm: Auf einer dekadenten Firmenfeier betäubt er die Gäste mit seiner Substanz und setzt sich auf eine einsame Insel ab, wo sich unmittelbar zwei barbusige schiffbrüchige Sexbomben, Samantha (Anne Libert, „Die Nacht der offenen Särge“) und Peper (Ingeborg Steinbach, „Jungfrauen-Report“), auf ihn stürzen und ihn vernaschen. Zwar muss er nun mehrmals täglich ran, doch genießt er seine ansonsten unbeschwerte Existenz – zumal seine geliebte Linda nachgereist kommt. Doch die Idylle wird jäh gestört, als nacheinander ein Kannibalenstamm und seine Frau mitsamt einem Vertreter der Öl-Industrie und Schwiegermutter auf der Bildfläche erscheinen…
Nach der halbstündigen Exposition in Hamburg inkl. visualisierter Tagträume Robinsons und dessen Streich, die Damen des Hauses im Affenkostüm zu erschrecken, verlagert sich die Handlung auf die dann doch gar nicht so einsame Insel, für die auf einen portugiesischen Drehort zurückgegriffen wurde. Dort sprechen alle seine Sprache, auch der Papagei, mit dem sich sein Affe unterhält, womit wir schon bei zwei sprechenden Vertretern der Fauna wären. Untermalt von sommerlich leichten Calypso-Klängen wird die Sehnsucht nach Exotik und Freiheit bedient. Selbst sich aus Lindas Auftauchen ergebende Eifersüchteleien stellen kein größeres Problem dar, denn diese lässt sich überreden, sich mit einzureihen. Kurzerhand werden die nun drei Damen durchnummeriert, Linda ist ab sofort die Nr. 1 und der Zuschauer darf fortan verfilmte Macho-Phantasien von Bi- bzw. Trigamie, Haremshaltung und Gruppensex über sich ergehen lassen.
„Reiß dich zusammen, Schatz! Schneid ihm den Bauch auf!“
Nach 50 Minuten jedoch tauchen plötzlich schlecht geschminkte Eingeborene mit Franco-Stammmime Howard Vernon als doof aus der nicht vorhandenen Wäsche glotzendem Häuptling auf, die gebrochen Deutsch sprechen, aber auch über ihre eigene Sprache verfügen, derer wiederum auch Samantha mächtig ist. Robinson sei angeblich Nachfahre des Stammesgottes Calimé, was er beweisen solle, indem er eine Blinddarm-OP am kranken Häuptling durchführt! Spätestens hier ist die Frage gestattet, wie besoffen Atze Brauner gewesen sein muss, als er das Skript niederkritzelte. Durch Zufall gelingt der Eingriff sogar und der Häuptling gesundet schnell. Der nächste Schrecken folgt sogleich mit dem Eintreffen von Robinsons Frau samt Anhang. Das Schlafmittel wolle man verkaufen, Robinson sträubt sich und glücklicherweise werden die ungebetenen Besucher von den Eingeborenen gefangengenommen. Dennoch fühlt sich Robinson verpflichtet, sie zu befreien, wofür er gegen den Stammesgrößten antreten muss. Den „Kampf“ gewinnt er lediglich, weil sein Affe eine Kokosnuss auf den Gegner fallen lässt, die ihn niederstreckt und als Zuschauer ahnt man, dass Atze mind. 2,5 Promille intus gehabt haben muss. Angesichts des Happy Ends, das alle Beteiligten glücklich auf der Insel und die böse Schwiegermutter mit dem Häuptling liiert zeigt, erhöhe ich sogar auf 3.
„Robinson und seine wilden Sklavinnen“ strotzt nur so vor peinlichem, infantilem Humor und ist frei von jeglicher Ironie – zum Fremdschämen. Franco wirkt mit seinen unbeholfenen Zooms in Baumwipfel uninspiriert und gelangweilt und mit seiner Ruckelkamera tatteriger, als er im Drehjahr gewesen sein kann. Das Overacting der Darsteller ist zum Wegrennen und die Handlung ein Fall für den Kompost. Kurz gesagt: Unfassbarer Schwachsinn und eine Beleidigung. Meine 2,5 von 10 Blinddarm-OPs setzen sich wie folgt zusammen: ein Punkt für die, ähem, kapitalismuskritische Aussage (*hüstel*), einer für die attraktiven Darstellerinnen, ein halber für das sommerliche, exotische Flair. Mehr ist hier beim besten Willen nicht drin, auch nicht für Franco- oder Robinsonaden-Fans.