Der vorletzte Film Sam Peckinpahs zeigt leider schon sehr deutlich, dass der ehemals als störrischer und eigensinniger Querdenker verschriene Regisseur seinen Biss verloren hatte, sich lieber dem Alkohol hingab und gar nicht mehr sonderlich bemühte. „Convoy“ ist zwar noch nicht leidenschaftslos wie „The Osterman Weekend“, allerdings schon deutlich von der Klasse seiner früheren Tage entfernt. Seit Steve McQueen „The Getaway“ umschneiden ließ und mit einem neuen Score veröffentlichte, musste auch Peckinpah erkennen, dass er in seiner Besessenheit nicht immer gegen die Produzenten ankämpfen und gewinnen konnte. Seine späten Filme, als immer weniger Studios mit ihm zusammenarbeiten sollten, waren wie „The Killer Elite“ lediglich Auftragsarbeiten. Mehr ist leider auch „Convoy“ nicht mehr.
Wenn man den Gerüchten glauben darf, hat auch schon nicht mehr Peckinpah, sondern der hier als Second Unit Director tätige James Coburn große Teile des Films realisiert. Man sieht es „Convoy“ zwar nicht an, aber vorstellbar ist es anhand des Resultats schon.
Eine große Würdigung der Herrscher der Landstraßen sollte es werden, ein Film über die letzten Outlaws Amerikas, die ehemaligen Cowboys – basierend auf einem Countrysong.
Rubber Duck (durchschnittlich: Kris Kristofferson, „Pat Garrett and Billy the Kid”, „Semi-Tough”) ist so ein Exemplar, eine Legende der Landstraßen. Er lebt nach eigenen Regeln und Gesetzen, pfeift auf die Obrigkeiten und führt ohne weitere Ambitionen sein Leben. Als er und zwei seiner Kollegen jedoch vom hinterhältigen Sheriff Lyle Wallace (herrlich fies: Ernest Borgnine, „The Wild Bunch“, „Airwolf“) in eine Radarfalle gelockt werden, Schmiergeld bezahlen müssen um nicht hinter Gittern zu landen und sich schließlich wenige Stunden später mit Wallace und zwei weiteren Gesetzeshütern nach rassistischen Provokationen prügeln, versuchen sie nach Mexiko zu flüchten. Immer mehr Menschen schließen sich dem Konvoi an – jeder protestiert aus seinem eigenen Grund gegen die Staatsmacht. Dokumentiert wird diese Fahrt von der Rubber Duck begleitenden Reporterin Melissa (muss lediglich gut ausschauen: Ali MacGraw, „Love Story“, „The Getaway“).
Peckinpah hat zumindest das Inszenieren von grandiosen Actionszenen noch nicht verlernt und das ist auch der Hauptgrund, warum man sich „Convoy“ zumindest kompletthalber einmal zu Gemüte führen sollte. Die brutalen Gewaltausbrüche früherer Filme finden hier zwar schon nicht mehr statt, aber die tollen Verfolgungsjagden, Unfälle und Zerstörungsorgien, festgehalten in Peckinpahs patentierter Zeitlupenästhetik, sind schlicht und einfach grandios. An Blechschäden gibt es hier einiges zu betrachten und damit es sich, abgesehen von der mit einer unvorteilhaften Frisur gestraften Ali MacGraw auch schon mit den Schauwerten.
„Convoy“ merkt man nach seinem schwungvollem Beginn eine Ziellosigkeit an. Weder schafft Peckinpah eine Würdigung der Trucker, inklusive Einbetten des Zuschauers in den nach Staub und Diesel schmeckenden Job, abzuliefern, noch packende Duelle zwischen Rubber Duck und Wallace und erst recht nicht ein politisches Statement abzugeben. Dabei ist natürlich fraglich, ob das nur auf seine Drogenexzesse oder auch auf die ihm vom Studio angelegten Fesseln zurückzuführen ist. So kontrovers er früher auch mal war, das hier ist nur noch ein Schatten seines Könnens.
Das Schwelgen in Landschaften und imposante Anblicke des bald über 100 Fahrzeuge umfassenden Konvois können nur kurzfristig von den inhaltlichen Defiziten ablenken. Vor allem problematisch ist hierbei seine Hauptperson Rubber Duck, die wie sie sagt nur für sich selbst fährt und damit zunächst gar nichts kritisiert. Das erledigen seine Mitfahrer, die die vielen Einschränkungen, die ihr Berufsstand über sich ergehen lassen muss, beklagen. Leider bleibt es bei einem reichlich antiquierten Versuch die Cowboymentalität unendlicher Freiheit auf den Trucker zu übertragen. Kann mir niemand erzählen, dass auch damals die Fahrer Narrenfreiheit auf den Straßen für sich einforderten.
Die in der zweiten Hälfte dann doch sich in das Geschehen einmischende Politiker, die den Protestmarsch für sich ausschlachten wollen und zum Anlass nehmen die Bevölkerung für sich zu gewinnen, indem sie vorgeben alle Missstände im Senat zur Sprache zu bringen, sind dann nur noch halbherzig eingeworfene Vorwürfe gegenüber doppelzüngigen Machtlenkern.
Eine Kapitulation auch das gezwungene Happyend, eigentlich ein Unding bei Peckinpah, das der Film gar nicht nötig gehabt hätte, wenn er einfach direkt nach dem Finale auf der Brücke mit einem explosiven Inferno sein Ende gefunden hätte.
Fazit:
Mit vielen Sympathien für Sam Peckinpah kann man sich noch an den ausgezeichneten Blechschadenorgien und den wütenden Zerstörungen, sowie der tollen Fotographie hochziehen. Inhaltlich bleibt „Convoy“, und das ist das Enttäuschende bei Peckinpah, sehr simpel, wenig kritisch – einfach halbherzig. Mag mit daran liegen, dass die Zielsetzung, das Truckerdasein als Relikt vergangener, uneingeschränkter Cowboydekaden zu proklamieren, schlicht und einfach am Ziel vorbeischießt.