„Kleine Städte sind wie Menschen: Manche werden alt und sterben eines natürlichen Todes. Manche werden ermordet...“
Die Fortsetzung von US-Regisseur Don Coscarellis Überraschungserfolg „Das Böse“ aus dem Jahre 1979 musste satte neun Jahre auf sich warten lassen, doch das lange Warten hat sich gelohnt.
„Das Böse II“ knüpft trotz des relativ großen zeitlichen Abstands direkt an den Vorgänger an und greift bis auf Mike, der nun im Erwachsenenalter nicht länger von Michael Baldwin, sondern von einem ebenbürtigen James LeGros gespielt wird, auf seine bewährten Stammschauspieler zurück: Angus Scrimm gibt wieder eindrucksvoll den grimmigen, bösartigen „Tall Man“, Reggie Bannister steht Mike als Eisverkäufer und „Tall Man“-Jäger Reggie zur Seite. Nicht mehr dabei ist allerdings Bill Thornbury als Mikes großer Bruder, da dieser Charakter bereits vom „Tall Man“ geholt wurde.
Der Fortsetzung lag ein wesentlich höheres Budget zugrunde, das man quasi für alles einsetzte, was die glorreichen 1980er so an Effekten etc. hergaben. Denn „Das Böse II“ ist eine rasante, action- und effektreiche, postapokalyptische Reise auf der Fährte des „Tall Man“, bei der mich in hohem Maße die zahlreichen handgemachten Blut- und Ekelszenen erfreuen, so einiges in die Luft fliegt und der Brutalitätsgrad hochgeschraubt wurde. Leider hat man dabei die Weiterentwicklung der zwar abstrusen, aber gleichsam faszinierenden Story etwas aus den Augen verloren, wodurch sich auch die Selbstzweckhaftigkeit der einen oder anderen kruden Idee nicht verleugnen lässt.
Nach wie vor gelingt es Coscarelli aber, die richtige Stimmung für so einen phantasievollen Horrorschocker zu erzeugen, die, während man als Zuschauer die bis unter die Zähne bewaffneten Mike und Reggie auf ihrer Reise durch verwüstete, ausgestorbene Geisterstädte, in denen der „Tall Man“ gewütet hat, begleitet, stark in Richtung Endzeit-Road-Actioner geht. Trotz eines starken, mit einigen sehr gruseligen Szenen ausgestatteten Beginns und eines ebenso starken Endes hängt der Mittelteil aber etwas durch und schafft es „Das Böse II“ nicht mehr, die atmosphärische Dichte, diesen besonderen Kitzel von Teil I, aufrecht zu erhalten. Dafür kommen Freunde greller optischer Schauwarte weitaus mehr auf ihre Kosten, wenngleich die Subtilität vieler Einstellungen dafür auf der Strecke bleibt.
Das wäre aber alles kein Problem – schließlich darf eine Fortsetzung gerne neue Akzente setzen und einfach „anders“ sein -, hätte man nicht nur den „Tall Man“ amüsanterweise nun anscheinend grundsätzlich durch Fensterglas grabschen lassen, mit der telepathisch mit Mike verbundenen Liz einen irgendwie halbgaren Nebencharakter eingeführt, den mörderischen Chromkugeln mehr Platz und mehr Fähigkeiten eingeräumt und ein grandioses Effektspektakel abgefeuert, sondern auch die Handlung wendungsreicher, überraschender, tiefsinniger gestaltet. Stattdessen bekommt man zwischen Reggie und Alchemy die wohl schlechteste Sexszene, die ich jemals in einem Horrorfilm gesehen habe, serviert. Autsch.
Doch genug davon, denn auch, wenn „Das Böse II“ flacher als sein Vorgänger ausfiel und letztlich das Geheimnis um den „Tall Man“ betreffend mehr Fragen aufwirft, als es beantwortet, wurde ich prima unterhalten und ging mir angesichts manch herrlich übertriebener, wunderbar manuell gefertigter Geschmacklosigkeiten aus dem SFX-Zauberkabinett mehr als nur einmal das Herz auf.