Der italienische Versuch, Homers Epos auf die Leinwand zu bringen.
In Ithaka wird Penelope (Silvana Mangano) von einer Horde Freiern belagert, die sich das Königreich unter den Nagel reißen wollen, weil ihr Gatte Odysseus (Kirk Douglas), nebenbei König von Ithaka, schon ziemlich lange mit dem trojanischen Krieg und seinen Irfahrten beschäftigt ist.
Keine Frage, daß der Gute mächtig sauer wird, als er endlich als Bettler verkleidet heimkommt.
Bevor jedoch der Patriarch die lang ersehnte Ordnung wiederherstellt, werden in Rückblenden seine Abenteuer gezeigt: Die Blendung des Zyklopen (Umberto Silvestri, der außerdem auch als Ringer in einem wahrhaft spektakulären Kampf zu sehen ist), der Gesang der Sirenen, die Begegnung mit Circe (nochmal Silvana Mangano) usw.
Außerdem darf Odysseus noch mit der etwas naiven Königstochter Nausikaa (Rosanna Podesta) anbändeln, bevor er im abschließenden Gemetzel neben Anthony Quinn die gesamte Freierschar dahinschlachtet.
Was sich nun nach einem bunten Sandalenfilmchen anhört, entpuppt sich als etwas zwiespältiges Vergnügen, denn ULISSE sollte etwas mehr sein.
In einem einleitenden Text zu Beginn des Films wird die Bedeutung und Wichtigkeit der Odyssee ausdrücklich betont, und so bemüht sich der Film um Werktreue. Gleichzeitig werden aber sehr viele Passagen verändert oder weggelassen, so daß man es schließlich mit einem Kriegsheimkehrerfilm zu tun hat, der durch ein paar Fantasy-Szenen, die zudem in Rückblenden verbannt wurden, gestreckt wurde.
Die mythischen Elemente, ein essentieller Bestandteil der Odyssee, werden in ULISSE lediglich der Form halber abgehakt oder aber rational erklärbar gemacht:
Entgegen der Vorlage gibt es in der nüchternen Verfilmung keine Götter, die Sirenen, die mit Penelopes Stimme locken, sowie Circe, die ja ebenfalls von Silvana Mangano gespielt wird (grün ausgeleuchtet), sind im Prinzip die verkörperte Sehnsucht nach der Heimat; Odysseus selbst ist ebenfalls ein Mensch des Verstandes und der List, der sich für das Menschsein in aller Beschränktheit und gegen die Unsterblichkeit entscheidet.
Diese Verrationalisierung des Mythos ist dann auch das Große Dilemma des Films, und darüberhinaus der große Atmosphäre-Killer. Wie soll die Rückbesinnung auf den Mythos die Welt verbessern, wenn man den Mythos dekonstruiert bzw. rational fassbar macht?
Außerdem schleichen sich in einen derart ernsthaften und logischen Film dann wieder Fehler wie die Zyklopenszene ein, in der Odysseus und Co. Wein herstellen, indem sie ein paar Trauben auspressen (schonmal was von Gärungsprozessen gehört?).
Viele Köche verderben den Brei, und 7 Drehbuchautoren kriegen auch einen Homer klein...
Die schauspielerischen Leistungen sind ebenfalls ein Kapitel für sich: sehr illustrierend (zu jedem Satz die richtige Geste) artet das Ganze zum Teil in ziemliches Gezappel und Gehopse aus, was mitunter für einige Erheiterung sorgt (v. a. in der finalen Kampfszene). Kirk Douglas wirkt unter all den Italienern sowieso wie der amerikanische Star in einem Italo-Schinken. Krasser Kontrast dazu ist die unglaublich statische Silvana Mangano, die meist nur herumsteht und bedeutungsschwangere Dinge von sich gibt.
Die scheppernde Musik orientiert sich an der damals üblichen scheppernden Musik anderer Historienfilme, gleiches gilt für die opulente Ausstattung und die farbenprächtigen Kostüme; ULISSE war ein teurer Film, und das sieht man auch.
Das große Plus des Films sind jedoch (neben Kirk Douglas und Anthony Quinn) die Tricksequenzen mit dem Zyklopen, die für damalige Verhältnisse außerordentlich gut gelungen sind.
Insgesamt ist ULISSE ein aufwendig produzierter Monumentalfilm, der sich an amerikanischen Vorbildern orientiert, dabei aber über seinen Anspruch auf kulturelle Bedeutung stolpert und andererseits für einen Fantasy-Film irgendwie zu nüchtern geraten ist.