Mit „Forrest Gump“ erschuf Regisseur Robert Zemecki einen modernen Klassiker, der vor allem von der oscarprämierten Leistung des Hauptdarstellers Tom Hanks lebt, welcher einen etwas anderen Blick auf 30 Jahre amerikanische Geschichte wirft und sie auf den Bus wartend, auf einer Bank sitzend, noch einmal Revue passieren lässt.
Forrest Gump unterscheidet von Kindheit an von anderen Menschen. Mit einem Intelligenzquotienten von 75 Punkten ist er zurückgeblieben und sieht die Welt völlig wertfrei, ständig positiv, aber auch naiv durch seine Augen. Aufgrund seiner „Dummheit“ und seiner Gehbehinderung wird er gehänselt und von den Einwohnern nie für voll genommen. Freunde hat er, ausgenommen Jenny, keine. Die Tatsache, dass sie misshandelt wird interpretiert er genauso falsch, wie er nicht versteht, was der Schuldirektor, bei seiner Mutter für eine Gegenleistung erbringen lässt, damit er nicht auf eine Sonderschule muss.
Trotz oder genau wegen seines Vergleichs, dass das Leben wie eine Pralinenschachtel ist, „man weiss nie was man bekommt“, meistert er, obwohl ungebildet, sein Leben, nimmt nebenher, ohne es zu wissen, beträchtlichen Einfluss auf die amerikanische Geschichte und spätere Persönlichkeiten wie Elvis Presley. Liebevoll und mit Augen fürs Detail erzählt Zemecki das märchenhafte Leben Forrests, dem, nachdem sein Lauftalent entdeckt wurde, sogar die Tür für eine höhere Schule offen steht.
Zwischen Drama und Komödie schwankend verläuft sein Leben wie ein Traum, bis er schließlich zum Kriegsdienst einberufen wird, nach Vietnam muss, bei seiner Heimkehr den Präsidenten trifft und zum gefeierten Held wird. Ist das Szenario noch so, realistisch, düster und schmutzig, Forrest bleibt mit seiner naiven Art stets Herr der Lage, muss dort aber mit dem Tod seines Freundes den ersten, richtigen Schicksalsschlag seines Lebens hinnehmen.
Als einzige Konstante in seinem Leben erweist sich seine Jugendfreundin Jenny (Robin Wright Penn), die sogar während Forrests unmöglichsten Aktionen zu ihm hält, aber sich selbst lange nicht gut genug hält, um mit ihm eine intimere Verbindung einzugehen, schlussendlich aber aus der Not heraus mit Forrest zusammenkommt.
Während Gump sein Leben meistert, stolpert er aus Versehen in so manches, historisches Ereignis. Nicht nur, dass er mehrmals den Präsidenten trifft, an der Olympiade teilnimmt, die Watergate-Affäre auslöst, er wird auch noch zum mehrfachen Millionär, bleibt dabei aber immer auf den Boden der Tatsachen. Einen großen Beitrag zu der vermeintlichen Glaubwürdigkeit dieser Szenen trägt die erstklassige Tricktechnik bei, die Forrest in so manches Archivmaterial einfügt, auch in Vietnam kräftig unterstützt, aber nie als „künstlich“ wahrzunehmen ist. Doch auch sein Off-Kommentar zum Beispiel zu solch prägenden Taten wie der Mord an John Lennon sorgen für Realismus, verdeutlichen aber auch, dass Gump durchaus „mitdenkt“.
Als ein wenig befremdend erweist sich, bei dieser eigentlich gelungenen Darstellung, der Blick auf die Hippiekultur des Amerikas der 70er. Die Schwarzenbewegung wird als stark militant, gewaltbereit und kopflos dargestellt, während die Hippies nur Drogen und Anarchie im Kopf haben und Gump als Vorzeigesoldat höchste Ehre zu Teil wird. Wenn diese beiden so unterschiedlichen Gruppen aufeinander treffen bleibt leider ein fader Beigeschmack.
Neben Alan Silvestris genialer Musikbegleitung und dem massiven Einsatz von zeitgemäßen Oldies überzeugen vor allem die Schauspieler. Tom Hanks spielt den treudoofen Gump unglaublich authentisch und herzhaft, so dass zumindest die Oscarnominierung obligatorisch gewesen sein muss und er es dem Zuschauer unmöglich macht, sich nicht mit seiner Figur zu identifizieren.
In Nebenrollen kann vor allem Gary Sinise überzeugen, der während des Vietnamkrieges und besonders danach den Gegenpol zu Forrest darstellt. Im Krieg zum Krüppel gemacht will und kann er mit seinem jetzigen Leben nicht mehr klar kommen, da er sich wünscht auf dem Feld der Ehre, wie seine Vorfahren, gestorben zu sein. Jahre später trifft er erneut auf Gump, verzeiht ihm und findet schließlich durch ihn auch seine Freude am Leben wieder.
Robin Wright Penn stellt Jenny mit gewohnt solider Leistung dar, kann aber, abgesehen vom arg sentimentalen Ende, keine nennenswerten Akzente setzen, da ihrer Rolle einfach zu wenig Screentime zur Verfügung gestellt wird, denn die Hauptfigur ist Forrest.
Fazit:
Herrlich zwangloser Blick auf das Leben eines leicht zurückgebliebenen Menschen und 30 Jahre amerikanische Geschichte, die oft humorvoll wie melodramatisch daherkommt. Mit „Forrest Gump“ gelang Robert Zemecki ein schier zeitloser Film, der schon jetzt als Klassiker einzuordnen ist und bei dem sich jeder Zuschauer wünscht, selbst einmal die Welt mit seinen Augen sehen zu dürfen, auch wenn final etwas arg auf die Tränendrüse gedrückt wird. Als wenig differenziert erweist sich leider der Blick auf gängige Bewegungen der 80er, bei denen ernsthafte Themen wie Rassenkonflikte und der Drang nach Frieden mit Gewaltbereitschaft und Drogen vermischt wurde.